soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

Ressort- und fachübergreifende Vernetzung und Bündelung

Moderation und Berichterstattung:
Wolf-Christian Strauss, Maren Regener, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin


Organisation und Tätigkeiten der Lenkungsgruppe
Vernetzung, Organisationsformen und Verwaltungsstruktur
Fazit
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus unterschiedlichen Bereichen: städtischen Ämtern, Landesministerien, treuhänderischen Sanierungsträgern, freien Büros. Auch die themenbezogenen Vorkenntnisse waren recht unterschiedlich. In der Diskussionsrunde waren besonders zwei Themenschwerpunkte der kommunalen Ebene von Interesse: zum einen die ämterübergreifende Lenkungsgruppe mit ihren Aufgaben und Organisationsformen, zum anderen die Frage, wie die Motivation bei den Akteuren vor Ort entsteht, wie sie vernetzt und integriert werden kann. Im Folgenden werden die Aussagen und Erkenntnisse nach diesen beiden Schwerpunkten untergliedert zusammengefasst.


Organisation und Tätigkeiten der Lenkungsgruppe

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der von Frau Meyer im Impulsreferat am Beispiel der Stadt Essen beschriebenen ämterübergreifenden Lenkungsgruppe stammen aus allen Dezernaten. Sie sind nach Beschluss des Bürgermeisters von ihrem Fachbereich entsandt worden, also in der Regel nicht aus eigener Initiative der Gruppe beigetreten. Wenn diese Personen keine Affinität zur Tätigkeit in der Lenkungsgruppe und den dort behandelten Themen haben, besteht vor dem Hintergrund der "unfreiwilligen" Teilnahme die Gefahr der geringen Motivation.

Die Bandbreite ihrer beruflichen Positionen innerhalb der Verwaltung reicht aufgrund der Benennung durch den Fachbereich vom Sachbearbeiter bis zum Abteilungsleiter. Das Vorwissen ist dementsprechend unterschiedlich. Verbreitet ist unter anderem ein Mangel an Methodenkenntnisse, da die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Regel konventionelle "Schreibtischarbeit" gewohnt sind und zum Beispiel eher selten Erfahrungen mit Methoden der Bürgerbeteiligung haben. Durch die Arbeit in der Lenkungsgruppe werden sie mit der Thematik vertraut gemacht; die erforderlichen Methoden lassen sich z.B. in so genannten planning for real-Seminaren erlernen.

Die Lenkungsgruppe hat fünfzehn ständige Mitglieder, ihre Zusammensetzung variiert nicht nach unterschiedlichen Themenfeldern. Zu speziellen Themen werden Gäste eingeladen. Die Gruppe trifft sich etwa alle zwei Monate. Eine ihrer Aufgaben ist die Entscheidung über die Verwendung der so genannten Verfügungsmittel, die vorrangig Bürgerbeteiligung und -aktivitäten zugute kommen sollen, von denen auch das Personal der Stadtteilbüros bezahlt wird. In Nordrhein-Westfalen schwankt die Höhe des Verfügungsfonds bisher zwischen 100 000 DM und 500 000 DM.

In erster Linie entwickelt die Lenkungsgruppe Projektideen und arbeitet ein entsprechendes Konzept aus. Damit liefert sie die Grundlagen für Projektanträge, die vom Rat beschlossen werden. Die Themen, die in der Gruppe diskutiert und anschließend zu einem Projekt vor Ort ausgearbeitet werden, werden von den Mitgliedern der Lenkungsgruppe eingebracht. Einzelne Themen, wie zum Beispiel Gesundheit, werden seltener diskutiert, da es in diesem Bereich erfahrungsgemäß nur wenige Akteure unter den Teilnehmenden gibt.

Ob die in der Lenkungsgruppe ausgearbeiteten Vorhaben vor Ort auch tatsächlich umgesetzt werden, hängt ebenfalls vom Engagement der einzelnen Mitglieder der Gruppe ab. Dieses Engagement umfasst unter anderem die Partnersuche im Gebiet mit dem Ziel, vor Ort Aktivitäten für eine Kooperation zur Umsetzung des Projekts anzuregen.

Die Lenkungsgruppe ist nicht politisch sanktioniert. Bürgerinnen und Bürger (als solche) sind in der Lenkungsgruppe nicht vertreten. Sie werden auf Stadtteilkonferenzen von den Aktivitäten informiert und können in Diskussionen Anregungen einbringen.

Die Organisation einer solchen Lenkungsgruppe muss den jeweiligen Bedingungen vor Ort angepasst und entsprechend individuell gestaltet werden.


Vernetzung, Organisationsformen und Verwaltungsstruktur

Der Schwerpunkt der finanziellen Förderung liegt zurzeit in den Bereichen Städtebau und Arbeitsmarkt. Die Federführung der Projekte ist deshalb in den meisten Fällen dem städtebaulichen Bereich zugeordnet.

