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Lebendigkeit und Identität der Stadtteile beruhen vor allem auf der Vielfalt ihres kulturellen Lebens (1). Mehr als die Hälfte der Programmgebiete spiegeln eine in hohem Maße multikulturelle Gesellschaft wider; dort leben Menschen mit sehr unterschiedlichem kulturellem, sozialem und religiösem Hintergrund (2). Stadtteilkultur bildet dabei zum einen das Bindeglied zwischen den verschiedenen Kulturen, entwickelt sich zum anderen aber gerade erst durch die Mannigfaltigkeit kultureller Milieus. Kreativität steht im Spannungsfeld von Begrenzung und Freiheit, Defiziten und Potenzialen, insbesondere dann, wenn sich verschiedene Akteure zusammen finden und neue Allianzen bilden: "Die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur fördert die Vielfalt unseres Lebens, bringt grundlegende Werte zum Ausdruck, schärft den Blick für soziale Teilhabe und ist Teil von Emanzipation und Persönlichkeitsentwicklung, individueller Freiheit, Sinn- und Selbstbestimmung. ... Kunst und Kultur schaffen Räume für den Menschen jenseits der marktmäßigen Rollen als Arbeitskraft und Konsument." (3) Durch kulturelle Aktivitäten können die Eigenarten, die jeden Stadtteil durch seine Entstehungsgeschichte, die dort lebenden Bewohnerinnen und Bewohner, die Bauten und öffentlichen Räume charakterisieren, betont und sichtbar gemacht, seine "kulturelle Topografie" entdeckt oder zurückgewonnen werden (4).
In den Gebieten, in denen ein Integriertes Handlungskonzept bereits vorliegt oder erarbeitet wird (5), wird das Handlungsfeld "Stadtteilkultur" für nahezu drei Viertel in das Konzept einbezogen. Bei den Maßnahmen und Projekten rangiert "Stadtteilkultur" im Rahmen der insgesamt 17 Handlungsfelder an sechster Stelle und damit recht weit oben; vermutlich auch, weil sich Stadtteilkulturarbeit in kleinen Projekten (z.B. Kindermalaktionen, Straßen- oder Hoffeste, kleinere künstlerische Aufführungen) mit relativ geringen Kosten vergleichsweise problemlos realisieren lässt.
Kulturbezogene Probleme und Potenziale in den Gebieten
Defizite der sozialkulturellen Infrastruktur wurden auf die Frage nach Problemen für knapp 60 Prozent der Programmgebiete genannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch in anderen Problembereichen kulturelle Aspekte eine Rolle spielen (z.B. bei Mangel an Einrichtungen für Kinder und Jugendliche oder an Freizeitund Sportanlagen). In einigen Modellgebieten wird das Fehlen von kulturellen Einrichtungen im engeren Sinne als Problem benannt wie beispielsweise in Ludwigshafen - Westend, Singen - Langenrain und Schwerin - Neu Zippendorf. In Neunkirchen - Innenstadt werden Defizite an Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Kommunikation, in Hannover - Vahrenheide-Ost (6) "überlastete lokale Einrichtungen" beklagt.
Gleichzeitig wird für gut die Hälfte der Programmgebiete die vorhandene sozialkulturelle Infrastruktur als Entwicklungspotenzial gesehen, für 45 Prozent die Verbesserung der sozialkulturellen Infrastrukturangebote als Ziel formuliert.
Strategien zur Förderung der Stadtteilkultur
Kulturelle Projekte in den Stadtteilen sind facettenreich: Entwicklung kreativer Potenziale, Identitätsbildung und -stärkung, damit eng verknüpft Imageverbesserung, Beteiligung und Aneignung verbunden mit Förderung der Kommunikation. Wenngleich Kultur sich nicht zur Behebung gesellschaftlicher Defizite instrumentalisieren lässt, ist sie gerade in den benachteiligten Quartieren mit gesellschaftlichen Problemen konfrontiert (7). Kulturarbeit übernimmt vor diesem Hintergrund auch Funktionen informeller Bildungsarbeit.
Über Kunst- und Kulturprojekte lassen sich sonst nur schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen in die Stadtteilentwicklung einbinden, denn nicht Sprachkenntnisse und intellektuelle Fähigkeiten, sondern vielmehr die Fähigkeit, sich spontan auf Neues einzulassen, nonverbal zu agieren sowie Phantasie und Kreativität herauszufordern, sind bei der Durchführung solcher Projekte gefragt. Am ehesten gelingt Motivierung dort, wo einzelne Bevölkerungsgruppen direkt angesprochen werden und mit den Aktivitäten an ihrer alltäglichen Lebenssituation angeknüpft wird.
