soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

Beispiel: Stadtteilgenossenschaft Wedding für wohnortnahe Dienstleistungen e.G.

Berlin - Bezirk Mitte, Ortsteil Wedding

Projektbeschreibung

Im Oktober 2000 wurde die Stadtteilgenossenschaft Wedding für wohnortnahe Dienstleistungen e.G. auf Initiative des "Vereins Kommunales Forum Wedding e.V." gegründet; im März 2001 hat sie ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen. Die Genossenschaft ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das sich im Eigentum seiner Mitglieder befindet, die zugleich Anteilseigner, Entscheidungsträger und Leistungsabnehmer sowie Nutznießer gemeinsamer Tätigkeiten sind. Die Gründungsmitglieder - Bewohnerinnen und Bewohner, Arbeitslose sowie Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen und des lokalen Gewerbes - wollen damit einen Beitrag zur Überwindung der hohen Dauerarbeitslosigkeit (rund 20 Prozent) im Ortsteil Wedding leisten und der wirtschaftlichen und sozialen Abwärtsspirale in ihrem Quartier Sparrplatz/Sprengelkiez entgegenwirken. Neue wirtschaftliche Perspektiven sollen entwickelt und zugleich der soziale Zusammenhalt im Stadtteil verbessert werden.

Fotos: Willy Achter, Berlin

Ziele der Stadtteilgenossenschaft Wedding sind:

  • die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb,
  • die Entwicklung und Durchführung von beschäftigungswirksamen sozialen, kulturellen und ökologischen Projekten und Dienstleistungen,
  • die Förderung des lokalen Gewerbes,
  • die Schaffung individuell angepasster Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose sowie
  • die Verbesserung der Lebensqualität und des interkulturellen Zusammenlebens im Stadtteil.

Das Unternehmen ist aufgrund seines ausgeprägten Stadtteilbezugs eine Mischung aus verschiedenen Genossenschaftstypen. Es ermöglicht die Beteiligung der Bewohnerschaft, von lokalen Unternehmen, Existenzgründerinnen und -gründern, Institutionen und gemeinnützigen Organisationen in drei Geschäftsbereichen: Der Bereich "Handwerkliche Dienstleistungen" umfasst Maler- und Lackiererarbeiten, kleinere Reparaturen, Entrümpelungen und Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung. Der Geschäftsbereich "Soziale Dienstleistungen" befindet sich noch im Aufbau; er soll personen- und objektbezogene Dienstleistungen umfassen (unter anderem Conciergedienste). Die ebenfalls geplante "Dienstleistungsagentur" soll in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen unter anderem die gegenseitige Auftragsvermittlung sowie gemeinsame Angebote und die Auftragsdurchführung koordinieren. Dies soll den Austausch von Waren und Dienstleistungen untereinander fördern und den Umsatz durch den Aufbau eines stabilen Kundenkreises steigern.

Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft erfordert einen Geschäftsanteil von 50 Euro. Mitgliedsbetriebe und die Beschäftigten müssen weitere Pflichtanteile zeichnen. Beitreten können alle Interessierten; die Stadtteilgenossenschaft umfasst heute 73 Mitglieder, zu denen zwölf Mitgliedsbetriebe und gemeinnützige Organisationen gehören. Die Rechtsform der Genossenschaft basiert auf den Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Eigenverantwortung. Dabei kann die Verknüpfung von privatwirtschaftlichen und gemeinwohlorientierten Zielen mit Ausrichtung auf den Stadtteil als innovativer Ansatz betrachtet werden, in dem Erwerbs- und ehrenamtliche Arbeit zur Lösung der lokalen Probleme zusammengefasst werden. Bilanzüberschüsse aus dem gewerblichen Bereich werden dabei nicht an Genossenschaftsmitglieder ausgeschüttet, sondern dienen dem Aufbau neuer Geschäftsbereiche.

Der Stammbetrieb bietet als Meisterbetrieb ausgehend vom Quartier Sparrplatz handwerkliche Dienstleistungen in den Gewerken Maler und Lackierer sowie Elektrotechnik an. Zusätzlich zur Stammbelegschaft sollen weitere überwiegend Langzeitarbeitslose aus dem Bezirk eingestellt werden, um ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Zudem trägt die Genossenschaft zur Sicherung der Beschäftigungsverhältnisse in den Mitgliedbetrieben bei. Alle Genossenschaftsmitglieder können Dienstleistungen und Waren der Genossenschaft preisgünstiger in Anspruch nehmen und haben einen Einfluss auf die Qualität der Dienstleistungen. Kooperationspartner wie das lokale Gewerbe bringen eigene Dienstleistungen ein, vermitteln Aufträge oder helfen mit, neue Geschäftsbereiche zu entwickeln. Kunden, die nicht Genossenschaftsmitglieder sind, können Dienstleistungen zu marktüblichen Preisen in Anspruch nehmen. Die Vielfalt der Strategie- und Arbeitsansätze erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Genossenschaftsorganisation ("Lernendes System").

Die Stadtteilgenossenschaft nimmt im Quartier vielfältige Funktionen wahr: als Informationsagentur für das "genossenschaftliche Leben", als Anbieterin eigener Leistungen, als Kooperationspartnerin für Organisationen und Institutionen, als Auftragsvermittlerin und Kooperationspartnerin für lokale Betriebe, als Arbeitgeberin im Stadtteil sowie als gesellschaftspolitische Akteurin im Quartier und Bezirk.