Mit dem Ziel, der fortschreitenden sozialen Spaltung in den Quartieren entgegenzutreten, muss die Zusammenarbeit der verschiedenen Ämter gestärkt und als Folge organisatorisch verändert werden. Durch den Strukturwandel in Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Bildungswesen sind nur im Verbund nachhaltige Lösungsansätze zu finden. Dies ist ein entscheidender Motor für die Vernetzung.

Nicht nur der Fachbereich, in dessen Arbeitsbereich das Projekt organisatorisch angesiedelt ist, darf mit der Arbeit betraut werden; vielmehr ist eine sinnvolle Kombination mehrerer Fachbereiche nötig (zum Beispiel Bildung und Jugend) um eine nachhaltige Planung mit so genannten Mehrzielprojekten zu gewährleisten. Dies umfasst neben der Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung und Umsetzung eines Konzepts vor allem das Bereitstellen von Mitteln aus den unterschiedlichen Haushalten. Da das Programm Soziale Stadt im Vergleich zu den vor Ort benötigten Mitteln eher geringe Fördergelder zur Verfügung stellt, ist es in erster Linie als "investives Leitprogramm" zu sehen. Die Motivation zur Vernetzung mit anderen Ressorts sollte sein, auf diesem Weg weitere Mittel aus den unterschiedlichen Bereichen und aus anderen Förderprogrammen zu akquirieren.

Einem Ressort die alleinige Federführung einzelner Projekte zuzuordnen, sollte künftig überdacht werden, unter anderem weil Planung und Umsetzung keine Fach-, sondern Querschnittsaufgaben sein sollen, bei denen nicht einzelne Bereiche in den Vordergrund rücken.

Die Kommunen werden erfahrungsgemäß vor allem durch eigennützige Interessen zur Vernetzung und Integration motiviert. Das Interesse in der Stadt-/Kommunalverwaltung an integriertem Handeln ist ohne eigennütziges Ziel eher gering. Alle Kooperationspartner müssen deshalb sehen können, dass sie von dem Erfolg eines gemeinsam initiierten Projekts profitieren. Nach einem Input an Arbeitskraft, Zeit und Mitteln muss als "Lohn" auch ein entsprechender Output anfallen.

In den Kommunen ist Voraussetzung und Anstoß zu fachübergreifendem Denken und Handeln, wie es das Programm Soziale Stadt fordert, am ehesten der "Zwang" zur Vernetzung und Bündelung, wie er zum Beispiel durch die Vorschriften der Verwaltungsvereinbarung ausgeübt wird. Auch eine vertragliche Festlegung zur Vernetzung ist ein gangbarer Weg. Die Vergabe der Mittel an Kommunen ist zurzeit nicht gekoppelt an bestimmte Bedingungen, beispielsweise fachübergreifende Zusammenarbeit oder das Vorhandensein von Kooperationen vor Ort. Wie das Geld vor Ort auszugeben ist, unterliegt keinen Richtlinien.

Je höher das Programm in der Kommunalverwaltung angesiedelt ist ("Hierarchie"/"Firmenphilosophie") und je mehr Bedeutung ihm entsprechend zugeordnet wird, desto motivierter sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den einzelnen Fachbereichen. Die politische Rückendeckung ist ein ganz entscheidender Faktor. In diesem Sinne würde die Teilnahme von Entscheidungsträgern an der ämterübergreifenden Lenkungsgruppe oder an einer ähnlichen Institution das Engagement der Mitarbeiterschaft und die Motivation zur Zusammenarbeit verstärken.

Neben der Vernetzung der Ressorts ist es auch notwendig, die unterschiedlichen Ebenen der Kommunalverwaltung hinsichtlich Kompetenzen und Verantwortung zu stärken. Dies betrifft unter anderem die selbständige Verwaltung der finanziellen Ressourcen.

Viel hängt von den einzelnen Personen auf kommunaler und Länderebene ab, ihrem Engagement und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Die persönlichen fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihre Verantwortlichkeit und Position innerhalb der Verwaltung sind neben dem Problemdruck vor Ort entscheidende Faktoren im Zusammenhang mit der Motivation zur Vernetzung. Erste kleine Erfolge motivieren dann zur Weiterarbeit.

So manche Aktivität und Planung gleicht heutzutage eher einer "Reparaturwerkstatt" für Fehler der Vergangenheit. Es geht in der Zukunft darum, bei Neuplanungen alte Fehler zu vermeiden. Dies wird als entscheidender Anstoß zur integrierten Planung gesehen.


Fazit

Vor allem Kompetenz und Motivation der Mitarbeiterschaft der Kommunalverwaltung scheinen der Motor für ressortübergreifende Zusammenarbeit zu sein. Eine Form, die Akteure aus den unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung zu vernetzen und Kommunikation zu initiieren, ist die ämterübergreifende Arbeitsgruppe (Lenkungsgruppe). Besonders wichtig ist die entsprechende Rückendeckung aus der Politik. Je höher ein entsprechendes Förderprogramm angesiedelt ist, desto motivierter sind die mit der Umsetzung betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Offen bleibt jedoch, wie man den ersten Anstoß zum integrierten Handeln gibt und wie man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert, in diesem Sinne weiterzuarbeiten. Ein Anfang könnte eine vertragliche Verpflichtung zum integrierten Handeln im Rahmen der Bewilligung von Fördergeldern sein.

