soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

Das Selbstverständnis von Wohnungsunternehmen im Kontext Stadtteilerneuerung - Quartiersökonomie

Dr. Dieter Kraemer,
VBW Bauen und Wohnen GmbH

  

Vorbemerkungen
Veränderung der demographischen Rahmenbedingungen
Auswirkungen auf die Wohnungsunternehmen
Veränderte Rahmenbedingungen in den Unternehmen
  1. Zentrale Säulen der Wohnungswirtschaft unter Druck
    1.1 Kommunale Wohnungsunternehmen mit neuen Zielsetzungen
    1.2 Unternehmenseigene Wohnungsbestände auf dem Markt
Welche Akteure tragen den Stadtteil?
Aktionsfelder der Wohnungsunternehmen unter veränderten Marktbedingungen
Rolle der Wohnungsunternehmen im Kontext Quartiersökonomie
  Projekte zur Stabilisierung von Quartieren
  Thesen zur Reaktivierung städtischer Wohnungspolitik

Vorbemerkungen

Meinen Vortrag möchte ich in wenigen Worten mit der Vorstellung unseres Unternehmens beginnen, in dem ich einer von zwei Geschäftsführern bin. Danach werde ich kurz in zweifacher Form zu den veränderten Rahmenbedingungen in der Wohnungswirtschaft Stellung nehmen. Zum einen wird es um die demographischen Rahmenbedingungen und ihre Veränderungen gehen. Hierbei wird es sich um Inhalte handeln, die Sie hinreichend kennen - ich werde somit keinen Ersatzstatistikvortrag halten, aber die Thematik ein Stück weit auf Bochum und unsere Kernregion des Ruhrgebiets herunterbrechen. Zum anderen werde ich aber auch zu den Veränderungen im unternehmerischen Bereich der Wohnungswirtschaft Stellung beziehen.

Eine kurze Anmerkung werde ich noch zum Thema "Akteure in der Wohnungswirtschaft" machen - mit speziellem Bezug zu den Stadtteilen. Des Weiteren werde ich das Thema "Ansätze für wohnungspolitische Konzepte" - generell und im Stadtteil - aufgreifen und wie diese Ansätze aus meiner Sicht wohnungswirtschaftlich vorrang bisher gesehen werden. Mit der Überleitung zur lokalen Ökonomie schließlich werde ich mich zum Thema "Projekte zur Stabilisierung von Quartieren" äußern und abschließend ein kurzes Fazit ziehen (vgl. Abb. 2).

Die VBW, ein Immobilienunternehmen im Ruhrgebiet, ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der großen Wohnungsunternehmen in Deutschland - in diesem Rahmen gehören wir aber sicherlich zu den eher kleineren Akteuren.Die VBW, ein Immobilienunternehmen im Ruhrgebiet, ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der großen Wohnungsunternehmen in Deutschland - in diesem Rahmen gehören wir aber sicherlich zu den eher kleineren Akteuren.

Unser Bestand innerhalb des Gesamtunternehmens beträgt rund 20 000 Wohnungen. Wir agieren im Wesentlichen auf dem lokalen Markt. In Bochum selbst und in den Nachbarstädten befinden sich nahezu 100 Prozent unseres gesamten Wohnungsbestands. Daneben gibt es einen hohen Teil von Wohnungsfremdbestand, den wir managen.

Wir sind zudem kein allzu großer, aber immerhin in der Produktion von 50 Wohneinheiten pro Jahr im Bauträgergeschäft leistungsfähiger Partner in der Stadt Bochum und im Einzugsbereich. In letzter Zeit agieren wir stärker auch im Bereich der Errichtung von gewerblichen Immobilien - vor allen Dingen auch für Existenzgründer und junge Unternehmen. Im Technologiequartier in Bochum werden z.B. mehrere Objekte von uns errichtet (vgl. Abb. 4).

Wir halten weiterhin eine qualifizierte Beteiligung an der WSG in Düsseldorf, einem kleinen Wohnungsunternehmen, welches uns aber ein Engagement im ganzen Land erlaubt.

Noch ein Blick auf die Gesellschafterstruktur - das führt dann auch zum Thema Selbstverständnis. Die Stadt Bochum hält noch 49 Prozent, das heißt, die Diskussion um eine (Teil-)Veräußerung kommunaler Unternehmen ist hier schon vor Jahren ergebnisorientiert abgeschlossen worden, lange bevor es die aktuelle Diskussion gab. Die restlichen 51 Prozent werden von anderen Gesellschaften gehalten - vorrangig von industrieverbundenen Immobilienunternehmen aus dem Ruhrgebiet, wie Viterra, Harpen und Thyssen-Krupp.


Veränderung der demographischen Rahmenbedingungen

Das Themenfeld "Veränderungen der Rahmensbedingungen" will ich kurz halten und es anderen überlassen, die sich hier besser auskennen, wie z.B. Herrn Professor Brockmeyer von der RUB. Letzte Woche überraschte er in einem Vortrag in anderem Rahmen seine Zuhörer mit der kritischen Frage, im jeweils wievielten Haushalt in der Stadt Essen man Kinder antreffe. Ich will Sie jetzt nicht raten lassen - in jedem 13. Haushalt. Fürwahr, eine denkwürdige Zahl für das Thema Überalterung.

Zurück zur Bochumer Situation, die sich auf Grund der Lage der Stadt und ihrer zentralörtlichen Rolle ein wenig von anderen Kernstädten des Reviers unterscheidet - z.B. bzgl. der Stadt-Umland-Wanderungen.

