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Im Grunde sind dies die Kernfragen der Sozialen Stadt. Wir haben Sie zu unserem Kongress eingeladen, weil wir mit Ihnen bilanzieren wollen, weil wir mit Ihnen über das weitere Vorgehen sprechen wollen. Ich freue mich umso mehr, dass Sie so zahlreich zu diesem Kongress gekommen sind. Mir zeigt dies: die Frage, wie es in unseren Städten weitergeht, treibt die Menschen um, aber sie treibt auch die Menschen an. Ich glaube, Sie sind dafür der sichtbare Ausdruck. Die Frage betrifft aus meiner Sicht alle Gebietskörperschaften. Sie ist für uns als Bundesregierung eine Kernfrage der aktiven politischen Gestaltung. Anders ausgedrückt: wir wollen und wir werden unsere Gesellschaft nicht dem Laisser-faire überlassen. Unsere Städte müssen sich stattdessen zu einem Chancenpool entwickeln, müssen wirklich gleiche Chancen für alle Menschen ermöglichen. Faktisch geht es darum, unsere öffentliche Verantwortung zu definieren. Aber es geht auch darum, die Weichen so zu stellen, dass privates Engagement auch in Zukunft möglich ist und auch sinnvoll eingesetzt wird. Die Ziele sind schnell formuliert: Wir brauchen in den Städten bezahlbaren Wohnraum, ausreichend Raum für Bildung, Sport und Kultur. Wir brauchen für unsere Städte die Wirtschaftskraft der privaten Unternehmen, wir brauchen die Lebensqualität in den Stadtteilen und wir brauchen Verkehrswege für städtische Mobilität. Wenn dies alles zusammenkommt und vor allem zusammenhält, dann wird die Stadt zur sozialen Stadt. Und deswegen ist auch die Frage der Lebensqualität der Städte nur die eine Seite der Medaille; auf der anderen Seite steht dann die Frage der Standortqualität. Ich will heute hier drei Grundsätze ansprechen, für die die Bundesregierung besondere Verantwortung trägt. Erstens: Bezahlbarer Wohnraum ist keine Frage, die wir dem freien Spiel der Kräfte überlassen wollen. Nicht jede Familie kann mit eigenem Einkommen die Kosten für die Wohnung aufbringen. Dies gilt insbesondere für städtische Ballungszentren. Hier war über zehn Jahre nicht gehandelt worden. In der Folge entstand in einzelnen Teilen unseres Landes eine neue Wohnungsarmut. Deswegen haben wir gehandelt und haben in einem ersten Schritt das Wohngeld deutlich erhöht. Im zweiten Schritt haben wir die seit langem anstehende Reform des sozialen Wohnungsbaus vorangebracht. Die neue Form der sozialen Wohnraumförderung ist effizient, und sie ist im Interesse der Länder und Kommunen. Zweitens: Wir wollen die Städte wirtschaftlich mit gezielter Strukturförderung unterstützen. Hierzu gehört die Städtebauförderung, aber auch etwas, das in den neuen Bundesländern für ganz besondere Herausforderungen gesorgt hat. Wir geben jetzt die Antwort mit dem Stadtumbauprogramm Ost und mit einer massiven finanziellen Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs. In der Bilanz können wir festhalten: Unsere Investitionen für die Städte haben sich seit 1998 verdoppelt, eine nicht eben einfache Anstrengung angesichts der Haushaltskonsolidierung, aber eine überaus sinnvolle. Wir haben die Mittel für den ÖPNV in vier Jahren um 600 Millionen Euro angehoben - zurecht, denn täglich nutzen 26 Millionen Menschen Busse und Bahnen im öffentlichen Personennahverkehr. Andernfalls würden 18,5 Millionen motorisierte Wege täglich in den Städten zusätzlich anfallen. Wir wollen uns dies nicht vorstellen; deswegen wird auch zukünftig der ÖPNV dauerhaft weiter gefördert. Drittens: Es gibt in den Städten sozial gefährdete Stadtteile und Nachbarschaften, denen wir helfen wollen, von der Rutschbahn nach unten wegzukommen und sich wieder zu stabilisieren. Dies ist der Kern unseres Programms Soziale Stadt. 