soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

Arbeitsgruppe 2:
Ansiedlung von Existenzgründern und Unternehmen vor Ort

Karl Nagel,
Volkswohnung GmbH, Karlsruhe

  

1. Stadt Karlsruhe - Zentrum der Technologieregion
2. VOLKSWOHNUNG GmbH - Regionaler Immobiliendienstleister
3. Existenzgründung als Erfolgsfaktor
4. Existenzgründerzentren in Karlsruhe
5. Handwerkerhof als kommunalpolitische Aufgabe
6. Kosten, Finanzierung und Wirtschaftlichkeit
7. Fazit

Diskussion im Anschluss des Referates

1. Stadt Karlsruhe - Zentrum der Technologieregion

Karlsruhe ist eine sehr junge Stadt, die erst 1715 gegründet wurde. Durch die Nähe zu Frankreich war sie über viele Jahrhunderte eine Art Zonenrandgebiet. Durch die Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Frankreich hatte sich keine Industrie angesiedelt. Karlsruhe wurde als badische Residenz immer ein bisschen als "verschlafene Beamtenstadt" bezeichnet, während die Fabriken in Mannheim standen. Nach dem Krieg befanden wir uns plötzlich mitten in Europa, was unsere große Chance war: Die Rheinschiene und die Entwicklungsachse zwischen Zürich und Amsterdam, die so genannte "Banane", war ein großer Vorteil für Karlsruhe. Durch die Universität, das Forschungszentrum und die anderen Einrichtungen hat Karlsruhe heute eine Beschäftigungssituation, die sehr stark auf Hightech ausgerichtet ist. Außerdem sind wir stolz auf die hohen Gerichte, und einen Besuch wert sind die Museen und besonders das Zentrum für Kunst und Medientechnologie. Das ZKM ist ein Kooperationspartner des Guggenheim-Museums New York und der Ort, wo man alles sehen kann, was heute in Verbindung von Hightech und Kunst möglich ist. Dort drückt sich auch die Art aus, wie Karlsruhe seine Struktur nach dem Krieg hat verändern können. Heute hat Karlsruhe etwa 280.000 Einwohner, die gesamte Region etwa 800.000.


2. VOLKSWOHNUNG GmbH - Regionaler Immobiliendienstleister

Unser Unternehmen ist eine 99,95-prozentige Tochter der Stadt und existiert schon seit 1922. Wir haben 180 Mitarbeiter und einen Immobilienbestand von 17 000 Einheiten. Unsere Geschäftsfelder sind breit gefächert: Wir betreiben das Bauträgergeschäft in großem Umfang, die Hausbewirtschaftung, den Verkauf, die WEG-Verwaltung, Bauunterhaltung und Telekommunikation und haben eigene Regiebetriebe.

Wir verstehen uns als regionaler Dienstleister. Das können Sie daran ersehen, dass wir im Zuge der Konversion militärischer Liegenschaften überregional tätig sind. In der Oberrheinschiene gab es sehr viel Militär, was sich erst richtig bemerkbar gemacht hat, als die Amerikaner, Franzosen und Kanadier abgezogen sind und viele Liegenschaften frei wurden. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Hügelsheim in der Nähe von Baden-Baden, an der wir zu 50 Prozent beteiligt sind, besaß zeitweilig eine kanadische Nato-Airbase. Diese Fläche haben wir einer Konversion zugeführt und uns mit dieser Gesellschaft selbst engagiert, indem wir Mietwohnungen, die die Kanadier bewohnt hatten, in Eigentumswohnungen umgewandelt haben. Zusammen mit der Stadt Baden-Baden wird das "ehemalige Hauptquartier der Franzosen in Deutschland" mit etwa 1 000 Wohnungen und einem Kasernenbereich mit über 10 ha neu strukturiert.
Zu unseren Aufgaben und Strategien gehören:

Besonders herausheben möchte ich dabei, dass wir uns als ein Unternehmen verstehen, das die Stadt Karlsruhe in ihren Aufgaben unterstützt. Wir fühlen uns für alles zuständig, was mit Bauen, Wohnen, Wirtschaften zu tun hat, und werden auch in all diesen Bereichen angesprochen.