Was den Bevölkerungsrückgang angeht, stellt Bochum immerhin keine Ausnahme gegenüber anderen Kernstädten des Ruhrgebiets dar. In der Zeit von 1970 bis zum Jahr 2000 hat die Stadt über 10 Prozent ihrer Einwohnerzahl verloren. Die kleine Nachbarstadt Sprockhövel im Ennepe-Ruhr-Kreis hat demgegenüber 29 Prozent an Einwohnern zugelegt. Wenn Sie die aktuellen, offiziellen Prognosen der Bevölkerungsentwicklung sehen, dann wird Bochum von zurzeit knapp 400 000 bis zum Jahr 2015 noch mal ungefähr 26 000 Einwohner verlieren, das heißt, diese Menschen fehlen bei der Wohnungsnachfrage.Was den Bevölkerungsrückgang angeht, stellt Bochum immerhin keine Ausnahme gegenüber anderen Kernstädten des Ruhrgebiets dar. In der Zeit von 1970 bis zum Jahr 2000 hat die Stadt über 10 Prozent ihrer Einwohnerzahl verloren. Die kleine Nachbarstadt Sprockhövel im Ennepe-Ruhr-Kreis hat demgegenüber 29 Prozent an Einwohnern zugelegt. Wenn Sie die aktuellen, offiziellen Prognosen der Bevölkerungsentwicklung sehen, dann wird Bochum von zurzeit knapp 400 000 bis zum Jahr 2015 noch mal ungefähr 26 000 Einwohner verlieren, das heißt, diese Menschen fehlen bei der Wohnungsnachfrage.

Die aktuellen Zahlen der Wanderungsbilanzen sehen ein bisschen differenzierter aus. Den klassischen Umlandeffekt können Sie in den Zahlen der Jahre 1998 und 2000 so nicht wieder finden. Wir haben Negativsalden mit Städten, die keineswegs zur Ballungsrandzone zählen, und Wanderungsgewinne in Richtung von Städten, bei denen man das auch nicht vermutet (vgl. Abb. 6). Das ist aber eine Momentaufnahme, die man teilweise mit bestimmten Entscheidungsparametern der weg- und zuziehenden Haushalte erklären kann.

Das Bochumer Mietniveau z.B. befindet sich im Ruhrgebietskernstadtvergleich mit einem Index von 100 direkt hinter dem Spitzenreiter Essen. Zuwanderungsgewinne von Städten im Kern des Reviers können offenbar zumindest teilweise mit deren niedrigerem Mietniveau erklärt werden. Das gilt dann auch für Städte wie Herne und Castrop-Rauxel, zumal einige Teile dieser Städte (z.B. der Süden von Herne mit dem Gysenbergpark und auch einige Teile von Castrop-Rauxel) gerade zu den bevorzugten Gegenden gehören, die unmittelbar an Bochum grenzen (vgl. Abb. 7).

Eine zweite Erklärungskomponente betrifft die Baulandpreise, die in letzter Zeit in Form entsprechender Baulandprogramme in den Großstädten politisch diskutiert werden. Sie beziehen sich darauf, wie die jungen, dynamischen Haushalte durch entsprechende Mobilisierungsprogramme für Bauland in der Stadt gehalten werden können. Diese Thematik umfasst nicht nur die aktuellen Niveauunterschiede der Baulandpreise zwischen Kernstadt und Umland, sondern auch deren Entwicklung. Wenn Sie die "rote Zickzacklinie" für Bochum verfolgen (siehe Abb. 8), scheint die Entwicklung gegenüber den Nachbarpreisen noch weiter auseinander zu driften. Das ist natürlich ein Gesichtspunkt, der auch der Stadtentwicklungspolitik in Sachen Baulandausweisung zu denken geben muss. In einigen Kernstädten des Reviers, wie Essen und Dortmund, sind entsprechende Offensiven zu Baulandausweisungen angelaufen. Ob sie die gesetzten Ziele schon erreichen oder noch erreichen werden, sei dahingestellt. In Bochum steht ein solcher Prozess in der politischen Debatte jedenfalls noch aus.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der eine große Rolle spielt, befasst sich weniger mit rein quantitativen Veränderungen, sondern bezieht sich auf strukturelle Veränderungen. Am Beispiel der Stadt Essen möchte ich diese strukturellen Abwanderungen bzw. Veränderungen kurz darstellen, weil für Essen die besten stadtstatistischen Daten vorliegen und Teile der Ergebnisse sicher auf Bochum übertragbar sind (vgl. Abb. 9).

In diesem Zusammenhang möchte ich auf zwei Parameter hinweisen, die zeigen, welche Veränderungen passieren. Hierbei handelt es sich zum einen um die Nachfrage nach bestimmten Wohnungstypen. Die Abwanderer verändern nicht nur ihren Wohnstandort, sie verändern auch ihr Wohnniveau - zumindest was die quantitative Wohnungsausstattung mit Fläche angeht. Hierbei handelt es sich um einen erstaunlichen Größensprung von durchschnittlich 66 m² im Bestand auf 87 m² in der neuen Wohnung. Diese Differenz kann man als Orientierungswert ansehen, wo Wohnungspolitik auch anzusetzen hat, wenn sie die Mieter im Bestand halten will.

Zum anderen ist das Thema der Einkommensausstattung der Haushalte interessant. Es lässt sich feststellen, dass 53 Prozent der nach Essen zuziehenden Haushalte ein Nettoeinkommen von unter 3 000,00 DM haben, während deren Anteil bei den wegziehenden Haushalten nur bei 37 Prozent liegt. Das heißt, wir verlieren einkommensstarke Haushalte und gewinnen im Kern des Ruhrgebiets einkommensschwache Haushalte. Auch das ist eine sehr markante problematische Entwicklung (vgl. Abb. 10).


