Moderation:
Malte Krugmann, Senatskanzlei Hamburg
Berichterstattung:
Cathy Cramer, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin
Quartiermanagement als unterstützendes Instrument Die Rolle des Neuen Steuerungsmodells Fazit Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe 6 |
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe nahmen zu den im Impulsreferat vorgestellten Thesen intensiv Stellung. Man war sich einig: Das Instrument "Integrierte Handlungskonzepte" ist zwar nicht neu, die aktuell formulierten hohen Ansprüche, besonders die der Einbindung von Bewohnerinnen und Bewohnern und deren Wünschen und Vorstellungen in das Konzept stellen aber eine neue inhaltliche Qualität und Ausrichtung dar und erfordern eine effiziente Steuerung seitens der Verwaltung.
Für die Umsetzung dieses Ansatzes hat sich das Quartiermanagement als unterstützendes Instrument für die Verwaltung bereits bewährt. Derzeit verbergen sich aber hinter dem Begriff eine Fülle unterschiedlicher Organisationsformen, je nach Bundesland, kommunaler Kooperationskultur und Trägern. In Niedersachsen besteht zusätzlich ein Förderproblem, da das Quartiermanagement nur zur Vorbereitung investiver Maßnahmen tätig werden darf, was wiederum dem Ansatz des Programms "Soziale Stadt" widerspricht.
Die aktuelle Bandbreite der Organisationsformen erstreckt sich, nach der Nähe zur Verwaltung geordnet, über aus der Verwaltung ausgegliederte GmbHs, Trägervereine, Entwicklungsträger, soziale Träger bis hin zu freien Büros oder Anwaltsplanern. Ein Quartiermanagement direkt von einem oder mehreren Mitarbeiter(n) der Verwaltung ist besonders dann sinnvoll, wenn kein Träger gefunden werden kann, der bereits Kontakte und Erfahrungen mit den verschiedenen Verwaltungseinheiten einer Stadt vorweisen kann, dieses aber explizit gewünscht wird. Ein Nachteil können fehlende Kompetenzen in der Palette der zu bearbeitenden Handlungsfelder oder Beteiligungstechniken, unzureichende Entscheidungsbefugnis und die Schweigepflicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein.
Insgesamt scheint bei den Organisationsformen die Bandbreite noch nicht ausgeschöpft. Viele suchen noch nach geeigneten Varianten, um Reibungsverluste zwischen Verwaltung und Träger zu minimieren, möglichst bei gleichzeitiger Wahrung der Unabhängigkeit des Letzteren. Die Nähe oder Ferne zur Verwaltung ist deshalb kein explizites Qualitätsmerkmal, es geht eher darum, inwieweit die Verwaltung bereit ist, Macht abzugeben, und der Kooperationspartner in der Lage ist, eine "sperrige" Verwaltung für die lokalen Ziele zu öffnen.
Zusätzlich betonten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Bedeutung von "Zwischeninstanzen" zwischen Verwaltung und Stadtteilmanagement im stadtteilübergreifenden Bereich, wie etwa Stadtteilkonferenzen, -foren usw. Eine einheitliche Definition des Instruments Quartiermanagement ist nach einer Analyse von Erfahrungen aus der Erprobungsphase als Voraussetzung für zukünftige Diskussionen anzustreben.
Hilfreich für eine gute Kooperation zwischen Verwaltung und Quartiermanagement sind ein klares Kontraktmanagement und ein Gebietsbeauftragter als Ansprechpartner in der Verwaltung. Aber: Ist das Neue Steuerungsmodell mit Budgetierung, Zielmanagement, Kontraktmanagement usw. eine unabdingbare Voraussetzung für eine professionelle und effektive Umsetzung des Programms "Soziale Stadt", oder ist im Gegenteil das Programm geeignet, das Fehlen dieser Managementinstrumente zu überwinden bzw. deren Einsatz anzuregen?
Übereinstimmung bestand darin, dass ein gut funktionierendes Neues Steuerungsmodell eine den integrativen Prozess sehr befördernde Rahmenbedingung ist. In Wiesbaden beispielsweise fällt Planung leicht, weil Entscheidungen delegiert wurden und der Gebietsbeauftragte nicht mehr überlegen muss, was der Vorgesetzte dazu meint. Dies hilft auch, dem Anspruch des Programms "Soziale Stadt" an Beteiligung gerecht zu werden: Aufträge aus der Stadtteilkonferenz an die städtischen Vertreterinnen und Vertreter stoßen auf offene Ohren innerhalb der Verwaltungen und nicht auf Amtsleiterinnen und -leiter, die dafür kein Verständnis haben. Trotzdem bleibt die Qualität der Zusammenarbeit sowie der entwickelten Projekte und Umsetzungsverfahren stark personenabhängig.
Deswegen sind - dies bestätigten zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe - Magistrats- und Stadtverordnetenbeschlüsse zum Integrierten Handlungskonzept so wichtig. Sie bieten mittelfristig eine verlässliche Basis für die Zusammenarbeit aller Beteiligten, sollten aber keinesfalls die Fachämter von ihrer Verantwortung entbinden. In Hamburg wurde dagegen die Erfahrung gemacht, dass auch politische Beschlüsse nichts nützen, wenn sie von Personen getroffen werden, die deren Umsetzung nicht wirklich wollen. Die Einführung des Neuen Steuerungsmodells erscheint unter solchen Bedingungen allerdings eher als eine Jahrhundertaufgabe denn eine praktikable Lösung. Die Bürgerinnen und Bürger sollten also gleichzeitig darin gestärkt werden, ein solches "Nichthandeln" der Verwaltung anzuprangern und die Umsetzung von Vereinbarungen einzufordern.