Wir sind ein Unternehmen, das von Anfang an privatwirtschaftlich geführt wurde, und haben von Beginn an auch in Zeiten der Gemeinnützigkeit darauf geachtet, dass Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Nur dadurch ist es auch möglich, dass wir heute in solche großen Projekte investieren können. Wir haben z.B. in den letzten sieben Jahren mehr investiert als in den 70 Jahren zuvor und unseren Personalbestand von 100 auf 180 Mitarbeiter ausgeweitet. Dies hängt mit dem Wegfall der Gemeinnützigkeit zusammen, was eine starke Zäsur war, aber auch eine große Chance. Es wäre zu Zeiten der Gemeinnützigkeit z.B. nicht zulässig gewesen, diesen Handwerkerhof zu machen. Wir haben für die Stadt Schulen gebaut, bauen Kindergärten, Begegnungszentren.

Karlsruhe ist zwar eine Region, der es wirtschaftlich relativ gut geht, aber Geld hat man bekanntlich nie genug, und so können wir durchaus eine Menge für unsere Stadt tun. Im Augenblick sind wir dabei, zwei große Kasernenareale der Amerikaner von 100 ha vom Bund zu erwerben, was für eine Stadt unserer Größe eine große Chance ist. Indem wir uns in Projekten dieser Größenordnung engagieren, wollen wir der Stadt deutlich machen, wie wichtig wir für die Bürger sind.

Anfang der 90er-Jahre haben wir mit der Umstrukturierung des Unternehmens hin zur Kundenorientierung begonnen. Wir haben die schwierigen Phasen, das Personal betreffend, hinter uns und sind jetzt dabei, das Unternehmen auf eine Profitcenter-Organisation ergebnisorientiert auszurichten. Große Bedeutung hat die EDV: Bei uns kann nur noch die Reinemachefrau ohne PC und ohne entsprechende EDV-Unterstützung arbeiten. Wir sind auf dem Weg zum virtuellen Unternehmen.


3. Existenzgründung als Erfolgsfaktor

Wir haben festgestellt, dass die jungen Leute, die häufig die Gruppe der Existenzgründer ausmachen, einfach ideenreich sind. Sie treiben mit neuen Produkten die Entwicklung voran und bringen eine positive Unruhe in den Markt. Es ist anfangs auch ein Stück Selbstausbeutung mit dabei, weil sie sonst nicht zu Aufträgen kommen.

Außerdem entstehen bei Existenzgründungen neue Arbeitsplätze und es wird ein ergänzendes bzw. zusätzliches Angebot an Versorgungsleistungen für die Bevölkerung und die Unternehmen geschaffen. Wir selbst waren als Unternehmen daran interessiert, dass wir neue Anbieter bekommen. Das sind die Gründe, die für Existenzgründer sprechen und dafür, dass sie auch ein Erfolgsfaktor sind, wobei es natürlich auch Hemmnisse gibt. Das ist in erster Linie der große Investitionsbedarf, da Existenzgründer meistens kein Eigenkapital mitbringen. Da lag auch der Ansatz für uns. Wir investieren in Beton und sie in ihr Gewerbe. Auch beim kaufmännischen Know-how mangelt es häufig.


4. Existenzgründerzentren in Karlsruhe

Existenzgründungen haben in Karlsruhe eine Tradition, über die ich Ihnen gerne ein paar Informationen geben möchte. Es gibt z.B. die Technologiefabrik, die vor 15 Jahren gestartet wurde. Es handelt sich hierbei um ein ehemaliges großes Industrieareal, in dem man aus der Universität und dem Forschungszentrum heraus auf Initiative der Stadt junge Unternehmer angesiedelt hat. In der Zwischenzeit sind allein aus dieser Einrichtung 200 Firmen und 3 000 Arbeitsplätze entstanden, alle im Hightech-Sektor. Von den jungen dynamischen Unternehmen sind einige inzwischen weltweit bekannt und am neuen Markt gut positioniert.