Die stadtteilkulturellen Strategien in den Gebieten der Sozialen Stadt sind vor allem darauf ausgerichtet, Kultur und Kunst im Stadtteil zu verankern, Anlässe für Identifikation mit den Gebieten zu schaffen, das Image zu verbessern, mit kulturellen Aktionen neue Sichtweisen auf den Stadtteil zu eröffnen, veränderte Wahrnehmungen, Aneignungs- und Ausdrucksformen anzuregen sowie kulturelle Netzwerke auf- und auszubauen. Häufig sind die Projekte und Maßnahmen durch produktive Funktionen geprägt, das heißt, Mitmachen und Selbermachen stehen im Vordergrund.
In manchen Programmgebieten geht es zuerst einmal darum, kulturellen Aktivitäten einen Ort zu verschaffen, z.B. durch Umnutzung und Umgestaltung von Gebäuden und Gebäudeteilen für kulturelle Zwecke. Insbesondere in den Großsiedlungen der neuen Länder bieten Rückbau und Schrumpfungsprozesse vielfältige Möglichkeiten, frei werdende Räume für kulturelle Angebote umzugestalten und umzunutzen. So entstehen Nutzungsmöglichkeiten für Initiativen, Vereine und Kunstschaffende im Stadtteil, die in einigen Fällen kostenlos oder für geringes Entgelt zur Verfügung gestellt werden (8). Durch diese direkte örtliche Einbindung - auch im Rahmen von "niedrigschwelligen" Angeboten - können Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer Nachbarschaft aktiv werden.
Identitätsbildung oder -stärkung erfolgt beispielsweise über "Spurensicherungen im Stadtteil": Stadtteil- und Ortsgeschichte(n) werden erkundet und sichtbar gemacht. Alteingesessene und neu Zugezogene gehen auf "Entdeckungsreise" und erleben den Stadtteil teilweise neu. Film und Fotodokumentationen, Ausstellungen, Veröffentlichungen, thematische Spaziergänge sowie Interviews können die Grundlage für die Aufarbeitung bilden (9). Darüber hinaus tragen auch gemeinsame Stadtteilfeste, Feste in kleineren Zusammenhängen und kulturelle Veranstaltungen, wie sie weit verbreitet sind, zur Identitätsbildung bei. In "Geschichtswerkstätten" befassen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger mit der Vergangenheit ihres Stadtteils. Die historischen Dimensionen des vergangenen Alltags werden aufgespürt und dem heutigen alltäglichen Leben gegenübergestellt (10). Kunstobjekte, die vielfach gemeinsam mit Vor-Ort-Akteuren entstanden sind, prägen und markieren besondere Orte im Quartier, dienen als Blickfang, Merkposten oder Orientierungshilfe. Sie können z.B. durch "verstörende" Informationen als "Stolpersteine" fungieren, zum Nachdenken anregen und so zur Folge haben, dass einzelne Bereiche des Quartiers von der Stadtteilöffentlichkeit, vielleicht sogar auch von der Stadtöffentlichkeit neu wahrgenommen werden (11).
Kulturelle Projekte und Maßnahmen eignen sich so auch zur Verbesserung des Gebietsimages - sowohl nach innen als auch nach außen. Als wichtiger Bestandteil koordinierter Öffentlichkeitsarbeit wirken sie nicht nur imageverbessernd im Gebiet, sondern strahlen in vielen Stadtteilen auch über die Gebietsgrenzen hinaus und führen zu einer positiveren Außenwahrnehmung (12).