Good-Practice-Begründung

Die Zusammenführung gewerblicher und ehrenamtlicher Arbeit in ein Genossenschaftsprinzip mit Gebiets- und damit lebensweltlichem Bezug ist ein innovativer Ansatz in der Stadtteilentwicklung. Durch die gezielte Unterstützung und Ausweitung der lokalen Ökonomie inklusive Schaffung neuer Arbeitsplätze in verschiedenen Tätigkeitsfeldern sowie die damit einhergehende Wiedereingliederung von (Langzeit-)Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt wird ein Beitrag zum Aufbau langfristig selbsttragender Strukturen im Stadtteil geleistet. Genossenschaftsmitglieder können ihre eigenen Interessen in die Gestaltung und Weiterentwicklung der Genossenschaft einbringen; sie haben damit gleichberechtigte Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Der gebietsbezogene Arbeitsansatz der Stadtteilgenossenschaft funktioniert nur durch die Kooperation unterschiedlicher Akteure, zu denen die Quartiersbevölkerung, lokale Gewerbetreibende sowie verschiedene (gemeinnützige) Organisationen und Institutionen gehören. Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Quartiermanagement Sparrplatz ein.

Projektträger und Beteiligte


  • Stadtteilgenossenschaft Wedding für wohnortnahe Dienstleistungen e.G. (Projektträger)
  • 73 Genossenschaftsmitglieder,
    davon 12 Mitgliedsbetriebe und gemeinnützige Organisationen
    • Architekturbüro Hertfelder
    • Formativa (Web-Design, Multimedia)
    • Kommunales Forum Wedding e.V. (Stadtteilverein, Arbeit und Nachbarschaft)
    • Kurt Friedrich / Meusinger (Sanitäranlagen, Gas- Wasserinstallation)
    • Kurierdienst Weniger (Kurierdienste, Kleintarnsporte, Entrümpelung)
    • Mpr Unternehmensberatung
    • ProMaxx gGmbH (Arbeitsangebote für Jugendliche im Baubereich)
    • Plan& Bau GmbH (Generalübernahme von allen Bauleistungen)
    • R.Menschick (Grafik-Design)
    • Th. Waldhubel (Organisationsberatung)
    • Unternehmen Leipnitz (Holz- und Bautenschutz)
    • Wohltätigkeitsverein AL-BADDAWI (Arabischer Wohltätigkeitsverein)

Zielgruppen


  • Quartiersbevölkerung
  • Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger
  • (Langzeit-)Arbeitslose
  • Initiativen und Vereine
  • (gemeinnützige) Institutionen und Organisationen
  • Unternehmen und Gewerbebetriebe
  • Existenzgründer

Projektkosten und Finanzierung


  • Bund-Länder-Programm Soziale Stadt
  • EU-Mittel:
    • EFRE im Rahmen von Wohnumfeldmaßnahmen
    • Equal Credit: Existenzgründungsdarlehen
  • Bundesanstalt für Arbeit (Mittel nach AFG/SGB III): personenbezogene Finanzierungszuschüsse für die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt
  • Gewerbliche Einnahmen aus Genossenschaftsbetrieben
  • Bankkredite
  • Private Mittel (unter anderem Genossenschaftsbeiträge)

Laufzeit


  • Seit 18.10.2000

Weitere Informationen


  • Eigenverantwortung für Lebensqualität im Kiez, in: Nord Berliner, 26.10.2000, S. 10
  • Handwerker gründen Genossenschaft, in: Berliner Zeitung, 4./5.11.2000, S. 27
  • Miteinander&Füreinander, in: Berliner Briefe, Nachrichten der Lokalen Agenda 21, Mai 2001, S. 7
  • Mehrere Ausgaben der Stadtteilzeitung "Der Kiezbote"; in jeder Ausgabe wird über die Stadtteilgenossenschaft berichtet
  • Stadtteilgenossenschaft Wedding für wohnortnahe Dienstleistungen, in: Punkt. Das Magazin für den EU-Arbeitsmarkt und die Förderung durch den Europäischen Sozialfond, Rubrik: Projekte in Berlin, S. 13
  • www.stagewedding.de
  • Beschreibung in der Soziale-Stadt-Projektdatenbank

Ansprechpartnerinnen und -partner

Projektebene

Kommunalebene

Willy Achter
Thomas Müller

Stadtteilgenossenschaft Wedding
für wohnortnahe Dienstleistungen e.G.
Torfstraße 11, 13353 Berlin
E-Mail:
Telefon: +49 (0)30/45490444
Telefax: +49 (0)30/4949-0445

Petra Patz-Drüke, Gebietsbeauftragte
Kerstin Rietz, Gebietsbeauftragte

Bezirksamt Mitte von Berlin
Pressestelle/Standort Tiergarten
13341 Berlin
E-Mail:
Telefon: +49 (0)30/45753749
Telefax: +49 (0)130/45753355

Stand: 2003



  
 

Quelle: Deutsches Institut für Urbanistik: Good Practice in Altbau- und gemischten Quartieren. Eine Analyse im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt", Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt Bd. 10, Berlin, 2003

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