Des Weiteren gibt es Gründerzentren für eher kaufmännische Dienstleistungsbereiche und den Handwerkerhof als rein gewerblichen Bereich. Dort sind in neun Jahren insgesamt 50 Firmen und 500 Arbeitsplätze entstanden. Das Cyberforum ist eine virtuelle Einrichtung, wo junge Leute mit dem PC zu Hause "etwas auf die Beine stellen" und hier die entsprechende Unterstützung von Seiten der Stadt erfahren. Da kann ich Ihnen nicht genau sagen, wie viele Arbeitsplätze entstanden sind, aber die Wirtschaftsförderung spricht von etwa 300 "Unternehmern". Mit Problemstadtteilen hat dies natürlich nichts zu tun, denn das sind diejenigen, die sehr selbstständig und aktiv sind und die wissen, wie man so etwas macht.


5. Handwerkerhof als kommunalpolitische Aufgabe

Warum hat sich die Stadt Karlsruhe, warum haben wir uns engagiert? Wir haben festgestellt - und das war das ganz besondere Anliegen -, dass die jungen dynamischen Handwerksunternehmen ins Umland abwandern, weil sie innerhalb der Stadt keine Chance haben, zu vernünftigen Konditionen Flächen anzumieten. Für Dienstleistungen und für die Stadt ist es aber auch wegen der Steuern ungemein wichtig, dass sie hier bleiben und dass auch in diesem Sektor Arbeitsplätze geschaffen werden. Somit nicht nur Angebote für diejenigen, die hochintelligent sind, sondern auch für die, die "etwas größere Hände" haben.

Klarer politischer Konsens war Kostendeckung, keine Subventionen (z.B. aus unserem Mietbestand) und auch keine dauerhaften Vorteile der Existenzgründer gegenüber den etablierten Handwerkern. Sonst hätten diese sich beklagt, dass mit Steuergeldern oder Mitteln aus einem Unternehmen wie dem unseren die Konkurrenz subventioniert würde.

Des Weiteren war die Beratung und Betreuung durch die Handwerkskammer und die Wirtschaftsförderung wesentlicher Baustein. Es galt zu klären, ob die Ideen, die die Leute haben, tragfähig sind und aus ihnen etwas werden kann. Diese Beratung war kostenlos, also eine gewisse Subvention, aber man wollte die Interessierten nicht durch hohe Beratungshonorare abschrecken.

Die Zielvorstellung bezüglich der Miete lag bei 7 bis 8 DM/m² und Monat im Durchschnitt über das gesamte Projekt hinweg. Außerdem sollte es - was wir bis heute durchgehalten haben - eine Befristung der Mietverhältnisse auf fünf Jahre geben, das heißt, es war von vorneherein klar, dass diese nicht dauerhaft sind. Die Existenzgründer müssen sich im Grunde genommen, sobald sie Fuß gefasst haben, am Markt umschauen, um Flächen auf Dauer zu beschaffen.

Man hat sich auch Synergieeffekte versprochen, wenn unterschiedliche Branchen unter einem Dach sind und sich diese gegenseitig befruchten können. Was auch eingetreten ist.

Das Gelände des Handwerkerhofs liegt im Westen im Bereich des Rheinhafens und ist sowohl für Fahrten in die Stadt als auch aus der Stadt heraus hervorragend erschlossen. Vorher befand sich auf dem Gelände des heutigen Handwerkerhofs ein mittleres Industrieunternehmen mit etwa 300 Arbeitsplätzen, das Bäckereimaschinen in alle Welt geliefert hat. Die Gebäude sind nach dem Krieg mit den damaligen baulichen Möglichkeiten entstanden. Es wurde mit der Zeit immer wieder etwas hinzugebaut, aber es wurde praktisch nichts in die Dauererhaltung investiert. Mit der Zeit war das Gebäude sehr heruntergekommen, sodass man sich vielleicht nicht wundern darf, dass der Betrieb 1990 in Konkurs ging. Die Stadt hat das Gelände dann aus dem Konkurs heraus erworben und ist seitdem Eigentümerin.

