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Zum Jahresbeginn 2000 wählten die Bundesländer jeweils einen aus ihren 1999 ins Programm aufgenommenen Stadtteilen als Modellgebiet für die Soziale Stadt aus. Damit trafen sie auch die Entscheidung darüber, dass in diesen Gebieten die so genannte Programmbegleitung vor Ort (PvO) als aktivierende Begleitforschung eingerichtet wurde (mit einer Laufzeit von Sommer 2000 bis Ende April 2002). Dabei lagen der Auswahl offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen darüber zugrunde, was das "Modellhafte" in diesen Stadtteilen jeweils ausmacht:
Ausgangssituation und Verfahrensstand in diesen 16 Modellgebieten stellten sich demnach für die PvO als höchst unterschiedlich dar. Bei der Hälfte der Gebiete handelt es sich um Großsiedlungen der Siebziger- und Achtzigerjahre; ein Viertel sind altindustrialisierte Gebiete mit gründerzeitlicher Bebauung, das restliche Viertel gemischte Gebiete (Alt- und Neubau). Noch ganz am Anfang der Stadtteilentwicklung befanden sich die Modellgebiete in Cottbus, Halle, Ludwigshafen, Neunkirchen, Nürnberg, Schwerin und Singen. In Berlin, Bremen, Hamburg, Kassel und vor allem in Gelsenkirchen konnte dagegen auf eine schon längere Tradition integrierter Entwicklungsansätze aufgebaut werden.
Übersicht 3: Modellgebiete in den Bundesländern |
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Bundesland |
Modellgebiet |
Gebietstyp |
Baden-Württemberg |
Schlichtbausiedlung der 60er-Jahre |
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Bayern |
Gründerzeitquartier/Wiederaufbau 50er- und 60er-Jahre |
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Berlin |
Gründerzeitquartier/Bebauung der 70er-Jahre |
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Brandenburg |
Plattenbaugebiet der 70er- und 80er-Jahre |
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Bremen |
Gründerzeitquartier/Wiederaufbau |
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Hamburg |
Neubausiedlungen der 50er- bis 70er-Jahre |
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Hessen |
Gründerzeitquartier/Bebauung Zwischenkriegszeit/Wiederaufbau |
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Mecklenburg-Vorpommern |
Plattenbaugebiet der 70er- und 80er-Jahre |
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Niedersachsen |
Neubausiedlung der 60er- und 70er-Jahre |
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Nordrhein-Westfalen |
Gründerzeitquartier/Bebauung der 50er- und 60er-Jahre |
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Rheinland-Pfalz |
Bebauung der 30er-Jahre /Wiederaufbau |
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Saarland |
Gründerzeitquartier/Bebauung der 60er- und 70er-Jahre |
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Sachsen |
Gründerzeitquartier |
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Sachsen-Anhalt |
Plattenbaugebiet der 80er-Jahre |
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Schleswig-Holstein |
Gründerzeitquartier |
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Thüringen |
Plattenbaugebiet der 60er- bis 80er-Jahre |
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* Bei Hannover Vahrenheide-Ost handelt es sich nicht um ein Programmgebiet Soziale Stadt. Da jedoch in Vahrenheide-Ost auf Grundlage des Programms Soziale Stadt gehandelt wird, wurde das Sanierungsgebiet vom Land Niedersachsen als Modellgebiet ausgewählt. |
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Deutsches Institut für Urbanistik |
In vier Gebieten übernahm das Difu selbst die Aufgabe der PvO; in den restlichen zwölf wurden vom Difu in Abstimmung mit den Kommunen externe Büros, Gruppen, Einzelpersonen beauftragt (1) . Die Gesamtkoordination der PvO lag in den Händen des Difu; sie war vor allem notwendig, um die Vergleichbarkeit der gebietsbezogenen Dokumentationen und Aktivitäten zu gewährleisten. Zur Abstimmung und zum Erfahrungsaustausch dienten unter anderem sechs Treffen aller PvOTeams. Im Mittelpunkt des letzten Treffens im Juni 2002 stand eine Bilanzierung der Erfahrungen in den Modellgebieten. Im Sinne einer Zusammenfassung dieser Erfahrungswerte stimmten die PvO-Teams ein gemeinsames Resümee-Papier ab, in dem wichtige Erfolge der Programmumsetzung, vor allem aber auch die wesentlichen Hindernisse und Erschwernisse für eine effektive Umsetzung des Programms Soziale Stadt sowie denkbare Maßnahmen zu ihrer Überwindung aufgezeigt werden (2) . Zu den zentralen Aufgaben der PvO-Teams gehörten:
Lokale Starter- und Themenkonferenzen
Starter- oder Themenkonferenzen wurden außer in Halle - Silberhöhe in allen Modellgebieten unter Mitwirkung des Difu überwiegend im Jahr 2001 durchgeführt (vgl. Übersicht 4). Diese Konferenzen boten den lokalen Akteuren Gelegenheit, sich über das Programm Soziale Stadt zu informieren, Visionen und Standpunkte zur zukünftigen Entwicklung des Modellgebiets sowie die Ansprüche und Erwartungen an die Programmumsetzung im Gebiet zu diskutieren.
