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Auch wenn zwischen zugeschriebener und tatsächlicher Bedeutung von Integrierten Handlungskonzepten für die Umsetzungspraxis der Sozialen Stadt durchaus noch Lücken klaffen, so erfüllen die Konzepte doch wichtige Funktionen - wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Zum einen dienen sie als Entscheidungshilfe und Controllingkomponente für die mittelvergebende Landesinstanz; zum anderen wirken sie sich im günstigen Fall in mehrfacher Hinsicht positiv für den Prozess der Programmumsetzung aus:
Die Antworten auf die Bewertungsfrage "Welche Erfahrungen haben Sie mit dem IHk und seiner Umsetzung gemacht und welche Meinung haben Sie zum Instrument IHk?" (2) zeigen eine deutlich positive Beurteilung des Instruments für etwa zwei Drittel aller Programmgebiete. Die sachlich-positiven Aussagen finden größere Zustimmung als die eher skeptisch-negativen. In fast einem Fünftel der Fälle bestehen noch keine Erfahrung und infolgedessen auch keine Beurteilungsmöglichkeit zu diesem Instrument (vgl. Tabelle 11).
Tabelle 11: Bewertung des Instruments Integriertes Handlungskonzept (n=222; Zweite Befragung Difu 2002) |
||
Bewertung |
Zustimmung |
|
abs. |
% |
|
Das IHk stellt eine notwendige Basis zur Umsetzung des Programms dar. |
148 |
66,7 |
Das IHk sollte unter Beteiligung der Bewohner/Bewohnerinnen und der Akteure vor Ort entwickelt werden. |
147 |
66,2 |
Die Entwicklung und Fortschreibung des IHk fördern die Kommunikation im Gebiet. |
143 |
64,4 |
Das IHk fördert ein neues kooperatives Denken und Handeln in der Verwaltung. |
140 |
63,1 |
Das IHk erleichtert den integrierten Einsatz von Förderungsmitteln und ermöglicht Mittelkoordination. |
112 |
50,4 |
Das IHk ist ein bisher noch nicht ausreichend definiertes Instrument. |
58 |
26,1 |
Der Aufwand für die Abstimmung des IHk erscheint zu hoch. |
39 |
17,6 |
Das IHk ist im Verhältnis von Aufwand und Ertrag ungünstig. |
21 |
9,5 |
Anderes |
7 |
3,1 |
Das Instrument IHk kann aufgrund eigener Erfahrungen noch nicht beurteilt werden. |
41 |
18,5 |
Deutsches Institut für Urbanistik |
In den Begründungen, warum Integrierte Handlungskonzepte als Basis für die Umsetzung angesehen werden, finden sich vor allem Hinweise darauf, dass im Rahmen der Erarbeitung der Konzepte die Ziele reflektiert und ganzheitliche Ansätze gefördert werden. Für die Aussage, dass es sich dabei um ein noch undefiniertes Instrument handelt, wird in erster Linie das Fehlen von Vorgaben z.B. für Inhalt und Struktur angeführt.
Diskussionen im Rahmen der Impulskongresse und anderer Veranstaltungen zur Sozialen Stadt sowie die Erfahrungen der Programmbegleitung vor Ort verweisen auf die Notwendigkeit der Einbindung des Stadtrats/der Stadtverordnetenversammlung und des politischen Beschlusses, um die nötige Rückendeckung für Verantwortungsübernahme und persönliches Engagement zu erlangen. Am Beispiel der 16 Modellgebiete zeigte sich hinsichtlich der politischen Absicherung noch Zurückhaltung. Erst für sechs der elf Integrierten Handlungskonzepte lag im ersten Halbjahr 2002 ein politischer Beschluss vor. Bisher haben sich Gelsenkirchen, Hamburg und Cottbus "per Selbstbindungsbeschluss" zu ihrem Integrierten Handlungskonzept "bekannt" (3), in Leipzig, Ludwigshafen und Kassel hat der Rat - teilweise eingeschränkt - von den Konzepten Kenntnis genommen.
Die bundesweiten Befragungsergebnisse zeigen hier zumindest quantitativ Fortschritte: Für 119 Integrierte Handlungskonzepte (64 Prozent) liegt ein politischer Grundsatzbeschluss vor und für 31 (17 Prozent) eine Kenntnisnahme des Rats. Für weitere zwölf Integrierte Handlungskonzepte (6 Prozent) gibt es sowohl einen politischen Beschluss als auch eine Kenntnisnahme. Neben der formellen Einbindung des Stadtrats erweist sich aber auch die projektbezogene Beteiligung aller Fraktionen der Stadtpolitik als besonders wichtig, um dem Anliegen des Stadtteils Gehör zu verschaffen und die Aufmerksamkeit für seine Probleme und Potenziale zu schärfen (4).