Praxisbeispiel |
Abbildung 59/60 |
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Rapper-Fest am Kotti (Berlin-Kreuzberg Kottbusser Tor) Das jedes Jahr im Kiez stattfindende Rapper-Fest gibt Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich und ihr Können öffentlich zu präsentieren. Dabei sind sie bereits an der Vorbereitung und Organisation beteiligt und erhalten für ihre Mitarbeit ein Honorar. Das Rapper-Fest findet als Wettbewerb statt; eine Jury aus der Szene und der Quartiersbewohnerschaft vergibt die Preise, die von Wohnungsunternehmen und Eigentümergruppen gestiftet werden. Auf dem Rapper-Fest 2001 traten 19 Gruppen vor einem Publikum von 600 Personen auf. |
Mit stadtteilkulturellen Maßnahmen und Projekten wird auch die Strategie der Bildung von kulturellen Netzwerken verfolgt, in denen alle relevanten Akteure für die Kulturförderung tätig werden. Mögliche Bündnispartner sind dabei unter anderem Verwaltung, Vereine, Träger der soziokulturellen Vor-Ort-Einrichtungen, Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kirchen, Volkshochschulen, Quartiermanagement, Gewerbetreibende. Dabei bilden nicht primär Kunst- oder Kulturprodukte das Ziel, sondern vielmehr der Prozess des Handelns; zentrale Bedeutung bekommen so die Kommunikationsformen jenseits der sprachlichen Verständigung, wie z.B. Tanz, Musik, Sport oder Spiel. Vereine bieten mit ihren organisatorischen und fachlichen Erfahrungen sowie ihren kommunikativen Strukturen gute Voraussetzungen, gemeinsam neue Aktionen zu initiieren (z.B. in Laienspiel-, Musik-, Tanz-, Literaturund Malgruppen).
In mehreren Modellgebieten gibt es Vereine, deren Schwerpunkt in der kulturellen Arbeit liegt (13). Der Verein "Kultur Vor Ort e.V." in Bremen - Gröpelingen verbindet seine Arbeit mit der Stadtteilentwicklung, da er unter Kultur die Förderung einer demokratischen und diskursiven Öffentlichkeit versteht und damit der Resignation und Gleichgültigkeit im Stadtteil ein Modell der kreativen Partizipation entgegensetzt. Nach Meinung des Vereins stellt Stadtteilkultur konkret die Verbindung zwischen baulich-räumlicher Stadtstruktur und dem sozialen und kulturellen Leben im Stadtteil her. "Kunst und Kultur sind nicht das Sahnehäubchen des städtischen Alltags, das nur wenige genießen können. Kunst und Kultur werden vielmehr zum Motor von Öffentlichkeit, werden zum Ferment von Urbanität, weil Kunst und Kultur in der Lage sind, soziale, ethnische und religiöse Grenzen zu überschreiten und weil Kunst und Kultur in der Lage sind, Identität zu stiften, soziale Kompetenz zu stärken oder sogar ökonomische Impulse zu setzen." (14)Wichtig für die Beteiligung vieler Bevölkerungsgruppen am Kulturangebot ist, dass Projekte und Aktivitäten interkulturell ausgerichtet sind und vor Ort stattfinden, wie dies beispielsweise bei den soziokulturellen Zentren (15) und oftmals in "Stadtteilläden" gegeben ist (16).
Kulturelle Kinder- und Jugendarbeit - in ihren Methoden sozial-interaktiv - nimmt Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen ernst, stärkt das Selbstwertgefühl von jungen Menschen, ermöglicht Partizipation und Integration und trägt zur Sinnstiftung und Lebensbewältigung bei. Mit öffentlichen Bastel-, Mal-, Musik- oder Spielaktionen für Kinder kann eine breitere Öffentlichkeit hergestellt werden; häufig lassen sich darüber auch die Erwachsenen erreichen. Im Herbst 1999 wurde in den nordrhein-westfälischen Programmgebieten das Projekt "mus-e - Multikulturelles soziales Schulprojekt für Europa" etabliert, das zu je der Hälfte aus öffentlichen Mitteln und aus Mitteln der Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland finanziert wird (17): Über Kunst und Kreativität werden Kinder in ihrer Persönlichkeit, ihrem Selbstbewusstsein und ihren sozialen Kompetenzen gestärkt, Ausgeglichenheit und Toleranz werden gefördert. Sir Yehudi Menuhin sagte als Schirmherr des Projekts: "Kinder müssen zuerst singen und tanzen lernen. Mathematik und Sprachen folgen später."
Im zweiten Halbjahr 2002 wurde das Modellprojekt "Bitte wenden! Kunstaktionen auf der Rückseite der Stadt" des Bundesverbandes der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen e.V. (bjke) im Rahmen der Programmplattform E & C gestartet. Hierbei bieten acht Jugendkunstschulen mobile kulturpädagogische Projektangebote für Kinder und Jugendliche in den Gebieten der Sozialen Stadt an: "Gemeinsam mit Künstlern, Kultur- und Sozialpädagogen verwirklichen die jungen Bewohner zwischen Juni und September 2002 einen Gestaltungswunsch für ihr Wohn- und Lebensumfeld. Die Stärke von Kindern und Jugendlichen aus sozialen Spannungsgebieten durch künstlerische Beteiligungsprojekte zu fördern und Kulturpädagogik als Bestandteil der Stadterneuerung zu verankern, ist Ziel des bjke-Modellprojekts im Jahr 2002." (18)
(1) Bernd Meyer, Kultur in der Stadt - Empfehlungen, Hinweise und Arbeitshilfen des Deutschen Städtetages 1987-1998, Stuttgart 1998, S. 28 (Neue Schriften des Deutschen Städtetages, Bd. 75).