Wir mussten darangehen, Bestandsaufnahmen zu machen und Nutzungs- und Baustrukturen zu entwickeln. Da lagen bereits die ersten Stolpersteine: Die Handwerkskammer und die Wirtschaftsförderung meinten, dass vieles noch gut genug sei und so belassen werden könne. Unserer Meinung nach mussten aber ganz bestimmte Dinge gegeben sein, wenn wir nach deutschem Recht einen Mietvertrag abschließen wollten. Da kam eins zum anderen, was sich später auch auf die Kosten ausgewirkt hat.

Wir haben die ungeordneten Bereiche strukturiert, das heißt, wir haben einzelne Bereiche geschaffen, in denen so genannte Parzellen entstehen konnten, die dann einzeln zu mieten waren. Wenn dort beispielsweise ein Schuppen war, hat man überlegt, ob man diesen einer Nutzung zuführen kann und dafür nur eine geringe Miete von beispielsweise 4 DM/m² verlangt, um in hochwertigeren Bereichen gleich 8,- DM/m² oder 9,- DM/m² verlangen zu können, um so die Durchschnittsmiete von 7,- DM/m² oder 8,- DM/m² zu erreichen.

Außerdem haben wir die Kellerbereiche nutzbar gemacht. In der Struktur, im Grundriss mussten einige Kompromisse gemacht werden. Man wollte auch flexibel sein, um bei einem Mieterwechsel eventuell Wände verändern zu können. Das war bisher in der Praxis noch nicht gefordert, obwohl sich die Nutzerstruktur in der Zwischenzeit sehr verändert hat. Es ist immer wieder gelungen, einen Nutzer zu finden, zu dem die Parzelle ohne bauliche Veränderungen passte. Ich kann mich auch im Bereich Wohnen nicht erinnern, dass das in über 25 Jahren jemals geschehen wäre, denn wenn die eine Wohnung gekündigt wird, ist die andere nebenan nicht frei, sodass doch nicht die Möglichkeit gegeben ist, die Wohnungen zu verändern. Damit ist also auch viel Theorie verbunden.

Des Weiteren wurde z.B. ein Seminarraum eingerichtet, der auch in den Investitionen und den Mieten enthalten ist. Die Handwerkskammer und die Wirtschaftsförderung führen hier ihre Beratungen durch, und es finden Seminare statt.

Seit 1992, als der Handwerkerhof in Betrieb gegangen ist, entstanden Parzellen in der Größe von 41 bis 332 m2. Es sind unter anderem die Gewerke Elektro, Metallbau, Maler, Lackierer, Schreiner, Zimmerer, Drucker, die Produktion von Hardware und die Erstellung von Software vertreten. Die Grundmiete hat sich auf 7,- bis 9,- DM/m² eingestellt. Insgesamt sind aus diesen 21 Parzellen heraus 70 Neugründungen erfolgt und ca. 200 Arbeitsplätze entstanden. Allerdings - und das ist ein bisschen der Wermutstropfen - sind eine ganze Reihe dieser Betriebe, als sie dann gut floriert haben, doch ins Umland weggezogen, weil es einfach nicht genügend Möglichkeiten gab, diese Betriebe dann innerhalb der Stadt Karlsruhe anzusiedeln.


6. Kosten, Finanzierung und Wirtschaftlichkeit

Das Projekt wurde mit 2,3 Mio. DM Herstellungskosten abgerechnet und war ursprünglich mit 1,5 Mio. DM veranschlagt, das heißt, wir hatten eine Kostensteigerung von 800 000,- DM. Das hing mit den Aspekten zusammen, die ich bereits angedeutet habe, z.B. waren unserer Meinung nach die Fenster, die wir vorgefunden haben, in Ordnung. Nachdem wir neue Bauanträge eingereicht hatten, kam das Gewerbeaufsichtsamt, und es mussten neue Fenster eingesetzt werden, die Belichtung hat nicht mehr gestimmt und vieles mehr.