Bei den Themenkonferenzen stand ein ausgewählter Handlungsbereich integrierter Stadtteilentwicklung im Mittelpunkt, wie z.B. Lokale Ökonomie oder Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche im Gebiet. Die Veranstaltungen fanden in der Regel große Resonanz und waren durch lebhafte Diskussionen geprägt. Vielfach boten sie den lokalen Akteuren erstmalig die Gelegenheit, sich gegenseitig kennen zu lernen, sich über die Aktivitäten der anderen zu informieren, Kontakte zu knüpfen und erste Schritte für die gemeinsame Arbeit zu vereinbaren.
Übersicht 4: Starter- und Themenkonferenzen in den Modellgebieten |
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Modellgebiet |
Konferenz/Veranstaltung |
Berlin-Kreuzberg Kottbusser Tor |
Kinderkonferenz Kids im Kiez |
Bremen Gröpelingen |
Auftaktveranstaltung Gröpelingen macht sich weiter so! |
Cottbus Sachsendorf-Madlow |
Auftaktveranstaltung |
Flensburg Neustadt |
Themenworkshop Neue Arbeit und Beschäftigung |
Gelsenkirchen Bismarck/Schalke-Nord |
Themenkonferenz Perspektiven für eine dauerhafte Stadtteilentwicklung |
Hamburg-Altona Lurup |
Themenkonferenz Arbeit und Beschäftigung |
Hannover Vahrenheide-Ost |
Themenkonferenz Bewohneraktivitäten im Stadtteil Vahrenheide Erfahrungen, Bedingungen, Zukunftsperspektiven |
Kassel Nordstadt |
Themenkonferenz Lokale Ökonomie. Wirtschaftsentwicklung in der Nordstadt Kassel |
Leinefelde Südstadt |
Themenkonferenz Und was kommt nach der Schule? Jugendfreizeit und Beschäftigung |
Leipzig Leipziger Osten |
Jetzt gehts los! Auftaktveranstaltung Soziale Stadt im Leipziger Osten |
Ludwigshafen Westend |
Themenkonferenz Miteinander leben, miteinander Wohnen im Westend |
Neunkirchen Innenstadt |
Themenkonferenz Wohnungsmodernisierung und Wohnumfeldverbesserung in der Neunkircher Innenstadt |
Nürnberg Galgenhof/Steinbühl |
Auftaktveranstaltung Leben in Galgenhof/Steinbühl Wo liegt die Zukunft des Stadtteils? |
Schwerin Neu Zippendorf |
Starterkonferenz Soziale Stadt |
Singen Langenrain |
Starterkonferenz Soziale Stadt |
Deutsches Institut für Urbanistik |
Begleitende und dokumentierende Untersuchung
Die begleitende und dokumentierende Untersuchung der Programmumsetzung umfasste vor allem die Auswertung diverser Unterlagen zum Gebiet (beispielsweise Ausschuss- und Ratsvorlagen, Pläne, Presseberichte, statistisches Material, Studien, Gutachten) sowie die Teilnahme an lokalen Gesprächsrunden, Abstimmungsgesprächen und Veranstaltungen. Eine weitere wichtige Informationsquelle bildeten Interviews mit lokalen und lokal wirksamen Akteuren (z.B. Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung, der gebietsbezogenen Infrastruktureinrichtungen, der Wohlfahrtsverbände, Wohnungsunternehmen, Quartiermanagerinnen und -manager, Gewerbetreibende).
In den Endberichten der PvO-Teams (3) sind die Ergebnisse dokumentiert. Damit die Berichte vergleichbar sind, enthalten sie Aussagen zu den wesentlichen Umsetzungselementen des Programms: Integriertes Handlungskonzept, Finanzierung und Mittelbündelung, Organisation und Management, Aktivierung und Beteiligung der Quartiersbevölkerung und der Stadtteilakteure, Öffentlichkeitsarbeit sowie Monitoring und Evaluation.
Die Ergebnisse der PvO liefern damit einen wichtigen Beitrag zur Prozessevaluation, das heißt zur Bewertung der Qualität der planerisch-organisatorischen, instrumentellen und kommunikativen Umsetzung des Programms in den Modellgebieten (4) .
Im Hinblick auf ihre aktivierende und unterstützende Tätigkeit hatten die PvOTeams trotz einheitlich festgelegter Aufgaben und Funktionen ein unterschiedliches Selbstverständnis. Der überwiegende Teil verstand sich als eine eigenständige Organisationseinheit außerhalb der Verwaltung und des Quartiermanagements, mit denen die PvO-Teams jedoch eng zusammenarbeiteten. Diese Teams berieten zwar die lokalen Akteure zu Fragen der Programmumsetzung, führten aber keine eigenen empirischen Untersuchungen oder Projekte im Modellgebiet durch. Die aktivierende Arbeit der PvO bedeutete für diese Teams: informieren, diskutieren und Erfahrungen weitergeben. Dazu gehörten vor allem:
Einzelne PvO-Teams engagierten sich darüber hinaus für die Initiierung und Umsetzung konkreter Projekte, führten eigene Untersuchungen durch oder entwickelten Handlungsstrategien für bestimmte Themenbereiche der integrierten Stadtteilentwicklung. Die Übernahme von Managementleistungen durch die PvO bildete jedoch die Ausnahme.
