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Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
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Übergang Schule - Beruf und Interkulturelle Arbeit - Projekt INKOMM - Projektzentrum Interkulturelle Kommunikation in München

Markus Nau,
Beratungsdienste der AWO München

Ich bin heute hier, um Ihnen ein Projekt vorzustellen: "Jump into Jobs". Es wird durchgeführt von INKOMM, Projektzentrum Interkulturelle Kommunikation. INKOMM ist eine Einrichtung der Beratungsdienste der Arbeiterwohlfahrt in München und besteht in seiner jetzigen Form als Projektzentrum seit 1997. Ganz kurz noch zu INKOMM: Ziele sind die Förderung und die Integration von Migrantinnen und Migranten in München und der Aufbau der interkulturellen Kompetenz bei Jugendlichen, bei Multiplikatoren und auch die Unterstützung von Jugendlichen im Übergang von Schule und Beruf. INKOMM veranstaltet seit mehreren Jahren mit einigen Schulen in Neuhausen, einem Stadtteil von München, ein Bewerbungstraining. Hieraus hat sich das Projekt "Jump into Jobs" entwickelt. Wir haben nämlich gemerkt, dass ein einmaliges Bewerbungstraining keine wirkliche Hilfe für Jugendliche ist, die noch gar keine Orientierung haben, in welche Richtung es denn gehen soll. Das Projekt "Jump into Jobs" wird von Xenos gefördert, "Arbeiten und Leben in Vielfalt", es sind Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, der Förderanteil beträgt 45 Prozent.

Neuhausen selbst ist kein Stadtteil, der im Rahmen der Sozialen Stadt gefördert wird, es ist auch kein sozialer Brennpunkt in München. Aber man kann sagen, dass die Schülerschaft von Hauptschulen durch die Einführung der sechsstufigen Realschule in München fast nur noch aus sozial benachteiligten Jugendlichen besteht.

Ein paar Zahlen zu München: Die Stadt hat einen Migrationsanteil von 23 Prozent. An den Hauptschulen sind 51,2 Prozent Migranten, an Realschulen 18,2 Prozent. Ohne Hauptschulabschluss verließen in München im Schuljahr 2002/2003 20,3 Prozent der Migranten die Hauptschule.

Neuhausen hat einen Migrationsanteil von 21 Prozent. Die Benachteiligung bei den Jugendlichen ist letztlich an den Schultyp gebunden, den sie in Neuhausen besuchen. Dementsprechend schlecht sind auch bei den meisten Jugendlichen in Hauptschulen die Aussichten, später einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Wir kooperieren in unserem Projekt mit einer Hauptschule, der Alfons-Hauptschule, und einer Realschule. In der Hauptschule nehmen drei 8. Klassen an Maßnahmen teil, die wir über ein Schuljahr hinweg laufen lassen. Bei der Realschule konnten wir nur eine Klasse gewinnen. Das liegt aber an den unterschiedlichen Schultypen, Hauptschulen haben ja vor allem Klassenlehrer, dadurch sind sie sehr flexibel. In der Realschule mit den vielen Fachlehrern ist der Aufwand für die Koordination einfach größer und schwieriger zu bewerkstelligen.

Ziel von "Jump into Jobs" ist die Erhöhung des Anteils von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Ausbildungsquote. Dies wollen wir mit kleineren Teilzielen erreichen. Wir setzen mit unseren Maßnahmen bei den Jugendlichen an. Wir wollen bei diesen zum einen die Kenntnis über das Berufsspektrum erweitern und arbeiten dabei auch sehr eng mit der Agentur für Arbeit zusammen. Zum anderen geht es einfach darum, ein Bewusstsein für die Berufswahl zu schaffen, einmal gezielt zu fragen, welche Interessen bei den Jugendlichen vorhanden sind, welche Berufe für sie in Frage kommen, eine Utopie zu entwickeln und diese abzugleichen mit den Möglichkeiten, die ihnen ihr Schulabschluss bietet. Wir möchten auch die Kommunikationsfähigkeit bei den Jugendlichen erweitern. Das ist ein sehr zentraler Punkt bei unseren Trainings, gerade im Hinblick auf die Betriebspraktika. Wir haben nämlich gemerkt, dass viele Jugendliche sehr frustriert aus dem Praktikum zurückkommen, weil ihre Bedürfnisse in keiner Weise berücksichtigt worden sind. Wir arbeiten auch daran, dass sie in möglichen Konflikten ihre Bedürfnisse artikulieren können, dass sie den Mut haben, mit ihren 15 oder 16 Jahren gegenüber einem gestandenen Ausbilder ihre Bedürfnisse so "herüberzubringen", dass auch der Ausbilder für sich selber daraus Schlüsse ziehen kann. Darüber hinaus geht es uns auch ganz stark darum, bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund eben diesen Migrationshintergrund als Ressource zu entdecken.