Auswirkungen auf die Wohnungsunternehmen

Dass dieses Thema die Wohnungswirtschaft unmittelbar trifft, das muss niemanden verwundern. Es trifft auch unser Unternehmen, es trifft alle Akteure in der Wohnungswirtschaft. Dies lässt sich an den Zahlen erkennen, die wir unternehmenspolitisch zur Kenntnis nehmen müssen. Sie weisen seit mehreren Jahren einen kontinuierlich wachsenden Leerstand aus. Unser Unternehmen kommt da noch relativ gut davon - vielleicht auch deshalb, weil es am Standort Bochum auf Grund des großen Hochschulstandorts noch eine gewisse Sonderentwicklung gibt. Aber auch unsere Leerstandsquote ist zwischen 1998 und heute um fast 1 Prozent auf 3 Prozent gestiegen. Im Unternehmensvergleich sind diese Zahlen immer noch in Ordnung, aber der Handlungsdruck wächst.

Wir haben gemeinsam mit der Viterra versucht, hier im Kern des Ruhrgebiets ein Benchmarking-Projekt mit den Wohnungsunternehmen zum Thema Leerstand zu Stande zu bringen. Es ist daran gescheitert, dass Unternehmensvergleiche anhand von Leerstandsziffern überwiegend skeptisch beurteilt wurden, weil solche Zahlen für unterschiedliche Zwecke instrumentalisiert werden können und weil jedes einzelne Unternehmen sich nur ungern in einem "ranking" wieder findet.

Genauso problematisch ist aber, dass sich der Leerstand nicht egalitär über die Wohnungsbestände der Unternehmen verbreitet, sondern verstärkt in bestimmten Beständen auftritt. Zum einen wird er sichtbar in Stadtteilen mit besonderen Problemlagen. Für Essen gilt, dass Wohnungsunternehmen, die Wohnungsbestände im Süden der Stadt besitzen, quasi keine Probleme haben, selbst wenn die Ausstattung nicht so großartig ist, wird dieser Mangel durch die Lage kompensiert. Lage spielt in der Immobilienwirtschaft eine große Rolle, gerade auch was Mieter und deren Empfinden angeht.

Im Norden der Stadt dagegen gibt es ganz gravierende Probleme an bestimmten Standorten, selbst bei ordentlicher Wohnungsausstattung. Generelle Abwanderungen, verbunden mit sozialer Erosion, gefährden die Zukunft der Gebiete und stellen die Immobilienwerte in Frage.

Das ist bei uns in Bochum auch spürbar. Wir haben - in gewissem Umfang - Probleme mit den Bauten der Nachkriegszeit der 50er-Jahre mit aus heutiger Sicht defizitären Wohnungsgrößen und Ausstattungen. Hierbei handelt es sich um zu kleine Wohnungen vom Typ "45 m² und drei Räume". Zurzeit haben diese Wohnungen darüber hinaus erhebliche Ausstattungsdefizite, zum Teil sogar noch Einzelofenheizung und keinen Balkon. Da die Standorte in der Regel gut sind, liegt die Hauptaufgabe in einer umfassenden technischen Erneuerung der Bestände in Anpassung an die Kundenbedürfnisse. Das bindet zwar eine Menge Geld, ist aber im Rahmen mittelfristiger Investitionsprogramme eine lösbare Aufgabe.

Unsere Hauptprobleme konzentrieren sich aber auf die jüngeren Wohnungsbestände, nämlich diejenigen aus den späten 60er- und 70er-Jahren in der Bauform der typischen Großsiedlungen dieser Phase der Stadtentwicklung. Hier zeigen sich - quasi nach Art eines Frühindikators - gravierendere Leerstandsprobleme, die nach Art eines Circulus vitiosus negative Zentrifugalkräfte entwickeln: Wegzug der "guten" Haushalte und Neuvermietungen an eine Klientel mit besonderen sozialen Problemen mit der Folge noch schwieriger werdender Vermietbarkeit wegen problematischer Nachbarschaften. Wir können in Bochum noch von Glück sagen, weil sich die angesprochenen Großsiedlungsbestände im Nahbereich der Universität und der Fachhochschule befinden, sodass durch den studentischen Nachfragedruck die Probleme nicht so gravierend zu Tage treten, wie bei anderen Wohnungsgesellschaften in dieser und anderen Regionen. Jedenfalls stehen wir mit dieser Problematik bekanntlich nicht allein.


Veränderte Rahmenbedingungen in den Unternehmen


1. Zentrale Säulen der Wohnungswirtschaft unter Druck

Zu den geschilderten demographischen und bestandsstrukturellen Problemen, die ich geschildert habe, treten gravierende unternehmerische Veränderungen hinzu. Tragende Elemente der strategischen Ausrichtung der Wohnungswirtschaft der Nachkriegszeit sind infrage gestellt. Mag dies von einigen auch als Bedrohung angesehen werden, hierin liegen in der Tat auch Chancen auf eine Neuausrichtung, die gerade auch mit Blick auf das Thema Beschäftigung von Bedeutung sind.


