soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

Integrierte Handlungskonzepte

Das Steuerungs- und Koordinierungsinstrument Integriertes Handlungskonzept dient dazu, im Dialog zwischen Verwaltungsressorts, Quartiersbevölkerung und lokalen Akteuren alle notwendigen Politik- und Handlungsfelder in die Stadtteilentwicklung einzubeziehen (1) . Bund und Länder messen diesem Instrument für die Umsetzung des Programms "Soziale Stadt" grundlegende und strategische Bedeutung bei, was unter anderem in den Verwaltungsvereinbarungen zur Städtebauförderung (1999 bis 2002) deutlich wird: "Die Probleme der Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf sind mit einem integrierten Konzept im Sinne einer ganzheitlichen Aufwertungsstrategie in einem umfassenderen Zusammenhang zielgerichteter sozialer und ökologischer Infrastrukturpolitik anzugehen. ... Maßnahmebegleitend ist ein auf Fortschreibung angelegtes gebietsbezogenes integriertes stadtentwicklungspolitisches Handlungskonzept durch die Gemeinden aufzustellen. Das Handlungskonzept (Planungs- und Umsetzungskonzept sowie Kosten- und Finanzierungsübersicht) soll zur Lösung der komplexen Probleme zielorientierte integrierte Lösungsansätze aufzeigen, alle Maßnahmen zur Erreichung der Ziele - auch die anderer Bau- und Finanzierungsträger - erfassen sowie die geschätzten Ausgaben und deren Finanzierung darstellen." (2) Mit diesen Bestimmungen wird die Förderfähigkeit eines Gebietes an die Erarbeitung eines integrierten stadtentwicklungspolitischen Handlungskonzepts für das Quartier gebunden.

Integrierte Handlungskonzepte sind Ergebnis offener Prozesse, in denen Probleme und Potenziale in den Stadtteilen identifiziert, Ziele, Maßnahmen und Projekte zur Problemlösung formuliert und Organisations- und Managementstrukturen sowie Verfahren zur Umsetzung, Fortschreibung und zum Controlling entwickelt werden (3) . Die Prozesse der Erarbeitung und Fortschreibung von Integrierten Handlungskonzepten bieten sämtlichen Beteiligten eine Plattform für die Verständigung über alle das Programm und seine Umsetzung betreffenden Angelegenheiten. Sie stoßen Kommunikations-, Koordinations- und auch Lernprozesse zwischen den Akteuren vor Ort und in der Verwaltung an. Integrierte Handlungskonzepte sind Grundlage für Vertrauensbildung und Planungssicherheit, die als Voraussetzungen für Beteiligung und Engagement der unterschiedlichen Akteure gelten.

Good-Practice-Kriterien für die Erarbeitung, Abstimmung und Fortschreibung Integrierter Handlungskonzepte sind:

Einbindung in gesamtstädtische Entwicklungsstrategien

Eine erfolgreiche Umsetzung des Programms Soziale Stadt hängt unter anderem davon ab, inwieweit es gelingt, gebietsbezogene Maßnahmen, Projekte, Verfahren und Strategien programmatisch mit der gesamtstädtischen Entwicklungspolitik zu verknüpfen und dabei gesamtstädtische Wirkungszusammenhänge nicht aus dem Blick zu verlieren. Dies ist notwendig, um zu verhindern, dass problematische Entwicklungen lediglich räumlich verschoben werden oder dass quartiersbezogenen Strategien durch übergeordnete Politiken - beispielsweise in den Bereichen Wohnungswesen und Infrastruktur - entgegengewirkt wird.

Für das Antragsverfahren Soziale Stadt ist daher der Nachweis des "besonderen Entwicklungsbedarfs" eines potenziellen Programmgebiets im Vergleich mit der gesamtstädtischen Situation zu erbringen. Das Kriterium der gesamtstädtischen Einbettung ist dann erfüllt, wenn zwei Aspekte berücksichtigt sind, die in Wechselwirkung zueinander stehen: zum einen die Berücksichtigung gesamtstädtischer Ziele und Strategien bei der Entwicklung und Fortschreibung Integrierter Handlungskonzepte, zum anderen die Kenntnisnahme dieser Konzepte durch Akteure, die für die Entwicklung eben jener gesamtstädtischen (Planungs-)Ziele und Strategien verantwortlich sind (unter anderem der Bereich Schulentwicklungsplanung).