Wir arbeiten daran, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Mechanismen von Diskriminierung und Rassismus in der Gesellschaft herrschen, ebenso ein Bewusstsein für unterschiedliche mögliche Kommunikationsstile. Und wir arbeiten im Bereich der Elternarbeit ganz intensiv mit den Schulen zusammen. Wir versuchen, gerade die Eltern für den Bereich Übergang Schule - Beruf mit an die Schulen zu bekommen - kein leichtes Unterfangen! Überhaupt die Elternebene: Gerade Eltern mit Migrationshintergrund haben, wie wir feststellen mussten, oftmals wenig Wissen über das Schulsystem und über das Ausbildungssystem. Hier möchten wir Wissen vermitteln und die Eltern motivieren, sich an der Berufsorientierung ihrer Kinder aktiv zu beteiligen. Dabei ist es schwierig, Eltern über Informationsveranstaltungen hinaus zu motivieren. Wir sind jetzt dabei, Angebote in türkischer und serbokroatischer Sprache zu machen, und werden uns langsam an die Eltern herantasten. Man muss in diesem Bereich einfach Geduld haben. Außerdem geht es noch darum, die interkulturelle Kompetenz der Eltern zu stärken und zu nutzen. Sie können mit ihren Kindern über Erfahrungen sprechen, die sie selbst im deutschen Schulsystem hatten, darüber, welche Probleme sie aus ihrer Migrationssicht hatten, und wie sie gemeinsam mit den Jugendlichen Lösungswege finden.

In das Netzwerk wollen wir natürlich auch die Betriebe im Stadtteil einbeziehen. Wir hatten das Glück, dass zu Beginn des Projektes 2003 der Bezirksausschuss Neuhausen auch die Idee hatte, in diesem Bereich etwas zu tun. Wir haben dann gemeinsam eine Azubi-Börse auf die Beine gestellt, das heißt, wir haben weit über 300 Betriebe im Stadtteil angeschrieben. Letztlich haben sich 30 Betriebe auf einer kleinen Berufsmesse den Schülerinnen und Schülern aus dem Stadtteil vorgestellt. Insgesamt nahmen 800 Schülerinnen und Schüler daran teil, die hier auch Kontakte knüpfen konnten - primär für Betriebspraktika, aber auch für Ausbildungen.

Des Weiteren wollen wir bei den Betrieben die interkulturelle Kompetenz stärken. Betriebe sollten "zuviel Ausländer" in ihrem Betrieb eben nicht mehr als Nachteil ansehen. Wir wollen auch auf unterschiedliche Kommunikationsstile hinweisen, wollen gerade im Bereich interkulturelle Konfliktlösung die Ausbilderinnen und Ausbilder schulen und fortbilden. Da es sich primär um mittelständische Unternehmen handelt, ist die Kapazität der einzelnen Betriebe nicht groß genug, dass wirklich alle Ausbilder zu den Fortbildungen kommen können. Eine Rolle spielt auch, dass es in Bayern relativ viele Ausbildungsoffensiven gibt; ein gewisser Sättigungsgrad ist zu erkennen.

Jetzt kurz zum Stand des Projektes: Wir haben Kooperationsvereinbarungen mit zwei Schulen getroffen, können also mit drei 8. Klassen und einer 9. Klasse Realschule zusammenarbeiten. Auch für nächstes Jahr wird die Kooperation durchgeführt und vertieft. Der Aufbau der Elternarbeit läuft. Wir sind auch dabei, Vereine von Migranten zu kontaktieren und sie mit einzubinden in den Aufbau des Netzwerks. Derzeit versuchen wir auch die Jugendhilfeeinrichtungen aus dem Stadtteil einzubinden - zuerst einmal am Runden Tisch, um zu schauen, was wir im Bereich Berufsorientierung zusammen machen können, wobei in Neuhausen selbst nur zwei Einrichtungen in dem Bereich arbeiten. Uns ist es ganz wichtig, z.B. Erziehungsberatungsstellen in die Kooperation einzubinden, auch weil diese eher mit den Eltern in Kontakt stehen.

Zu den Erfolgen, die wir zu verzeichnen haben, zählen die gute Zusammenarbeit mit den Schulen, das Engagement der Lehrer, die Absprache mit diesen z.B. hinsichtlich des Curriculums und unseres Angebotes an Maßnahmen. Die Azubi-Börse verzeichnen wir als großen Erfolg, weil sie nächstes Jahr wiederholt werden soll. Wir erhalten auch aus anderen Stadtteilen von München viele Anfragen zu unserem Projekt, etwa ob wir nicht mit anderen Schulen zusammenarbeiten wollen. Das ist aber von der Kapazität des Projektes her leider nicht möglich. Ein Erfolg ist vor allem, dass die Jugendlichen die Angebote sehr gut annehmen und wir das Gefühl haben, dass wir nachhaltig wirken. Es ist offensichtlich, dass die Angebote, die Maßnahmen, die wir machen, aufeinander aufbauen, und wir merken, dass die Jugendlichen gerade im Bereich der Kommunikation gestärkt sind, immer mehr aus sich herausgehen und in dem Bereich auch mehr fordern. Eben in diesem Bereich wollen sie mehr Übungen haben, fordern sie mehr Maßnahmen.

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