(2) Beispielsweise leben in Hannover - Vahrenheide Menschen aus insgesamt 58 verschiedenen Nationen (Geiling und andere, Begleitende Dokumentation, S. 30).
(3) Kulturpolitischer Leitantrag des SPD-Vorstandes - auf Initiative des Kulturforums der Sozialdemokratie zum Nürnberger Parteitag im Herbst 2001 - Informationsdienst Soziokultur, Nr. 46, S. 1.
(4) Ulrike Meyer und Ulla-Kristina Schuleri-Hartje, Kultur im Stadtteil, in: Soziale Stadt info, Nr. 10 (2002), S. 2.
(5) In 187 von 222 Programmgebieten ist ein Integriertes Handlungskonzept vorhanden oder wird erarbeitet (Zweite Umfrage, Difu 2002).
(6) Geiling und andere, Begleitende Dokumentation, S. 107.
(7) Bernd Meyer, S. 16.
(8) Vgl. hierzu die folgenden Projekte in der Projektdatenbank: Umnutzung eines ehemaligen Schlachthofareals (Nürnberg - Am Leonhardspark); Musikübungsräume - Umbau einer ehemaligen öffentlichen Toilettenanlage durch Jugendliche (Hamburg-Harburg - Mümmelmannsberg); Boxion - Kunst und Kultur für Leerläden (Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg - Ortsteil Friedrichshain, Boxhagener Platz); Fassadengalerie. Leerstand als Kunstobjekt (Schwedt - Obere Talsandterrassen).
(9) Vgl. hierzu die folgenden Projekte in der Projektdatenbank: "Es hat sich viel geändert - Menschen und Meinungen aus dem Piusviertel". Fotoausstellung über die Bewohnerschaft (Ingolstadt - Piusviertel); Videowerkstatt Westend. Kinder und Jugendliche erproben sich als Reporter und Filmemacher im Stadtteil (Wetzlar - Silhöfer Aue/Westend); Nachbarschafts-TV. Interkulturelle gemeinwesenorientierte Jugendarbeit (Dietzenbach - Östliches Spessartviertel); Stadt Deiner Träume. Stadtteilerkundung mit der Kamera (Düsseldorf - Flingern-Oberbilk).
(10) Vgl. hierzu z.B. die Geschichtswerkstatt in Köln - Kalk (www.gw-kalk.de, Stand: 10.9.2002). In ihrer Internetpräsentation heißt es: "Unser Ziel ist es, die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekte des Arbeitervorortes Kalk aufzuzeigen. Gestern und heute. Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht der Mensch. Wie haben die Arbeiter gelebt und gewohnt, die entscheidend dazu beigetragen haben, dass Kalk ein blühender Industriestandort war? Wie war das kulturelle Leben in unserem Vorort? Welche Entwicklungen sind für die Zukunft absehbar und was bedeutet sie für die Kalker Bevölkerung?"
(11) Vgl. hierzu die folgenden Projekte in der Projektdatenbank: Kunstbaustelle "Windwörter" (Neuruppin - Wohnkomplex I-III); Kattentürme (Bremen - Osterholz, Blockdiek); Marxloh - Mosaik - Kunstprojekt zur Stärkung der Identifikation (Duisburg - Marxloh); Weihnachten in Westhagen. Lichtinstallation und Stadtinszenierung (Wolfsburg - Westhagen); Treppeninszenierung. Öffentliche Treppen im Stadtteil (Wuppertal - Ostersbaum).
(12) Zwei Beispiele für gebietsübergreifende Strategien sind das Consoltheater im Stadtteil Gelsenkirchen- Bismarck, das 1999 vom "Forum kunstvereint e.V." auf der ehemaligen Schachtanlage Consolidation mit Mitteln der Städtebauförderung (IBA) gegründet wurde (Austermann/Ruiz/Sauter, S. 44), und das Naomi-Musical der Astrid-Lindgren-Schule in Schwerin - Neu Zippendorf (Cramer/Schuleri-Hartje, S. 35 f.).