Als großes Hindernis erwies sich in verschiedenen Städte ein organisatorisches Versäumnis: Die Förderung durch das Programm "Soziale Stadt" wurde beantragt, ohne dass die Verantwortlichen sich Gedanken über die Steuerung des komplexen Ansatzes gemacht oder später zu beteiligende Verwaltungseinheiten auf die zukünftigen Anforderungen vorbereitet hatten. Auch hier unterstützt das Neue Steuerungsmodell, weil es eine frühzeitige Management- und Organisationsplanung verlangt.
Ein wichtiges Kriterium gewährleistet aber auch das Neue Steuerungsmodell nicht von vornherein: den mit dem Programm "Soziale Stadt" geforderten Sozialraumbezug der Verwaltung. Die Beauftragung eines Quartiermanagements bietet hier die große Chance, den Gebietsbezug herzustellen und sich von den herkömmlichen Rationalitäten des Verwaltungshandeln und der Politik (kurzfristig) zu entfernen.
Einige Quartiermanagerinnen und -manager weisen zusätzlich darauf hin, dass es neuer Kommunikationsregeln zwischen den Beteiligten bedarf, einschließlich des Umgangs mit Blockaden. Es sollte versucht werden, die "Diskussionsarena" so zu gestalten, dass sie den Rollen der Beteiligten gerecht wird. Dies gelingt, so zeigt die bisherige Praxis, oft nur mit einem guten Moderator.
Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Erfahrungen mit und in kommunalen Verwaltungen wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern abschließend ein gemeinsamer Standpunkt zum Integrierten Handlungskonzept und Verwaltungshandeln generell und im Kontext Neuer Steuerungsmodelle formuliert - in Form von sieben Forderungen und Thesen:
1. Integrierte Handlungskonzepte können und dürfen die Verwaltung nicht aus der Verantwortung entlassen.
2. Verwaltung muss in jedem Fall lernen, sozialräumlich und lebensweltlich zu arbeiten; sie muss dafür auch entsprechend strukturiert sein.
3. Die Einsetzung eines unabhängigen Stadtteil- oder Quartiermanagements (intermediärer Träger) bietet gegenwärtig die besten Chancen zur Umsetzung Integrierter Handlungskonzepte und für Impulse zur Verwaltungsmodernisierung.
4. Die Umsetzung Integrierter Handlungskonzepte bedarf adäquater Ansprechpartnerinnen und -partner sowie entsprechender Managementkonzepte in der Verwaltung.
5. Es muss ein klares Kontraktmanagement zwischen der Verwaltung und dem intermediären Träger des Quartiermanagements geben.
6. Zusagen der Verwaltung an die Beteiligungsgremien für den Stadtteil müssen verbindlich sein.
7. Integrative Handlungskonzepte sind ein idealer Prüfstein für die Effizienz von Neuen Steuerungsmodellen. An ihrer Umsetzung kann die Kommune aufgrund des hohen Handlungsdrucks in den entsprechenden Stadtteilen überprüfen, ob sie ziel- und leistungsorientiert arbeitet, ob eine Weiterentwicklung ihrer kommunalpolitischen Kultur und Arbeitspraxis erforderlich ist. Erfolge oder Misserfolge können in kurz- und mittelfristigen Zeitspannen überprüft werden.
Name |
Vorname |
Institution |
Ort |
Achilles |
Jörg |
Hansestadt Bremen; Amt für Wohnung und Städtebauförderung |
Bremen |
Boos-Krüger, Dr. |
Annegret |
Forschungs- und Entwicklungs gesellschaft Hessen mbH (FEH) |
Wiesbaden |
Dönitz |
Ulrich |
ILS Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen |
Dortmund |
Eichholz |
Hartmut |
Entwicklungsgesellschaft Duisburg |
Duisburg |
Ekiz |
Bylent |
SMS Quartiersmanagement / Wiesbaden |
Wiesbaden |
Heyenga |
Markus |
|
Essen |
Horwedel |
Eckhard |
DI Deutsche BauBeCon AG |
Bremen |
Kemnils |
Anna |
|
Essen |
Koch |
Lennart |
|
Dortmund |
Konincks |
Anna |
Essen |
Essen |
Krugmann |
Malte C. |
Freie und Hansestadt Hamburg, Senatskanzlei |
Hamburg |
Mejia-Yepes |
Gustavo |
Stadtteilbüro Emden Barenburg |
Emden |
Mentz |
Michael |
Arbeit und Leben Hamburg e. V. |
Hamburg |
Mettai |
Sandra |
FHVR Berlin, Studiengang "Public Management" |
Berlin |
Meyer |
Christian |
ILS Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen |
Dortmund |
Ornsinszlei |
Anne |
|
Dortmund |
Schu |
Hans-Joachim |
Saarland, Ministerium für Umwelt |
Saarbrücken |
Schwarz |
Rainer |
Stiftung SPI, Regiestelle E & C |
Berlin |
Wendrich |
Uta |
Hauptschule Hummelsteiner Weg |
Nürnberg |
Quelle: Impulskongress Integratives Handeln für die soziale Stadtteilentwicklung, Dokumentation der Veranstaltung am 5. und 6. November 2001 in Essen (Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) in Kooperation mit Viterra, Essen), Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin, 2002 |