Verknüpfung der Handlungsfelder

Um dem integrativen Anspruch eines Handlungskonzepts gerecht zu werden, müssen zugleich soziale, ökonomische, kulturelle, ökologische und städtebauliche Handlungsfelder der Stadtteilentwicklung berücksichtigt werden. Dabei kommt Mehrzielprojekten, bei denen der integrative Gehalt bereits im Projekt verankert ist, eine besondere Rolle zu. Gute Beispiele werden dem Anspruch gerecht, gebietsbezogen baulich-räumliche mit Ansätzen aus den anderen Handlungsfeldern in Maßnahmen und Projekten zu verknüpfen - beispielsweise durch die Vernetzung von traditionellen Wohnumfeldmaßnahmen mit Beschäftigungs- oder Qualifizierungsprojekten oder durch Kooperationen/Partnerschaften zwischen Schulen und lokalen Wirtschaftsunternehmen.

Fachübergreifend abgestimmter gebietsbezogener Mitteleinsatz

Als Good Practice gilt, wenn Integrierte Handlungskonzepte eine Darstellung von Strategien, Maßnahmen und Projekten mit Angabe von Trägern, Adressaten und Finanzierung auf der Basis eines fachübergreifend abgestimmten gebietsbezogenen Mitteleinsatzes (Kosten- und Finanzierungsübersicht) enthalten. Die Bewertung "gut" bezieht sich dabei auf die Berücksichtigung möglichst des gesamten Spektrums von Finanzierungsmöglichkeiten, das von öffentlichen Fördermitteln (Europäische Union, Bund, Land, Kommune) über private Mittel (im Rahmen von privaten Investitionen, öffentlich-privaten Partnerschaften, Sponsoring, Spenden und Stiftungen) bis zur Erwirtschaftung von Eigenmitteln reicht.

Zeitmanagement und Prioritätensetzung

Aufgrund der Komplexität integrierter Stadtteilentwicklung (vielfältige Handlungsfelder, unterschiedliche Akteure auf mehreren Steuerungs- und Handlungsebenen, fortzuschreibende Ziele und Strategie, Projektlandschaft mit unterschiedlichen Entwicklungs- und Durchführungsstadien einzelner Maßnahmen) sind ein klares Zeitmanagement und eine deutliche Prioritätensetzung wichtige Voraussetzungen für den Umsetzungserfolg. Good Practice bedeutet hier die Ausarbeitung einer transparenten, das heißt für alle relevanten Akteure nachvollziehbaren, Zeitplanung und Prioritätensetzung mit einem hohen Grad an Verbindlichkeit. Gleichzeitig enthält ein solches Zeitmanagement klare Fristen, zu denen einzelne Bausteine von Maßnahmen oder Projekten fertig gestellt sein sollen. Gute Beispiele sind zudem solche, bei denen die Planung konsequent fortgeschrieben und auf Einhaltung überprüft wird. Gleiches gilt für die Finanzierungsplanung von Projekten und Maßnahmen.

Beteiligung und Einbindung lokaler und lokal engagierter Akteure

Die Beteiligung und Einbindung lokaler und lokal engagierter Akteure setzt entsprechende Management- und Organisationsformen - also ein effektives Quartiermanagement - voraus . Gute Beispiele zeichnen sich durch die Integration aller für die Programmumsetzung relevanten Ämter in die Erarbeitung des Integrierten Handlungskonzepts - beispielsweise im Rahmen einer ämter- oder ressortübergreifenden Arbeitsgruppe - aus. Im intermediären Bereich sollten unterschiedliche verwaltungsexterne Akteure unter anderem aus Privatwirtschaft und Arbeitsverwaltung, von Schulen und Trägern sowie aus der Politik einbezogen sein. Good Practice bedeutet hier den Aufbau gebietsspezifischer Kommunikations- und Kooperationsstrukturen für diese Stadtteilakteure (Foren, Stadtteilkonferenzen, themenbezogene Arbeitskreise). Ein weiteres zentrales Kriterium ist die Beteiligung der Quartiersbevölkerung an der Erarbeitung und Fortschreibung Integrierter Handlungskonzepte. Gute Beispiele zeichnen sich hier durch große Klarheit über Beteiligungsmöglichkeiten, Entscheidungs- und Handlungsspielräume, zeitliche und finanzielle Vorgaben, Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Maßnahmen- und Projektumsetzung sowie über (Zwischen-)Ergebnisse und Arbeitsstände aus. Insgesamt wird das Label "Good" vergeben, wenn das Handlungskonzept von der Verwaltung vorerst nur als Entwurf begriffen und in Beteiligungsprozessen zur Disposition gestellt wird, so dass in einem Zusammenspiel von "top-down"- und "bottom-up"-Ansätzen die Interessen und Bedürfnisse der Stadtteilakteure in starkem Maße berücksichtigt werden.

