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Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

Impulsreferat in der Arbeitsgruppe 9:
Ressort- und fachübergreifende Vernetzung und Bündelung: Integrierte Kommunalpolitik am Beispiel der Stadt Essen - Die Stadtteilprojekte Katernberg und Altendorf

Margarete Meyer, Stadt Essen, Büro Stadtentwicklung


Grundlage der Stadtteilarbeit sind die Ansätze integrierter Kommunalpolitik, 1997 vom Rat verabschiedet (Hrsg.: Stadt Essen in Zusammenarbeit mit Uni Essen, Informationen und Berichte zur Stadtentwicklung Nr. 90, Essen, Nov. 97). Hier sind Arbeitsprinzipien dargestellt, die die Verbindung von sozialen, ökonomischen und städtebaulichen Fragen in Stadtteilen zum Thema haben.

Zu den Arbeitsweisen der integrierten kommunalen Stadtteilentwicklungspolitik gehören:

Katernberg (seit 1993) mit einem etwa zehnjährigen Vorlauf und Altendorf (seit 1998) sind Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, eingebunden in das NRW-Landesprogramm "Politik für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf" und in das Bundesprogramm Soziale Stadt.

Anregung des Landes war, Integrierte Programme in den Stadtteilen zu erarbeiten, die im Gegenzug landesseitig integriert gefördert werden. Die Begründung lag und liegt in dem Nachholbedarf bei der ökonomischen, ökologischen, städtebaulichen, sozialen Lage der Stadtteile bzw. der nachgewiesenen zunehmenden sozialen Spaltung der Stadtgesellschaft.

Aufgrund der langjährigen statistischen kleinräumigen Analysen sind wir sehr gut über das Auseinanderdriften der sozialen, ökonomischen und städtebaulichen Entwicklung in den einzelnen Stadtteilen Essens informiert. Katernberg bildet in geradezu "musterhafter" Weise den Strukturwandel des Ruhrgebietes ab. Ein einstmals weitestgehend auf den Bergbau orientierter Stadtteil muss sich neu orientieren - wegbrechende Jobs im Montanbereich, noch geringe Alternativen im Dienstleistungssektor, hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere bei Jugendlichen, Einkommensarmut, eine immer noch große Zahl an Flächen und Gebäuden, die leer stehen, Verkehrs- und Umweltprobleme, Nachholbedarf im Infrastrukturbereich sowie das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern sind die wichtigsten Themen des Stadtteils.

Inzwischen gibt es zwei umfangreiche Projektkataloge mit rund 60 Projekten für Katernberg, viele davon schon abgeschlossen, und 35 Projekte für Altendorf. Handlungsfelder sind:

Die Verwaltung hat die Aufgabe, Ressourcen bereit zu stellen, beim Land zu akquirieren, Entscheidungsgrundlagen zu liefern, Zusammenarbeit herzustellen, Werbung, Koordination zu betreiben. Die Federführung liegt beim "Büro Stadtentwicklung", angegliedert dem Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters.

Eine Vielzahl von Ämtern und Beteiligten arbeiten am Projekt. Sie arbeiten in einer geschäftsbereichs-übergreifenden Lenkungsgruppe zusammen, in der auch Bezirksvertreterinnen und -vertreter sowie Kooperationspartnerinnen und -partner vertreten sind. Die Einzel-Projekte werden nach den Methoden des Projektmanagements von unterschiedlichen Trägern bearbeitet. Die Projektverantwortung kann bei Fachämtern, aber auch bei Institutionen oder Vereinen aus dem Stadtteil liegen.

In Essen hat sich die Auffassung verstärkt, dass die Ressourcen für die Entwicklung von Stadtteilen in großem Umfang vor Ort vorhanden sind. Diese Resourcen sind nicht nur brachliegende Flächen oder Gebäude, sondern in erster Linie aktive oder aktivierbare Menschen, wie sich am Beispiel des großen Engagements bei der Schulhofumgestaltung gezeigt hat. Hier wurden sogar zusätzliche Mittel durch die Schulgemeinde eingeworben. Als Effekte sind auszumachen: bessere Anbindung an die Schule, Reduktion von Aggressivität und Zerstörungen auf den Schulhöfen, erstmalige Zusammenarbeit benachbarter Schulen, Einbindung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen.