1.1 Kommunale Wohnungsunternehmen mit neuen Zielsetzungen

Wir haben zu konstatieren, dass auf der Ebene der klassischen, ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen mit kommunalen Mehrheiten parallel zu den Marktsättigungstendenzen die Grundsatzfrage zunehmend gestellt wird, ob es denn zur Lösung von Wohnungsproblemen in den Kommunen überhaupt eines kommunal beherrschten Wohnungsunternehmens bedürfe. Ich glaube, es gibt inzwischen kein Ratsgremium in einer Kommune mit einem Wohnungsunternehmen, in dem nicht wenigsten eine Fraktion den Antrag gestellt hat, dieses "Tafelsilber" in Gänze oder zumindest anteilig zu verkaufen. Und mögen wir als Akteure der kommunal verbundenen Wohnungswirtschaft auch noch so gute Gründe vortragen, sich auf die strategische Bedeutung einer kommunalen Wohnungswirtschaft zu besinnen, die simple Erwägung, "in Zeiten eines entspannten Wohnungsmarkts kann eine Kommune durch Teilverkauf eines Wohnungsunternehmens unter Mobilisierung der dort vorhandenen großen stillen Reserven im Bereich der Grundstücks- und sonstigen Vermögenswerte erhebliche Kapitalgrößen mobilisieren, mit denen andere strategische Aufgaben in der Stadt erledigt werden können", werden wir mit allen guten Argumenten nicht wieder vom Tisch bekommen. Auch kommunalnahe Unternehmen und ihre Geschäftsführer müssen also ihr Unternehmensprofil schärfen, um für die Anteilseigner auf Dauer interessant zu sein.


1.2 Unternehmenseigene Wohnungsbestände auf dem Markt

Das Gleiche gilt für den unternehmensnahen Wohnungsbau sowohl mit den Wurzeln des klassischen "Werkswohnungsbaus" als auch für die unternehmerische Wohnungswirtschaft im engeren Sinne. Auch mein Unternehmen, die VBW, wird zur einen Hälfte von Gesellschaftern aus diesem Bereich getragen, wie ich eingangs bereits ausführte. Natürlich denken bei dieser Eigentümerkategorie zunächst einmal alle an eine besonders ausgeprägte "Shareholder-value-Mentalität" und meinen damit einen besonders starken Ergebnisdruck auf in der Wohnungswirtschaft eingesetztes Eigenkapital. Ich habe bei den angesprochenen Veränderungen zu diesem Thema den Eindruck, dass die klassischen Schubladen nur noch begrenzt passen, denn kommunale Vertreter in den Aufsichtsgremien der Wohnungsgesellschaften aus dem Bereich des Beteiligungsmanagements haben sich die Argumente der angemessenen Kapitalverzinsung in kürzester Zeit zu Eigen gemacht, sodass die Klischees, kommunale Vertreter in Aufsichtsgremien fordern das soziale Unternehmen und Unternehmen das ergebnisorientierte, längst nicht mehr passt.

Allerdings ist es keine Frage, dass bei der strategischen Zukunftsaufstellung großer Konzerne die Unternehmens- und Konzernleitungen die Deckungsbeiträge ihrer Immobilientöchter mit gleicher Elle messen wie ihre sonstigen Beteiligungen und allein damit faktischen Veränderungsdruck ausüben, die anstehende Trennung des Immobiliengeschäfts der Viterra aus dem E.on-Konzern ist eine aktuell in der Öffentlichkeit besonders breit diskutierte strategische Schlussfolgerung zu diesem Thema. Andere Großunternehmen (Bahn, Post, Bayer etc.) haben sich bereits von ihren Wohnungsbeständen getrennt.

Der beschriebene, umfassende Veränderungsdruck schafft aber auch ein sehr viel offeneres Klima für Initiativen und Partnerschaften. Ich kann nur allen raten, die sich insbesondere in den kommunalen Wirtschaftsförderungen mit dem Thema Beschäfti-gung, auch im zweiten Arbeitsmarkt, befassen, vorurteilslos auf die Unternehmen der Wohnungswirtschaft zuzugehen. Die Zeit ist reif dafür, neu ins Gespräch zu kommen.Der beschriebene, umfassende Veränderungsdruck schafft aber auch ein sehr viel offeneres Klima für Initiativen und Partnerschaften. Ich kann nur allen raten, die sich insbesondere in den kommunalen Wirtschaftsförderungen mit dem Thema Beschäfti-gung, auch im zweiten Arbeitsmarkt, befassen, vorurteilslos auf die Unternehmen der Wohnungswirtschaft zuzugehen. Die Zeit ist reif dafür, neu ins Gespräch zu kommen.


Welche Akteure tragen den Stadtteil?

Nicht nur der Handlungsdruck auf die Akteure der Wohnungswirtschaft wächst, sondern auch der Abstimmungsbedarf unter der Vielzahl der Akteure auf den lokalen Wohnungsmärkten nimmt zu. Betrachtet man ausgehend von dem Aktionsfeld "lokale Ökonomie" aber auch mit Blick auf das strategische Thema "Standortentwicklung" die Wohnquartiere als Ausgangspunkt, so ergibt sich die in Schaubild zwölf dargestellte Vielfalt von Akteuren. Wesentlich ist, dass diese ihre Aktionen gar nicht oder allenfalls rudimentär miteinander und aufeinander abstimmen und entsprechende Clearingstellen, die ein abgestimmtes Handeln herbeiführen könnten, fast regelmäßig fehlen. Die Effekte solcher Rahmenbedingungen verwundern kaum: Man zeigt mit dem "Zeigefinger" auf die Anderen. Die Wohnungsunternehmen fordern zunächst Konzepte von der Stadt, die Kommune sieht sich außer Stande, quartiersbezogene Projekte zu realisieren, bevor nicht die Eigentümer ihre Konzepte vorgelegt haben. Ähnliches gilt zwischen den Trägern der Sozialarbeit und des Beschäftigungsbereiches und den Wohnungsunternehmen, zwischen planender und sozial- bzw. jugendverantwortlicher Verwaltung, aber auch in Richtung auf Vereine, Kirchen und Mietervereine. Bis man alle Akteure wirklich im offenen Gespräch am gemeinsamen runden Tisch hat und komplexe Konzepte zu Standortentwicklungen diskutiert oder gar organisiert, das kann sehr lange dauern. Am weitesten sind diese Prozesse in den Handlungsgebieten der "sozialen Stadt" bzw. den "Stadterneuerungsgebieten mit besonderem Erneuerungsbedarf" in NRW vorangekommen, weil sie hier auch konstituierend für die öffentliche Förderung sind.