Die Erfahrungen der PvO-Teams zeigen, dass es für die aktivierende und unterstützende Aufgabe unabdingbar ist, sich zu Beginn der Tätigkeit im Modellgebiet als bisher nicht involvierter Akteur eine Vertrauensbasis zu schaffen. Zum Teil empfanden die Akteure vor Ort die PvO zunächst als "von oben verordnet", als "Kontrolle" oder als "lästige Frager, die Zeit kosten". Durch die Teilnahme an Arbeitsgruppen, Gremien und Veranstaltungen sowie die beratende und aktivierende Tätigkeit der PvO-Teams - unter anderem auch in Interviews mit Schlüsselpersonen - konnte dieses anfängliche Misstrauen gegenüber einem außenstehenden Akteur jedoch in der Regel schnell überwunden werden. In den meisten Fällen wurde die PvO als nicht interessengebundener externer Akteur akzeptiert und geschätzt. Im Verlauf der knapp zwei Jahre dauernden PvO bildeten sich Netzwerke einer erfolgreichen Zusammenarbeit heraus, sodass in einigen Modellgebieten die Beendigung der PvO von den lokalen Akteuren sehr bedauert wurde. Die Umsetzungsphase hatte in vielen Gebieten zu diesem Zeitpunkt gerade erst begonnen, und eine Fortsetzung der Begleitung sowie insbesondere des Erfahrungstransfers aus anderen Programmgebieten erschien den Akteuren daher als sinnvoll und hilfreich.
Mit dem - vom Volumen allerdings eng begrenzten - Fördertopf "Technische Hilfen" im Rahmen der Programmbegleitung aus den ExWoSt-Mitteln war die Möglichkeit verbunden, kleine Projekte und Maßnahmen in den Modellgebieten zu unterstützen. Voraussetzung für die Vergabe von Technischen Hilfen war zum einen, dass mit diesen Maßnahmen wichtige Impulse für die Stadtteilarbeit und die Situation im Quartier angestoßen werden können, und zum anderen das Fehlen von Möglichkeiten, diese Maßnahmen in kurzer Zeit über andere Mittel zu realisieren (Subsidiaritätsprinzip). Dabei wurde deutlich, wie schwierig und aufwändig es oft ist, kleinere Beträge vor allem für Sach- und Produktionsmittel zu mobilisieren, auch für die Vermittlung von Wissen und Methoden an die lokalen Akteure, obwohl damit die Arbeit vor Ort wirkungsvoll unterstützt werden kann. Vor diesem Hintergrund gewinnen Verfügungsfonds und ungebundene Mittel noch zusätzliche Bedeutung (5) .
Die Anträge auf Förderung durch Technische Hilfen für die Modellgebiete richteten sich vor allem auf die folgenden drei Aktivitätenbereiche:
Der Umfang der Technischen Hilfen bewegte sich pro Maßnahme zwischen 210 Euro für den Druck eines Einladungsflyers und 4 450 Euro für die Vorbereitung und Durchführung eines Kulturprojekts mit Kindern.
Übersicht 5: Einsatzbereiche der Technischen Hilfen für Modellgebiete |
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Modellgebiet |
Einsatzgebiete der Technischen Hilfen |
Berlin Kottbusser Tor |
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Cottbus Sachsendorf- |
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Flensburg Neustadt |
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Gelsenkirchen Bismarck/ |
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Halle Silberhöhe |
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Hannover Vahrenheide-Ost |
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Kassel Nordstadt |
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Leinefelde Südstadt |
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Leipzig Leipziger Osten |
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Ludwigshafen Westend |
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Neunkirchen Innenstadt |
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Nürnberg Galgenhof/ |
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Schwerin Neu Zippendorf |
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Singen Langenrain |
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Deutsches Institut für Urbanistik |
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Abbildung 14: |
(1) Vgl. die Übersicht zu den PvO-Teams im Anhang 3.
(2) Um diese Erfahrungen allen für die Soziale Stadt verantwortlichen Personen auf den Ebenen des Bundes, der Länder sowie der Städte und Gemeinden zugänglich zu machen, wurde der Text ins Internet-Forum eingestellt sowie in "Soziale Stadt info" (Nr. 10, 2002, S. 25) und den "berichten" des Difu (Nr. 3, 2002) veröffentlicht; vgl. auch Anhang 2.
(3) Die Berichte werden im Internet veröffentlicht.
(4) Vgl. hierzu auch Kapitel 9.
(5) Vgl. hierzu Kapitel 8.3.