249 Maßnahmen in 184 Städten und Gemeinden werden durch dieses Programm gefördert, und die Wirkungen zeigen sich schon mit dem Beginn der Maßnahme. Hieran werden wir weiter konkret arbeiten. Wir wollen damit erreichen, dass sozialer Zusammenhalt in unseren Städten auch zukünftig möglich bleibt. Zusammenhalt heißt auch, Verantwortung zu übernehmen für jeden Einzelnen und durch jeden Einzelnen. Ich meine, die Ereignisse in Erfurt sind auch in diesem Kontext zu sehen und sie sind ein warnendes Signal. Keiner kann seine Verantwortung abgeben oder delegieren. Ich möchte ganz deutlich unterstreichen: wo es nicht gelingt, Zusammenhalt zu sichern, hat dies erhebliche negative Rückwirkungen. In den Kontext einer Politik, die auf die Menschen zugeht, gehört auch, dass wir das existenzielle Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit ernst nehmen. Dies ist auch ein Grund, warum die Bundesregierung, insbesondere mein Kollege Otto Schily, hier klare Kante zeigt. Und ich will auch in diesem Zusammenhang der Sozialen Stadt eine Politik, in der wir mit aller Entschiedenheit die Zuwanderungsfrage regeln, indem wir begrenzen und steuern, denn ungesteuerte Zuwanderung zerstört den Zusammenhalt. Wir bleiben in dieser Frage konsequent, und das heißt: Begrenzung, Steuerung, aber auch Integration mit allen Folgewirkungen. Viele von Ihnen wirken konkret und sehr aktiv an der Politik für die Soziale Stadt mit. Ohne Ihre Mitarbeit, ohne Ihr Engagement und das Engagement der Gebietskörperschaften, der Kommunen und Länder, aber auch der Unternehmen, der Verbände und Vereine wäre eine solche Stadtpolitik, eine soziale Stadtpolitik nicht möglich. Wir wollen diese Politik mit Ihnen fortführen. Deswegen bin ich auch sehr froh über den Investitionsbericht Infrastruktur, den wir im Kabinett vor wenigen Wochen beschlossen haben. Wir haben damit deutlich gemacht, dass wir das Engagement zur Stärkung der städtischen Infrastruktur auch zukünftig fortsetzen wollen. Dies gilt ebenso für unsere Politik, mit der wir die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum fördern wollen. Das bedeutet Verlässlichkeit und Plansicherheit. Denn eins ist sicher: öffentliche Armut bei privatem Reichtum kann sich nur der wirklich Reiche erlauben. Die soziale Stadt gäbe es dann nicht, Ghettoisierung und Verfall von Infrastruktur wären die Folge. Deswegen gilt: so wie wir als Bundesregierung unsere Investitionen fortführen wollen, so muss dies auch für die Kommunen gelten. Und auch hier ist eine klare Aussage getroffen worden. In der nächsten Legislaturperiode steht die Reform der Gemeindefinanzen auf der Tagesordnung. Ziel ist es, den Kommunen wieder eine verfassungskonforme und wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle zu schaffen, eine wichtige Voraussetzung auch, um als Kommunen investiv tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund geht es auf diesem Kongress tatsächlich nicht nur um das Bilanzieren. Wir werden auch Schlussfolgerungen ziehen und über konkrete weitere Schritte gemeinsam beraten. Ich bin Ihnen, Herr Bundeskanzler, sehr dankbar, dass Sie diese Politik für die Soziale Stadt auch durch Ihr ganz persönliches Engagement ermöglichen, immer wieder gefördert und unterstützt haben. Ich weiß, dass Sie heute unter großem Zeitdruck sind. Umso mehr freue ich mich, dass Sie trotz Ihrer nachfolgenden Gespräche mit der Europäischen Kommission heute auf diesem Kongress zu uns sprechen. Ich danke Ihnen dafür ganz herzlich. |
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Quelle: Kongress Die Soziale Stadt - Zusammenhalt Sicherheit, Zukunft, Dokumentation der Veranstaltung am 7. und 8. Mai 2002 in Berlin, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin, November 2002 |