Aktionsfelder der Wohnungsunternehmen unter veränderten Marktbedingungen

Eine der zentralen Konsequenzen ausgeglichener Wohnungsmärkte für die Investitionspolitik der Wohnungsunternehmen ist die Veränderung des Schwerpunkts von dem Wohnungsneubau zu der nachhaltigen Verbesserung der Wohnungsbestände. Natürlich gab es auch in der Vergangenheit Phasen intensiverer und eher geringerer Neubautätigkeit, ohne allerdings entsprechende Rückkopplungseffekte zum Wohnungsbestand zu erzeugen. Vielmehr trug die Bestandspolitik in erster Linie die Züge der Instandhaltung im engeren Sinne und - wenn überhaupt - einer technisch orientierten Modernisierung vor allen Dingen in den Bereichen Heizung, Sanitär. Die Umsetzung dieser Strategie erfolgte schwerpunktmäßig eher im Zusammenhang mit der Einzelmodernisierung im Kontext zu autonomen Mieterwechseln, folgte also einem reaktiven Handlungsmuster.

Erst die Nachhaltigkeit des sich abzeichnenden Wandels auf den Wohnungsmärkten mit dem grundsätzlichen Infragestellen einer auf Bestandszuwachs ausgerichteten Neubaupolitik lässt auch die Wohnungsbestände und ihre Standorte in einem völlig anderen Licht erscheinen. Sie sind das Vermögenspotenzial der Unternehmen, dessen strategische Weiterentwicklung in den Fokus der Aktivitäten der Unternehmen rücken muss. Dabei sind die drei Elemente

  • Modernisierung,
  • Nachverdichtung,
  • Privatisierung und Verkauf

von besonderer Bedeutung. Anders als überwiegend in der Vergangenheit werden dabei die einzelnen Wohnungsstandorte ganzheitlich vor dem Hintergrund alternativer Investitionsstrategien betrachtet. Hierfür hat sich - entlehnt aus dem Bereich der Kreditwirtschaft - der Begriff des "Portfoliomanagements" auf breiter Front immobilienwirtschaftlich durchgesetzt. Man ist fast geneigt zu sagen, dass die Vielzahl der EDV-Module, die Dienstleister den Wohnungsunternehmen "aufdrängen", um ihnen die Aufgabe der Allokation ihrer Investitionen vermeintlich abzunehmen, ein Symbol für neuen Aktionismus in der Wohnungswirtschaft ist. Aber ob nun mit oder ohne DV-Unterstützung, die konsequente Analyse der Stärken und Schwächen der vorhandenen Standorte und der jeweiligen Wohnungsbestände als Ausgangspunkt für eine räumlich differenzierte Investitionspolitik ist absolutes Gebot der Stunde. Aber auch diese unternehmensnotwendigen Strategien sind nicht frei von Gefahren für die Stadtentwicklung. Da ein Kernbestandteil der Portfoliostrategien auch die Trennung von Wohnungsbeständen an kritischen Standorten und selbstverständlich auch der Zukauf von Beständen an interessanten Zukunftsstandorten ist, beinhalten sie in gewisser Weise einen Dynamisierungsmechanismus für die Entstehung problematischer Wohnquartiere. Denn die bisher noch sozial verantwortlichen Immobilienunternehmen mit begrenzten Renditeansprüchen verlassen nunmehr auch in wachsender Geschwindigkeit diese Quartiere, problematische "Verwerter" halten Einzug.

Zurück zu den zentralen Strategieelementen. Natürlich spielt die Modernisierung dabei eine ganz besonders wichtige Rolle. Zum einen, weil der Qualitätsanspruch der Nachfrageseite bei einem rein quantitativ ausgeglichenen Markt die Entscheidungen der Wohnungssuchenden wesentlich stärker beeinflusst als in der Vergangenheit, zum anderen, weil über weite Teile der Wohnungswirtschaft erkennbar ist, dass es durchgängig Defizite und Rückstände in den Wohnungsbestandsqualitäten gibt, die auf zum Teil jahrzehntelange aufgestaute Rückstände schließen lassen. Dort, wo der Nachfrageüberhang auch Wohnungen mit eklatanten Qualitätsdefiziten (z.B. Ofenheizung etc.) noch absorbierte, gibt es heute unüberwindliche Vermarktungsprobleme und damit Handlungsbedarf. Unterstellt, dass die Wohnungsunternehmen ihre Wohnungsbestände nach Modernisierungsbedarf und -fähigkeit standortbezogen in eine entsprechende Prioritätenrangfolge bringen, so spielen zwei Erkenntnisse eine wichtige Rolle. Zum einen die Tatsache, dass eine nachhaltige Bestandsverbesserung nur über eine mittelfristige Verstetigung der Investitionspolitik in die Bestände zu erreichen ist. In der Realität verfügen aber bisher nur relativ wenige Wohnungsunternehmen über mittelfristige Maßnahmen- und Finanzierungskonzepte für ihre Modernisierungspolitik. Ich bin ein wenig stolz darauf, dass es uns bei der VBW gelungen ist, den Aufsichtsrat davon zu überzeugen, ein mittelfristiges, das heißt Fünf-Jahres-Programm für die Modernisierung aufzulegen und mit einem Investitionsvolumen von jeweils 45 Millionen Mark jährlich auszustatten, um in möglichst kurzer Zeit die marktnotwendige nachhaltige Bestandsverbesserung mit Kontinuität und Verlässlichkeit vor allem für unsere Kunden sicherzustellen. Den arbeitsmarktpolitischen Beitrag, den unser Unternehmen - wie viele andere - gerade über die Bestandspolitik zurzeit für die Beschäftigung in der Bauwirtschaft bundesweit leistet, den sollte man im Übrigen sehr viel stärker im Rahmen der Verbandsarbeit herausstellen.