In der Stadtteilarbeit hat sich auch die Praxis etabliert, in einer Vielzahl von unterschiedlichen Projekten die sozialen, städtebaulichen und Umweltprobleme zu bearbeiten. Gerade hier ist es möglich, Mehrziel-Projekte, das bedeutet Ressortgrenzen überschreitende Arbeitsweisen, zu unterschiedlichen Themen durchzuführen. Im Stadtteil werden Fragen der nachhaltigen Stadtentwicklung in besonderer Weise verknüpft: lokalökonomische, kulturelle, soziale, partizipative, arbeitsmarktliche usw. Die In-Wert-Setzung von vernachlässigten Gebieten, allerdings unter dem besonderen Aspekt der Ressourcenschonung, kommt als weiteres Thema hinzu.

In Essen gibt es z.B. zahlreiche städtebauliche Vorhaben, die mit Hilfe von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen umgesetzt wurden (im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, der Industriedenkmäler, der Sport- und Infrastruktur, der Umgestaltung von Schulhöfen und öffentlichen Spielplätzen).

Die Finanzierung der Projekte erfolgt über das Land, den Bund, die Stadt, Investoren, Sponsoring. Für bürgergetragene Aktivitäten, Stadtteilmanagement und Öffentlichkeitsarbeit steht ein gesonderter Fördertopf, gespeist aus Landesmitteln und Eigenfinanzierungsbeiträgen der Städte, zur Verfügung. Diese Mittel werden durch die Lenkungsgruppe vergeben, größere Vorhaben in der Regel über den Rat.

Schon viele Jahre arbeitet die Stadt mit der Universität Essen sowie weiteren Kooperationspartnern aus den Wohlfahrtsverbänden zusammen, die so genannte intermediäre Organisationen gebildet haben. Diese unterstützen die Projektentwicklung durch ein ausgearbeitetes Set von Partizipationsangeboten. Hohe Bedeutung hat die Etablierung von Netzwerkstrukturen in "lokalen Partnerschaften" erhalten.

Grundlage für die Verankerung der Arbeit vor Ort ist die Herstellung einer lokalen Öffentlichkeit. In Essen haben wir gute Erfahrungen mit den Stadtteilkonferenzen gemacht, z.B. mit der Katernberg-Konferenz, getragen durch die örtlichen Werbegemeinschaften. Die Katernberg-Konferenz findet hohe Akzeptanz, ist hochrangig besetzt und bietet regelmäßige Informations- und Diskussionsmöglichkeiten im Stadtteil.

Weiterhin werden in den integrierten Stadtteilkonzepten zahlreiche Initiativen im Bereich der Kultur auf der Zeche Zollverein gefördert. Hier hat sich ein neues Potenzial in einem Stadtteil etabliert, der über Jahrzehnte vom Bergbau dominiert wurde, indem die ehemals als planerische Restriktion angesehenen brachgefallenen Gebäude für die Kunst wiedergenutzt werden.

Der Stadtteil wird gerade berühmt für seine internationalen Kunst-, Design- und Tanz-Veranstaltungen sowie eine erhebliche, auch überregional ausstrahlende "Szene". In Verbindung damit denken wir inzwischen auch daran, die Möglichkeiten zum Tourismus auszubauen, ein Thema, das vor wenigen Jahren noch als undenkbar angesehen werden musste. Hier könnte ein ganz neuer Beitrag zur lokalen Ökonomie entstehen.

Die Zusammenarbeit zwischen den Stadtteilen wird gefördert durch ein Städtenetzwerk für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, dessen Geschäftsstelle auch beim "Büro Stadtentwicklung" angesiedelt ist. An diesem Netzwerk wirken inzwischen 18 Kommunen mit.

  
 

Quelle: Impulskongress Integratives Handeln für die soziale Stadtteilentwicklung, Dokumentation der Veranstaltung am 5. und 6. November 2001 in Essen (Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) in Kooperation mit Viterra, Essen), Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin, 2002

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