Politische Rückendeckung

Ein Integriertes Handlungskonzept benötigt politische Rückendeckung sowohl für bereits formulierte Ziele und Verfahren als auch für die Möglichkeit, diese im Rahmen der Fortschreibung zu verändern. Nur so lassen sich Verantwortungsübernahme und persönliches Engagement der Beteiligten dauerhaft aufrechterhalten. Good Practice setzt daher voraus, dass der Stadtrat das Integrierte Handlungskonzept beschlossen, mindestens aber zur Kenntnis genommen hat.

Evaluierung und Fortschreibung

Die Evaluierung der Programmumsetzung gilt als unabdingbarer Bestandteil der Integrierten Handlungskonzepte - so ist es im ARGEBAU-Leitfaden ausgeführt. Dazu gehört, dass trotz aller Flexibilität für das jeweilige Bearbeitungsstadium verbindliche, realisierbare und operationalisierbare Ziele formuliert werden müssen. Gute Beispiele für eine solche Umsetzungs- und Qualitätskontrolle umfassen daher einen kontinuierlichen öffentlichen Diskurs über Erfolge, Misserfolge und Änderungsbedarfe im Gebiet. Auf diese Weise kann eine Anpassung der Konzepte - quasi als lernende Systeme mit lernenden Akteuren - an sich kontinuierlich wandelnde Bedingungen erfolgen (Fortschreibung). Auch im Rahmen von Prozessevaluierung kann fortlaufend über den Erfolg der eingesetzten Maßnahmen und Aktivitäten Rechenschaft abgelegt werden, um so eine adäquate Weiterentwicklung des Integrierten Handlungskonzepts - unter Umständen mit Kurskorrekturen bei den Zielen - zu gewährleisten. Gute Beispiele dafür setzen ein leistungsfähiges, projektbezogenes Umsetzungsmanagement mit Controllingfunktion, geklärten Verfahren sowie einem Berichtswesen voraus, mithilfe dessen der jeweilige Sachstand für alle Zielgruppen nachvollziehbar dokumentiert wird.

(1) Vgl. ausführlicher: Deutsches Institut für Urbanistik, Strategien für die Soziale Stadt - Erfahrungen und Perspektiven, Berlin 2003.

(2) Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder nach Artikel 104 a Absatz 4 Grundgesetz zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2002) vom 19. Dezember 2001/9. April 2002, Art. 2, Abs. 6.

(3) Hierzu und im Folgenden: Heidede Becker, Christa Böhme und Ulrike Meyer, Integriertes Handlungskonzept. Steuerungs- und Koordinierungsinstrument für die soziale Stadtteilentwicklung, in: Soziale Stadt Info 6 (2001), S. 2-6, sowie Anforderungen der Länder, S. 7-10, mit Ergänzungen in Soziale Stadt Info 7, S. 13; Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Impulskongress Integratives Handeln für die soziale Stadtentwicklung. Dokumentation, Berlin 2002 (Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt, Bd. 7).

  
 

Quelle: Deutsches Institut für Urbanistik: Good Practice in Altbau- und gemischten Quartieren. Eine Analyse im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt", Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt Bd. 10, Berlin, 2003

Soziale Stadt © 2000-2007 Deutsches Institut für Urbanistik
Im Auftrag des BMVBS vertreten durch das BBR. Zuletzt geändert am 10.02.2005