Der zweite Gesichtspunkt ist derjenige, dass ein solches Programm konsequent standortbezogen organisiert werden muss. Dies leitet sich logisch aus dem Portfolioansatz ab und bedeutet konkret, dass jedes investitionswürdige Quartier mit einer individuellen Entwicklungsstrategie ausgestattet werden muss. Zusammen mit Stadtplanern und Architekten erarbeiten wir derartige Rahmenplanungen für alle unsere Standorte, die ganzheitlich, in der konkreten Umsetzung natürlich in Abschnitten, vollzogen werden. Es versteht sich am Rande, dass in eine derartige Strategie der ganzheitlichen Erneuerung auch das Wohnumfeld und die Stellplatzsituation mit einzubeziehen sind. Im Übrigen gehört in eine erweiterte Modernisierungsstrategie auch die vorurteilslose Abwägung zwischen Neubau bzw. Ersatzwohnungsbau und Modernisierung. Auch hier ist psychologisch durchaus noch ein Feld zu bereiten, da mit dem Wohnungsabriss fälschlicherweise häufig in der Öffentlichkeit die Vernichtung preiswerten Wohnraums gleichgesetzt wird.

In den seltensten Fällen dürfte sich eine reine Modernisierungsstrategie an Standorten wirtschaftlich rechnen, wenn man die rechtlich und tatsächlich begrenzten Möglichkeiten der Überwälzung durch Mieterhöhungen betrachtet. Insofern ist schon ergebnisorientiert zwingend, Nachverdichtungsmöglichkeiten an den bestehenden Standorten konsequenter als in der Vergangenheit zu prüfen. Auch in diesem Zusammenhang ist die Erarbeitung ganzheitlicher Entwicklungskonzepte von großer Bedeutung. Ist die Aufwertung zukunftsfähiger Quartiere das Hauptziel, dann muss auch die Nachverdichtung unter diesem Gesichtspunkt gesehen werden, das heißt, sie muss zu einer Abrundung und Qualitätsverbesserung des Reviers beitragen und darf nicht simpel Flächen verbrauchen. Gelingt dies, so steckt in den "stillen Reserven" der Buchwerte für die Grundstücke ein erhebliches Refinanzierungspotenzial für die Bestandsverbesserung im engeren Sinne.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Privatisierung als dritte Säule von standortbezogenen Konzepten in einem etwas anderen Licht. Sie kann unter klar definierten Rahmenbedingungen zu einer längerfristigen Bindung einer attraktiven Mieterklientel im Quartier und damit zum Abbau der Fluktuation beitragen, sie kann dazu beitragen, eine neue Verantwortlichkeit für das Quartier herzustellen und gewinnt auch unter den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen zur Alterssicherung und der Rolle der Immobilien in diesem Kontext eine zusätzliche Zukunftsbedeutung. Wichtig ist vor allem, dass eine solche Strategie im Sinne einer Angebotsplanung betrieben wird, die Mieter nicht unter Druck setzt, Eigentümer zu werden, und die Investitionstätigkeit nicht vollständig auf die neuen Eigentümer überwälzt.

Im Kontext Stadtteilerneuerung - Quartiersökonomie bleibt festzuhalten, dass insgesamt das Investitions- und damit auch das Beschäftigungsvolumen für ältere Wohnquartiere deutlich ansteigen wird. Damit ergeben sich potenziell auch stärkere Ansatzpunkte für eine standortnahe Organisation von Beschäftigungsangeboten. Allerdings ist ebenso absehbar, dass sich die Investitionspolitik noch selektiver und differenzierter auf Einzelstandorte auswirken wird und damit Negativtrends gerade in Gebieten mit besonderen sozialen und Beschäftigungsproblemen eher noch schärfer hervortreten werden. Im Kontext Stadtteilerneuerung - Quartiersökonomie bleibt festzuhalten, dass insgesamt das Investitions- und damit auch das Beschäftigungsvolumen für ältere Wohnquartiere deutlich ansteigen wird. Damit ergeben sich potenziell auch stärkere Ansatzpunkte für eine standortnahe Organisation von Beschäftigungsangeboten. Allerdings ist ebenso absehbar, dass sich die Investitionspolitik noch selektiver und differenzierter auf Einzelstandorte auswirken wird und damit Negativtrends gerade in Gebieten mit besonderen sozialen und Beschäftigungsproblemen eher noch schärfer hervortreten werden.


Rolle der Wohnungsunternehmen im Kontext Quartiersökonomie

Vor dem Hintergrund der wachsenden Aufgaben in den Wohnungsbeständen der vorhandenen Quartiere ergeben sich hier eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten für den Aufbau bzw. die Stabilisierung lokaler Beschäftigung. Differenziert man diese Ankerpunkte in

  • objektbezogene Aktivitäten,
  • subjektbezogene Aktivitäten und
  • prozessbezogene Aktivitäten (vgl. Abb. 15),
so wird deutlich, dass mit wachsender Komplexität und Spezialisierung der Aufgaben die Anknüpfungspunkte für lokale Beschäftigung eher geringer werden. So bieten komplexe Konzepte zur Flächenentwicklung und damit einhergehender Neubau wie auch eine umfassende Mieterberatung wenig Raum für lokale Beschäftigung, während im Bereich der Renovierung und Instandhaltung wie auch der Hausbetreuung durchaus interessante Beschäftigungsperspektiven vorhanden sind. Allein der immer wiederkehrende und nach unseren Erfahrungen auch materiell steigende Renovierungsbedarf in den Wohnungen bei Mieterwechsel kann ein hervorragendes Feld für eine Qualifizierungsmaßnahme entsprechend ausgewählter Langzeitarbeitsloser sein, wenn die entsprechende fachliche Betreuung gewährleistet ist. Da dabei verschiedene handwerkliche Tätigkeiten miteinander gebündelt werden, ist die klassische Vergabe mit einer Aufsplitterung in mehrere Gewerke äußerst arbeitsaufwändig und wirtschaftlich ineffizient.