Das Grundstück, das in Erbbaurecht von der Stadt ausgegeben wurde, hat einen Wert von 2,2 Mio. DM bei einem Erbbauzins von drei Prozent. Hier könnte man von einer Subvention sprechen, denn der durchschnittliche Erbbauzins beträgt heute etwa fünf bis sechs Prozent. Andererseits hat die Stadt uns diesen günstigen Erbbauzins gegeben, weil die Risiken nicht abzuschätzen waren. Das ist auch ein Grund, warum wir diese hohe Kostensteigerung haben abfangen können. Wir haben ganz normal am Kapitalmarkt bei einem Darlehenszins von 7,5 Prozent finanziert und 300.000 DM Eigenkapital eingesetzt. Es handelt sich hierbei um eine ganz normale immobilienwirtschaftliche Kalkulation, die sich wie folgt darstellt:

Kapitalkosten 151 252,- DM
Abschreibung   44 000,- DM
Verwaltungskosten   12 710,- DM
Instandhaltungskosten   60 944,- DM
Erbbauzins   66 000,- DM
Mietausfall (2 Prozent)     6 835,- DM


Bei den Einnahmen sieht es wie folgt aus:
 
Sollmieten im Jahr 2000 (31.439,20 DM/Monat)   377 270 DM
Gesamtkosten 341 741 DM
Überschuss     35 529 DM
abzügl. Mietausfall im Jahr 2000   39 184 DM
Fehlbetrag 2000     3 655 DM
Fehlbetrag 1993   58 148 DM

Aus den Sollmieten und den Gesamtkosten ergibt sich ein Überschuss. Allerdings liegt es in der Natur der Sache, dass bei Existenzgründern nicht alles glatt laufen kann. Wenn ein Unternehmen betroffen ist, das eine große Parzelle hatte, entstehen rasch höhere Rückstände, sodass wir im Jahr 2000 einen Fehlbetrag von 3 655,- DM haben. Im Jahr 1993 betrug der Fehlbetrag rund 60 000,- DM. Es kommt natürlich auch darauf an, welche "Brille" man aufsetzt. Meiner Meinung nach ist es ein wirtschaftliches Ergebnis, das vertretbar ist und bei dem man sagen kann, dass es ohne Subventionen zu Stande gekommen ist. Ich denke, unter Subventionen versteht man etwas anderes.

In der Nachbarschaft hat auf privater Basis die Realisierung eines ähnlichen Modells begonnen. Wir haben verzichtet, nachdem ein privater Unternehmer vorstellig geworden ist. Dort entstehen noch einmal 15 Betriebe.


7. Fazit

Je nach Betrachtungsweise kann man durchaus ein gewisse Wirtschaftlichkeit, einen wirtschaftlichen Erfolg sehen. Für ein Wohnungsunternehmen ist es eine besondere Herausforderung. Wir haben einiges dazugelernt und würden manche Dinge schon im Vorfeld anders angehen. In Bezug auf die Kostenüberraschungen und die Genehmigungen würden wir uns z.B. nicht mehr auf die Wirtschaftsförderung und die Stadt verlassen, sondern alles selber machen.

Ein bisschen Lehrgeld haben wir gezahlt, aber ich denke, das Projekt ist auch für die Kommune wertvoll. Es ist wirtschaftlich nicht unbedingt attraktiv, aber unter bestimmten Rahmenbedingungen darstellbar.