(13) Beispielsweise Berlin-Kreuzberg - Kottbusser Tor: Kotti e.V. Nachbarschafts- und Gemeinwesenverein mit dem Schwerpunkt stadtteilbezogene sozial-kulturelle Arbeit; Bremen - Gröpelingen: Kultur vor Ort e.V.; Hamburg-Altona - Lurup: Verein zur Förderung von Stadtteilkultur; Hannover - Vahrenheide-Ost: Stadtteilinitiative Kulturtreff Vahrenheide e.V.; Leipziger Osten: Initiative Bürgerverein Volkmarsdorf mit dem Ziel der Förderung von Kunst und Kultur im Stadtteil.
(14) Kultur Vor Ort.e.V. (Hrsg.), Kultur Vor Ort, Dokumentation 1998-2001, Bremen 2001, S. 10.
(15) "Soziokultur" umfasst eine vielfältige Kulturarbeit mit einer großen Bandbreite an Veranstaltungs- und Arbeitsformen, Themen und Inhalten. Zur Soziokultur gehören neben soziokulturellen Zentren insbesondere weite Bereiche der kulturellen Bildung, Bereiche der kulturellen Kinder- und Jugendbildung, der Kulturpädagogik, der Jugendkunstschulen sowie Bereiche der ästhetischen Erziehung. Die Soziokultur und ihre Einrichtungen stellen - mehr als andere kulturelle Bereiche - darauf ab, sich neuen gesellschaftlichen Themen, Problemen und Aufgaben zu öffnen und sich damit auseinander zu setzen. Durch ihre zielgruppenorientierten kulturellen Angebote und die aktive Einbeziehung der Besucherinnen und Besucher können sie eine integrative und präventive Funktion ausüben. Soziokultur ist nach Hermann Glaser vor allem der Versuch, Kunst als Kommunikationsmedium zu begreifen - als eine sehr wichtige Möglichkeit, die plurale (und damit auch in vielfältige Einzelinteressen, Interessenkonflikte, Verständigungsbarrieren zerklüftete) Gesellschaft auf der "kommunikativen Ebene" zusammenzubringen (nach Hermann Glaser, Tour d’horizon Kultur in der modernen Gesellschaft, in: Kulturpolitische Mitteilungen Nr. 61/62 II-III/93, S. 116).
(16) In Cottbus - Sachsendorf-Madlow wurde eine ehemalige Kindertagesstätte zum soziokulturellen Quartierszentrum umgebaut und in Kassel - Nordstadt der ehemalige Schlachthof zum Kulturzentrum umgenutzt. Dieses Kulturzentrum ist in den "Runden Tisch Nordstadt-Projekt" (entscheidendes Gremium für die Umsetzung des Programms Soziale Stadt) eingebunden, wodurch die Beteiligung am gesamten Stadtteilentwicklungsprozess gesichert ist. Vgl. hierzu auch die folgenden Projekte in der Projektdatenbank: Südstadtladen - Integration im Stadtteil. Interkulturelle Stadtteilarbeit in Kulturläden (Nürnberg, Südstadt); Kulturzentrum "Die Kunstplatte e.V." (Großsiedlung Stendal - Stadtsee); Bayouma-Haus. Interkulturelle Begegnungsstätte (Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg, Friedrichshain - Boxhagener Platz).
(17) "mus - e" ist "ein soziales Projekt, das benachteiligten Kindern hilft, soziale Barrieren sowie Gewalt und Rassismus zu überwinden; ein Kulturprojekt, das in die kulturell benachteiligten Stadtteile Musik, Tanz, Bildende Kunst usw. hineinträgt. Etwa 70 Künstler werden so drei Jahre lang regelmäßig im Stadtteil tätig; ein Schulprojekt, das den Schulen in den Stadtteilen neue Impulse gibt und sie damit als Institutionen im Stadtteil stärkt".
(18) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bundesverband der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen (bjke) e.V. (Hrsg.), Informationsblatt "Bitte wenden! Kunstaktionen auf der Rückseite der Stadt. Kulturpädagogische Projekte mit Kindern und Jugendlichen in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf 2002"; vgl. auch infodienst KULTURPÄDAGOGISCHE NACHRICHTEN, Nr. 64 (Juli/August 2002), S. 42- 44.
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Quelle: Soziale Stadt - Strategien für die Soziale Stadt, Erfahrungen und Perspektiven – Umsetzung des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt", Deutsches Institut für Urbanistik 2003 |