Im Bereich der Dienstleistungen erfordern gerade schwierige Wohnungsbestände in Problemquartieren eine wesentlich intensivere Haus- und Mieterbetreuung, als wir sie bisher in der Wohnungswirtschaft leisten konnten. Eine klassische Finanzierung derartiger Aufgaben aus den Personalbudgets scheidet aber bei der angespannten wirtschaftlichen Situation in der Regel aus. Es liegt also nahe, unter Umständen in Kooperation mit Beschäftigungsträgern für diesen wachsenden Bedarf ein Ausbildungsprofil zu entwickeln und möglicherweise auch vorhandene Mieter für diese Aufgabe weiter zu qualifizieren. Ich habe mit Interesse gehört, dass das Ihnen allen bekannte größte Hamburger Wohnungsunternehmen eine entsprechende Qualifizierungsmaßnahme in eigener Trägerschaft entwickelt und inzwischen sehr erfolgreich praktiziert hat. Und erfolgreich bedeutet natürlich auch, dass diese Maßnahmen sich wirtschaftlich langfristig tragen, da wesentliche Einsparungen im Bereich der Gebäudeunterhaltung und der Beseitigung von Vandalismusschäden entstehen und darüber hinaus auch die Mieterbindung verbessert wird.

Ich plädiere schließlich auch für mehr Offenheit in der Unterstützung prozessbezogener Aktivitäten unterschiedlichster Träger in unseren schwierigen Wohnungsquartieren, soweit diese geeignet sind, die Lebenssituationen unserer Mieter in den Quartieren zu verbessern. Gerade in Zeiten, in denen Wohnungen teilweise leer stehen, ist die rein ökonomische Schwelle für ein kostenfreies Zur-Verfügung-Stellen von Räumlichkeiten für sinnvolle Projekte im Stadtteil sehr gering anzusetzen, weil Opportunitätskosten realistischerweise nicht oder nur in begrenztem Umfang anzusetzen sind. Auch die reinen Kaufleute der Wohnungswirtschaft können sich heute leichter auf das eine oder andere Experiment einlassen, wenn dadurch ein Zuwachs der Stabilität im Quartier erzeugt werden kann. Wir haben in unserem Unternehmen mit der "Bochumer Nachbarschaftshilfe" hervorragende Erfahrungen gemacht, die in einigen unserer schwierigen Wohnquartiere in von der VBW zur Verfügung gestellten, nicht vermieteten Wohnräumen spezielle quartiersbezogene Dienstleistungsangebote für die Bewohner entwickelt, die im Wesentlichen von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, während die Projektkoordinierung von einigen wenigen hauptamtlichen Mitarbeitern durchgeführt wird. Diese Projekte sind aus der Sozialisierung dieser Wohngebiete nicht mehr wegzudenken, da sie von der Hausaufgabenaufsicht für Kinder bis hin zur Betreuung älterer Mieter einen immer größer werdenden Handlungsbereich abdecken.Ich plädiere schließlich auch für mehr Offenheit in der Unterstützung prozessbezogener Aktivitäten unterschiedlichster Träger in unseren schwierigen Wohnungsquartieren, soweit diese geeignet sind, die Lebenssituationen unserer Mieter in den Quartieren zu verbessern. Gerade in Zeiten, in denen Wohnungen teilweise leer stehen, ist die rein ökonomische Schwelle für ein kostenfreies Zur-Verfügung-Stellen von Räumlichkeiten für sinnvolle Projekte im Stadtteil sehr gering anzusetzen, weil Opportunitätskosten realistischerweise nicht oder nur in begrenztem Umfang anzusetzen sind. Auch die reinen Kaufleute der Wohnungswirtschaft können sich heute leichter auf das eine oder andere Experiment einlassen, wenn dadurch ein Zuwachs der Stabilität im Quartier erzeugt werden kann. Wir haben in unserem Unternehmen mit der "Bochumer Nachbarschaftshilfe" hervorragende Erfahrungen gemacht, die in einigen unserer schwierigen Wohnquartiere in von der VBW zur Verfügung gestellten, nicht vermieteten Wohnräumen spezielle quartiersbezogene Dienstleistungsangebote für die Bewohner entwickelt, die im Wesentlichen von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, während die Projektkoordinierung von einigen wenigen hauptamtlichen Mitarbeitern durchgeführt wird. Diese Projekte sind aus der Sozialisierung dieser Wohngebiete nicht mehr wegzudenken, da sie von der Hausaufgabenaufsicht für Kinder bis hin zur Betreuung älterer Mieter einen immer größer werdenden Handlungsbereich abdecken.


Projekte zur Stabilisierung von Quartieren

Besonders interessant und mit Blick auf die beschriebenen Destabilisierungsprozesse in bestimmten Quartieren auch unverzichtbar erscheint eine Kraftanstrengung zur systematischen Vernetzung unterschiedlicher Teilprojekte zu einer ganzheitlichen Strategie der Quartiersfortentwicklung. Dies gilt gleichermaßen vor dem Hintergrund unserer sozialen Verantwortung für die Mieter, wie auch vor dem Hintergrund der Vermögenssicherung für die Gesellschafter. Die Ihnen bekannte Programmatik zum Thema "soziale Stadt" und die strategische Unterstützung, die gerade das Land Nordrhein Westfalen über das Programm "Stadterneuerung in Gebieten mit besonderem Erneuerungsbedarf" für derlei Projekte in Aussicht stellt, bilden einen ergänzenden Hintergrund. Ich muss bekennen, dass es ein entsprechend ausgestaltetes, ganzheitliches Projekt dieser Art in unserem Unternehmen bisher noch nicht in der praktischen Durchführung gibt.