Mit der Auswertung der Befragungen und den Erfahrungen der Programmbegleitung vor Ort allein können Aussagen über die Qualität der Integrierten Konzepte erst ansatzweise getroffen werden. Eine detaillierte qualitative Analyse würde weitere aktuelle Fallstudien und zusätzliche methodische Schritte erfordern. Wo bisher von Integrierten Handlungskonzepten die Rede ist, zeigt sich nach wie vor eine große Variationsbreite: von der Übernahme wenig aktueller Ergebnisse aus Vorbereitenden Untersuchungen als Bestands- und Problemanalyse samt kommentierten Projektübersichten über städtebaulich dominierte und sozial angereicherte Rahmenpläne bis zu umfassenden integrativen Konzepten auf Basis neuer gesamtstädtischer kleinräumiger Analysen mit ausgearbeiteten Leitvorstellungen und detaillierten Vorschlägen zur Umsetzung. Dabei unterscheidet sich auch noch die Intensität der Beteiligung von Vor-Ort-Akteuren und Bewohnerschaft erheblich; das Spektrum reicht von reinen Top-down-Strategien, das heißt Konzepterarbeitung ausschließlich durch die Verwaltung, über punktuelle Beteiligungsversuche bis zu besonderen Beteiligungsangeboten wie beispielsweise Zukunftswerkstätten, Runden Tischen oder Bürgergutachten.
Für einige Modellgebiete wird Integrierten Handlungskonzepten nach Einschätzung der Akteure auf Verwaltungsebene eine Steuerungsfunktion dezidiert abgesprochen (5). Gründe dafür sind zum einen die Flexibilität und Veränderbarkeit aufgrund der Fortschreibung. Eine noch bedeutendere Rolle aber spielen dabei die zu starke Abgehobenheit, unrealistische Idealvorstellungen, zu hochgesteckte Ziele oder zu starker Abstraktionsgrad der Konzepte. Die trotz inzwischen größerer Akzeptanz bei vielen Kommunen und anderen Akteuren der Sozialen Stadt noch vorhandene Skepsis und Zurückhaltung gegenüber Sinn, Leistungsfähigkeit und Steuerungsfunktion Integrierter Handlungskonzepte gründen sich auf die Unverständlichkeit akademisch ausgerichteter Konzepte, die oft im Abstrakten und vor allem bei der Zieldimension auf der Ebene von hehren Botschaften und Absichtserklärungen bleiben und mit Projektvorschlägen aufgefüllt werden, die hinsichtlich ihrer Problemlösungskapazität nicht hinreichend geklärt sind. Die Erarbeitung Integrierter Handlungskonzepte ist "immer eine Gratwanderung zwischen dem Konkreten und dem Abstrakten" (6), die sich außerdem in dem "Spannungsfeld zwischen behördlichen Ansprüchen an Planungs- und Verfahrenssicherheit sowie den Flexibilitätsanforderungen der Bürgerinnen und Bürger" (7) behaupten muss.
Als Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg von Integrierten Handlungskonzepten - und zwar gleichermaßen für deren Erarbeitung, Abstimmung und Fortschreibung - erweist sich, die Akteure vor Ort wirklich zusammenzubringen, sie in der Sache zu vernetzen. Hierzu muss eine große Bereitschaft vorhanden sein, ausgetretene Pfade zu verlassen, sich einem offenen Diskurs und längerfristigen Lernprozessen zu stellen.
(1) Malte Krugmann, Senatskanzlei Hamburg, in dem Bericht zur Arbeitsgruppe 6 "Integrierte Handlungskonzepte und das neue Steuerungsmodell", abgedruckt in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Impulskongress Integratives Handeln, S. 211.
(2) Geantwortet haben bei der eigentlich an alle gerichteten Frage vor allem diejenigen, bei denen ein Integriertes Handlungskonzept bereits existiert oder erarbeitet wird.
(3) Thomas Knorr-Siedow, Kerstin Jahnke und Britta Trostorff, Programmbegleitung vor Ort Sachsendorf- Madlow. Endbericht, Erkner 2002, S. 33.
(4) Dazu Susanne Ritter, Einbindung der Politik. Impulsreferat in der Arbeitsgruppe 2, in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Impulskongress Integratives Handeln, S. 82: "Allerdings gehört ebenfalls dazu, dass die Gelegenheiten zu solchen Aktionen in den Stadtteilen offensiv genutzt werden müssen und die Inszenierung dieser Termine gerade auch für die Politik erfolgreich umgesetzt wird".
(5) Andreas Jacob, Sabine Herz, Sonja Mazak und Martina Pauly, Programmbegleitung vor Ort im Modellgebiet "Innenstadt Neunkirchen". Endbericht, Kaiserslautern 2002, S. 45.
(6) Breckner und andere, S. 83.
(7) Löhr, Qualitätskriterien, S. 174.