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Auch in den Städten und Gemeinden ist die grundlegende Bedeutung von Aktivierung und Beteiligung unstrittig. Allerdings gibt es - ähnlich wie beim Quartiermanagement - ein von Kommune zu Kommune teilweise sehr unterschiedliches Verständnis davon, was Aktivierung und Beteiligung im Einzelnen bedeuten oder mit welchen Techniken und mit welchen Zielen wer durch wen zu aktivieren oder zu beteiligen sei. Oftmals wird darauf hingewiesen, man könne Aktivierung und Beteiligung nicht voneinander trennen, da Aktivierung immer beteiligend wirke und alle Beteiligungsformen zugleich aktivierenden Charakter haben. Betrachtet man allerdings die Arbeit vor Ort, lässt sich feststellen, dass viele Kommunen zwar herkömmliche, top-down initiierte Beteiligungsmöglichkeiten anbieten und sich davon Aktivierungseffekte erhoffen, dann aber feststellen müssen, dass die angebotenen Beteiligungsgremien nur in geringem Maße oder gar nicht von der Quartiersbevölkerung genutzt werden. Deshalb ist es wichtig, den Aktivierungsaspekt gesondert zu betrachten (1).
Aktivierung ist unter anderem auch zentraler Bestandteil von Stadtteilbezogener Sozialer Arbeit und Gemeinwesenarbeit (GWA): "Stadtteilbezogene Arbeit in der Tradition von GWA bezeichnet einen projekt- und themenunspezifischen Prozess einer (in der Regel) mehrjährigen Aktivierung der Wohnbevölkerung, der zwar einzelne Leuchtturmprojekte nicht ausschließt, sich jedoch vornehmlich über eine Vielzahl kleinerer Aktivierungsaktionen darauf richtet, anhand direkt geäußerter und durchaus häufig wechselnder Interessen der Wohnbevölkerung gleichsam eine ,Grundmobilisierung' eines Wohnquartiers zu bewirken, die dann den Humus für größere Einzelprojekte darstellt." (2) Würden dagegen Strategien zur Stadtteilentwicklung ohne eine solche "Mobilisierung" der betroffenen Bevölkerung umgesetzt, hätte dies geringere Wirkungen auf das Gemeinwesen und damit nur wenige Effekte in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung eines Quartiers. Es gehe also darum, "kollektive Aspekte individueller Betroffenheit zu organisieren, Menschen an einen Tisch zu bringen, Nachbarschaften zu stärken, lokale Potentiale zu mobilisieren - schlagwortartig gesagt: um Kommunikation, Ideenproduktion sowie Organisation von Menschen und Ressourcen", um "an vorhandene Interessen, Aktivitäten und Bedürfnislagen anzuknüpfen und diese für das Zusammenleben im Gemeinwesen nutzbar zu machen." Wesentliche Prinzipien stadtteilbezogener sozialer Arbeit sind daher auch die Bedürfnisorientierung - das heißt die Frage "Was wollt ihr?" anstelle der Frage "Was braucht ihr?" - sowie die Nutzung der im Stadtteil/Quartier bereits vorhandenen Ressourcen. "Wer Menschen befähigen will, den eigenen Möglichkeitsraum zu erweitern, muss innerhalb ihrer Lebenswelt agieren." (3)
Vor diesem Hintergrund lassen sich unter Aktivierung alle Techniken verstehen, mit denen einzelne Personen oder Personengruppen im Quartier angesprochen und in Kommunikation (miteinander) gebracht werden können. Zu den Zielen von Aktivierung gehört es, Kontakt zu Quartiersbewohnerinnen und -bewohnern aufzunehmen und zu pflegen, die in deren Lebenswelt erfahrbaren Probleme zu identifizieren und die Mitwirkungsbereitschaft Einzelner bei der Stadtteilentwicklung zu wecken und zu erfragen. Es handelt sich demnach in erster Linie um projektunspezifische, vergleichsweise informelle und zu einem großen Teil aufsuchende Vorgehensweisen: aktivierende Befragungen, Beratungsangebote, aufsuchende Arbeit, Streetwork, Vernetzung von und Vermittlung zwischen einzelnen Akteuren, Institutionen und Organisationen, Schlichtung von Interessenkonflikten (Mediation), Organisation von Versammlungen, (Stadtteil-)Festen, Veranstaltungen und Aktionen, Gebiets- und Gebäudebegehungen, Informationsangebote und -veranstaltungen. Auch quartiersbezogene Öffentlichkeitsarbeit über (mehrsprachige) Stadtteilzeitungen, Plakate, Flyer, Broschüren, Rundbriefe, Internetangebote sowie den Einsatz von Logos und Slogans ist Teil der Aktivierungsarbeit (4).
Beteiligung setzt dagegen meist auf einer eher formalen Ebene an und basiert auf mehr oder weniger geplanten Verfahren (konkretes Programm, bestimmter Ort, moderierter Ablauf) sowie vergleichsweise konkreten Zielvorstellungen (z.B. Diskussion zu bestimmten Themen, Entwicklung von Projekten, Vertretung von Gruppeninteressen). Zu solchen Beteiligungsformen gehören Stadtteilkonferenzen, Stadtteil- oder Bürgerforen, Zukunftswerkstätten, Bürgergutachten, thematische Arbeitskreise oder -gruppen, Workshops und beteiligungsorientierte Projekte.
Bei Aktivierung und Beteiligung geht es nicht um den Anspruch, möglichst alle Einzelpersonen erreichen zu müssen (die Entscheidung Einzelner, sich nicht aktivieren oder beteiligen zu lassen, sollte respektiert werden). Dies darf allerdings nicht bedeuten, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen von vornherein ausgeschlossen werden, weil keine ihren Fähigkeiten und Interessen entsprechenden Ansprache- und Beteiligungsmöglichkeiten angeboten werden und sie sich damit gar nicht erst einbringen können.
(1) Vgl. auch: Thomas Franke, Aktivierung und Beteiligung im Rahmen des Programms "Soziale Stadt", in: Soziale Stadt info, Nr. 7 (2002), S. 2-6.
(2) Hierzu und zum Folgenden: Wolfgang Hinte, Bewohner ermutigen, aktivieren, organisieren. Methoden und Strukturen für ein effektives Quartiermanagement: http://www.stadtteilarbeit.de/Seiten/Theorie/Hinte/Quartiermanagement.htm (Stand 9/2001).
(3) Maria Lüttringhaus, Förderung von Partizipation durch integrierte Kommunalpolitik: http://www.stadtteilarbeit.de/Seiten/Theorie/Luettringhaus/Buergerbeteiligung.htm (Stand 9/2001).
(4) Vgl. Marion Mohrlock, Michaela Neubauer, Rainer Neubauer und Walter Schönfelder, Let’s Organize! Gemeinwesenarbeit und Community Organization im Vergleich, München 1993, S. 223 f. (Reihe Gemeinwesenarbeit, AG SPAK Bücher M 113).