Allerdings arbeiten wir zusammen mit der Stadt Bochum und mit privaten Trägern mit großer Intensität daran, dass für ein sich immer stärker als Problemgebiet erweisendes Quartier, nämlich die Universitätsrahmenstadt "Hustadt", die Rahmenbedingungen eines entsprechenden Programms geschaffen werden. Dieses Quartier wurde Ende der 60er-Jahre, zusammen mit der Ruhr Universität als Wohnstandort mit dem Kern einer Großsiedlung und einem umgebenden Ring von Einfamilienhäusern konzipiert und zeigt zunehmende Erosionserscheinungen. Inzwischen verlassen - unter dem Druck der viel diskutierten Ausgleichsabgabe - auch viele Haushalte mit mittlerem Einkommen das Quartier und werden durch Nachbarschaften mit zunehmender Überfremdung durch Zuzug einer schwierigen Klientel aus unterschiedlichen Ländern ersetzt. Als erster Schritt mit Signalwirkung ist nun endlich die Abschaffung der Ausgleichsabgabe im Benehmen mit der Stadt erreicht worden und die Gespräche mit dem Land zur Aufnahme in das beschriebene Programm laufen erfolgreich, während parallel eine Basis für Gespräche mit allen verantwortlichen Akteuren vor Ort, insbesondere dem Mieterbeirat und den unterschiedlichen Trägern, geschaffen werden konnte. Wir sind zurzeit dabei, das entsprechende Gesamtmaßnahmenprogramm und eine Organisations- und Steuerungsstruktur für das Projekt zu erarbeiten. Dies schließt ausdrücklich Maßnahmen zur Schaffung lokaler Beschäftigung ein. Lassen Sie mich dabei einen Ansatz noch in Kürze erwähnen, der in der Sprache der Baubürokratie mit dem Thema "Zweckentfremdung" zu tun hat. Wir bemühen uns, zusammen mit der Bauverwaltung der Stadt Bochum, zunächst exemplarisch einige leer stehende Wohnungen in der Hustadt in Büros für Existenzgründer aus dem Dienstleistungsbereich umzuwandeln. Trotz des Vorhandenseins eines Technologiezentrums an der Ruhr Universität und der Fachhochschule sehen wir hier durchaus eine Lücke, weil frühe Existenzgründungen schon in der Phase des Studiums die sehr hohen Mieten im Technologiezentrum nicht zu tragen in der Lage sind.

Allerdings hält der Genehmigungsprozess derartiger Umnutzungen durch die Bauordnung noch eine Fülle von Hürden bereit, die selbst mich als mit kommunaler Bürokratie durchaus vertrautem Akteur in Überraschung versetzen. Gleichwohl bin ich zuversichtlich, auf diesem Feld bald Erfolge vermelden zu können. Da aber insgesamt die Hustadt als ganzheitliches Projekt zur Stabilisierung von Quartieren noch nicht weit genug gediehen ist, möchte ich an dieser Stelle auf das Beispiel der Viterra in Essen-Katernberg verweisen, das in den Projektunterlagen sehr differenziert erläutert und beschrieben wird (vgl. Abb. 17, 18, 19, 20, 21, 22). Die Viterra hält hier von den knapp 9 000 Wohnungseinheiten im Stadtteil knapp die Hälfte und hat seit längerer Zeit zusammen mit den verantwortlichen Akteuren im Stadtteil ein Modellprojekt sehr komplexen Inhalts entwickelt. Herr Odendahl von der Viterra, sowie Frau Neuhaus und Herr Preis von der ISSAB, die als Institut der Universität Essen dieses Projekt betreuen, sind anwesend und können in der Diskussion vertiefende Erläuterungen geben.

Ich will an dieser Stelle keine inhaltliche Kommentierung vornehmen, sondern nur den aus meiner Sicht sehr wichtigen Hinweis geben, dass die Moderation und Steuerung derartiger Prozesse als Erfolgsfaktor keineswegs unterschätzt werden darf, um eine positive Kräftebündelung im Quartier sicherzustellen.


Thesen zur Reaktivierung städtischer Wohnungspolitik

Lassen Sie mich die Ergebnisse meines Vortrages zum Abschluss in 7 Thesen zusammenfassen (vgl. Folie 24):

These 1: Nicht Objekte sondern Konzepte fördern

These 2: Veränderung als Chance - zurück zum Gemeinwohl

These 3: Aktivieren statt beglücken

These 4: Nachfrage fördern, nicht Ideologien

These 5: Packt die Investoren bei ihren Interessen, aber bindet sie nicht

These 6: Fördert, fordert, aber administriert nicht

These 7: Prozessmanagement ist Erfolgsfaktor

Ich verzichte bewusst darauf, diese Thesen nochmals zu interpretieren, weil dies nur zu Wiederholungen führen würde. Festzuhalten bleibt aber, dass in den enormen wohnungswirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen unsere Branche steht, auch große Chancen für eine umfassende Qualitätsinnovation der Wohnungspolitik wie auch der damit verbundenen beschäftigungspolitischen Perspektiven erkennbar werden. Lassen Sie uns diese Chancen in einem offenen Dialog aller Akteure zügig nutzen. Wir haben - jedenfalls in unserer Region - keine Zeit zu verlieren.


  
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