Zuletzt möchte ich sagen, dass die beiden Partner, die ich mehrfach erwähnt habe, die Wirtschaftsförderung und die Handwerkskammer, nicht im wirtschaftlichen Obligo waren. Sie haben nur beraten, gute Ratschläge gegeben und Ideen eingebracht, aber nicht das Risiko getragen. Ich kann nur empfehlen, jeden Partner, der mitsprechen will, ins Risiko zu nehmen. Es ist immer einfach, mit "anderer Leute Geld" Ideen zu entwickeln und den Interessenten diese und jene Wünsche zu suggerieren, die aber anschließend dafür nicht Miete zahlen wollen oder können. Es ist also ganz wichtig, dass die Partner mit Mitspracherechten im wirtschaftlichen Risiko sind. Wir haben es mit ein wenig Mühe bis zum heutigen Tag in gutem Einvernehmen mit allen Partnern geschafft, den Anfangsschwung zu behalten.


Diskussion im Anschluss des Referates

Die erste Frage beschäftigte sich mit dem Problem der Umlandwanderung von Existenzgründern. Sie zielte darauf ab, ob es nicht eine Möglichkeit seitens der Stadt gäbe, Räume und Flächen bereitzustellen. Es sei bekannt, wie wichtig Arbeitsplätze in Oberzentren wären und im Sinne einer stärkeren Wirtschaftskraft sei zu überlegen, ob Gewerbeansiedlungen in Oberzentren nicht subventioniert werden sollten.

In seiner Antwort bescheinigte der Referent, dass die Stadt dieses Problem von Anfang an gesehen habe und mittlerweile im Rheinhafen ein Gewerbegebiet entwickle, was zeitlich allerdings etwas zu spät käme. Zu den Anstrengungen gehöre auch, dass die Volkswohnung GmbH Flächen der abziehenden amerikanischen Streitkräfte erwerbe und diese zu 60 Prozent für Gewerbe und Dienstleistungen bereitstellte, da der Wohnungsbau ohnehin in Zukunft nicht mehr den Stellenwert wie in der Vergangenheit haben werde.

Dabei sei die Chance, einen großen Betrieb mit ein paar hundert oder tausend Arbeitsplätzen an Land zu ziehen, sehr gering. Nach Karlsruhe habe z.B. ein Betrieb mit 3.000 Arbeitsplätzen kommen wollen. Ein Bürgerprotest, der bis an die Geschäftsführung des ansiedlungswilligen Unternehmens gegangen sei, habe zur Folge gehabt, dass sich das Unternehmen zurückgezogen hat. Dies sei die eine Seite.

Die andere Seite betreffe die mangelnde Kooperation und die gegenseitige Konkurrenz der Kommunen untereinander. Darüber müsse man genauso nachdenken wie darüber, ob alles so teuer sein müsse. Die Baulandpreise seien nur deshalb so hoch, weil die Kommunen nicht genügend Bauland auswiesen, was - so die Ansicht des Referenten - keinen Sinn mache. Wer bauen wolle, baue und wenn er 50 Kilometer fahren müsse, um eine Gemeinde zu finden, in der Bauland zu kaufen ist. Es müsse somit mehr Bauland geben, was auch die Preise drücken würde. Insgesamt müsse es ein Umsteuern geben, indem alle Kosten verringert würden. Subventionen solle man nach Meinung des Referenten nur zahlen, wenn ein genau definiertes Ziel erreicht werden soll, und nur für einen eng begrenzten Zeitraum.

Ein weiterer Redebeitrag wies darauf hin, dass es in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf häufig Menschen gebe, denen es an entsprechender Qualifikation mangele. Die Frage schloss sich an, ob sich im Umfeld von hoch qualifizierten Berufen auch Möglichkeiten der Beschäftigung für einfache Qualifikationen bieten würden.

Der Vortragende antwortete hierzu, dass er vor dem Hintergrund einer prosperierenden Region spreche, was manches leichter mache. Ganz gezielt gab es den in der Frage genannten Ansatz nicht. Aber die Stadt habe auch Förderungsbetriebe, wo viele Arbeitsplätze entstanden seien und über die viele Menschen qualifiziert würden. Es gebe Patenbetriebe, in die man nach der Qualifizierung wechseln könne und wo Dauerbeschäftigungen entstünden. Beim Handwerkerhof habe die Förderung der Existenzgründer und das Schaffen von Arbeitsplätzen im Vordergrund gestanden.


  
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