Wenn die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachbereiche politisch gewollt ist und Unterstützung erfährt, strahlt dies nach aller Erfahrung auch auf die verschiedenen Ebenen der Verwaltung und deren Mitarbeiterschaft aus.

Poster

Leitmotiv/common sense: "Soziale Stadt muss gelebt werden"

Voraussetzungen / Bedingungen:


Flipchart

Motoren/Katalysatoren Restriktionen/Hemmnisse

Multiplikatoreneffekt/Bereitschaft zur Mitwirkung

Multiplikatoreneffekt/Bereitschaft zur Mitwirkung

Handelnde Personen

Neues Steuerungsmodell

Problemdruck = Motor für Vernetzung und Bündelung

Service-Orientierung moderner Verwaltung (anstelle Ämterorientierung)

Praxisdruck komplexer Problemlagen

Problemdruck vor Ort/Komplexität der Probleme

Verantwortliche Mitarbeiter mit Kompetenzen

Horizonterweiterung auf allen Ebenen

Ergebnisse sind nachhaltiger, effektiver, effizienter (Stadtteil)

Bereits erlebte Erfolge vernetzten Handelns

Fachliche Motivation bei den handelnden Ämtervertretern

Interessierte, fordernde Bürgerschaft mit eigenen Projektideen für den Stadtteil

Professionelle Unterstützung der Vernetzung

Ämterübergreifende Ziele für den Stadtteil

Sich Zeit für Vernetzungsarbeit nehmen bzw. bekommen

Positive Erfahrungen in Kooperation

Offenheit, Flexibilität

Gute Ideen

Anreizsysteme für kooperatives und flexibles Handeln

Mangelnde personelle/finanzielle Ressourcen

Konkurrenzdenken zwischen Ressorts

Budgets

Egoisten fachlich/persönlich

Ressortdenken behindert Kooperation

Ausgrenzung von Fachgebieten wie zum Beispiel Gesundheit

Fehlende Komplexität und Flexibilität von Fördermitteln und Richtlinien

Angst vor Kontroll- und Machtverlusten

Fehlende Zeit, Personal

Umsetzungsverantwortung und Finanzverantwortung sind getrennt

Nicht nur Organisations-, sondern auch Personalentwicklung erforderlich

Fehlende Transparenz der Entscheidungen

Anwender von Förderrichtlinien

Hoher Zeitbedarf für Fortbildung, Erlernen von Kooperation

Förderrichtlinien, die sich nicht an Problemlösung orientieren, sondern an Ressorts (besonders Bund)

Ressortdenken und Einziellösungen

Schnelle sichtbare Erfolge organisieren


Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe 9

Name

Vorname

Institution

Ort

Belke

Wilhelm

Stadt Köln, Amt für Stadtsanierung und Baukoordination

Köln

Brinkmann

Martin

STEG Hamburg mbH

Hamburg

Brünner

Ursula

Stadt Frankfurt am Main, Stadtplanungsamt, Abt. f. Wohnungsbau und Stadterneuerung

Frankfurt am Main

Fechner

Oswald

Stadt Worms, Amt für Soziales und Wohnen

Worms

Hohmann

Monika

Stadt Moers, Dezernat IV, Sozialentwicklungsplanung

Moers

Josupeit-Teschke

Angelika

Stadt Pforzheim, Amt für Jugend + Familie

Pforzheim

Klaus

Wolfgang

Sanierungsträger der Hansestadt Wismar, BauGrund AG

Wismar

Kling

Sabine

Innenministerium, Schleswig-Holstein

Kiel

Mehlmann

Johannes

Gelsenkirchen, Stadtplanungsamt, Stadtteilbüro Bismarck/Schalke-Nord

Gelsenkirchen

Meyer

Margarete

Stadt Essen, Zentraler Steuerungsdienst

Essen

Mirtsching

Sabine

Hessisches Sozialministerium

Wiesbaden

Reinerth

Hadwig

Region Hannover, FB Gesundheit der Region Hannover

Hannover

Schein

Cornelia

DKB, Wohnungsbau und Stadtentwicklung GmbH

Chemnitz

Schmidt

Birgit

WohnBund-Beratung Dessau, Sachsen-Anhalt (AG Soziale Stadt im WohnBund)

Dessau

Straschewski

Rolf

Stadtverwaltung Neuwied

Neuwied

Wasmuth

Dieter

Stadt Köln, Sozialamt

Köln


  
 

Quelle: Impulskongress Integratives Handeln für die soziale Stadtteilentwicklung, Dokumentation der Veranstaltung am 5. und 6. November 2001 in Essen (Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) in Kooperation mit Viterra, Essen), Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin, 2002

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