soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

Impulsreferat in der Arbeitsgruppe 8:

Christa Böhme, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin


1. Querschnittsorientierung integrierter Stadtteilentwicklung
2. Umsetzung des Programms in München
  2.1 Bereichsorientierte Handlungsfelder
  2.2 Querschnittsorientierte Handlungsfelder
3. Vernetzung von Handlungsfeldern

1. Querschnittsorientierung integrierter Stadtteilentwicklung

Problemlagen und Handlungserfordernisse in den "Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf" weisen weit über baulich-räumliche Aufgaben und entsprechende Lösungen hinaus und erfordern eine integrierte Stadtteilentwicklung. Deren wesentliches Merkmal ist die Querschnittsorientierung, da hier - anders als bei der traditionellen Stadterneuerung - sozial-, beschäftigungs-, bildungs-, umwelt- und kulturpolitische sowie wohnungswirtschaftliche Anforderungen gleichberechtigt neben baulich-städtebaulichen Aufgaben stehen. Alle diese Fachbelange und Handlungsfelder sind unter besonderer Berücksichtigung nicht-investiver Maßnahmen auf Grundlage eines Integrierten Handlungskonzeptes zu berücksichtigen und zu vernetzen. Von integrierter Stadtteilentwicklung kann dann gesprochen werden, wenn alle zur Lösung der Probleme notwendigen Handlungsfelder einbezogen und miteinander verknüpft werden.


2. Zentrale Handlungsfelder

Handlungsfelder können als Konkretisierung der Leitziele integrierter Stadtteilentwicklung verstanden werden. Sie stehen damit zwischen der Zielebene und jener der konkreten Maßnahmen. Die Bestimmung der für die integrierte Stadtteilentwicklung zentralen Handlungsfelder ist daher ebenso wie die Zielformulierung und die Maßnahmenentwicklung wesentliches Element der Erarbeitung eines Integrierten Handlungskonzeptes. Dabei müssen das Handlungskonzept und seine zentralen Handlungsfelder aus dem einzelnen Stadtteil heraus entwickelt werden. Denn sie müssen an den jeweiligen Problemen, Potenzialen und Ressourcen im Gebiet anknüpfen, um die Abwärtsspirale in den benachteiligten Stadtteilen durch eine gezielte Verbesserung der Lebensbedingungen aufzuhalten. Dies bedeutet, dass die zentralen Handlungsfelder von Gebiet zu Gebiet je nach der spezifischen Situation vor Ort variieren können. Während beispielsweise in dem einen Stadtteil eher soziale Handlungsfelder im Vordergrund stehen, bilden in einem anderen Gebiet Maßnahmen aus dem Bereich Wohnen und Wohnumfeld die Handlungsschwerpunkte.

Generelle Aussagen lassen sich daher nur im Hinblick auf einen Katalog von Handlungsfeldern treffen, in denen Maßnahmen je nach der spezifischen Ausgangssituation einen mehr oder weniger großen Beitrag zur integrierten Stadtteilentwicklung leisten können. Ein solcher Katalog muss sich herleiten aus den zentralen Problemen in den Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf. Als solche zentrale Probleme, die in vielen benachteiligten Gebieten zu finden sind, können insbesondere genannt werden:

Die in dem Katalog enthaltenen Handlungsfelder müssen an diesen Problemen anknüpfen und geeignet sein, einen wesentlichen Beitrag zu deren Reduzierung zu leisten.

Der nachfolgend vorgestellte Katalog von Handlungsfeldern integrierter Stadtteilentwicklung ist ein Vorschlag des Difu, der auf den Grundlagen des Programms Soziale Stadt (ARGEBAU-Leitfaden, Anforderungen der Länder an integrierte Stadtteilentwicklung) sowie den Erfahrungen aus der Programmbegleitung - bundesweit und vor Ort in den Modellgebieten - basiert. Der Handlungsfeldkatalog wird vom Difu unter anderem im Rahmen der Projektdatenbank auf der Internetseite sozialestadt.de verwendet; er wird auch die Systematik für die gemeinsam mit "Empirica" zu erarbeitende "Good-Practice-Analyse" darstellen.

Im Folgenden werden die Handlungsfelder mit ihren Zielen und typischen Maßnahmen erläutert (1). Grundsätzlich kann dabei zwischen eher bereichsorientierten und eher querschnittsorientierten Handlungsfeldern unterschieden werden.


2.1 Bereichsorientierte Handlungsfelder

Der überwiegende Teil der zentralen Handlungsfelder integrierter Stadtteilentwicklung lässt sich im weitesten Sinn den Bereichen Ökonomie, Soziales, Bildung, Kultur, Wohnen und Ökologie zuordnen.


Wertschöpfung im Gebiet


Beschäftigung, Qualifizierung und Ausbildung


Soziale Aktivitäten und soziale Infrastruktur


Zusammenleben unterschiedlicher sozialer und ethnischer Gruppen


Gesundheitsförderung


Schulen und Bildung im Stadtteil


Stadtteilkultur


Sport und Freizeit


Lokaler Wohnungsmarkt und Wohnungswirtschaft


Wohnumfeld und öffentlicher Raum


Umwelt


Verkehr


2.2 Querschnittsorientierte Handlungsfelder

Die querschnittsorientierten Handlungsfelder beziehen sich im Gegensatz zu jenen mit Bereichsorientierung eher auf die generellen Ziele integrierter Stadtteilentwicklung:


Befähigung, Artikulation und politische Partizipation


Image und Öffentlichkeitsarbeit


Prozess- und Ergebnisevaluation, Monitoring


3. Vernetzung von Handlungsfeldern

Das Nebeneinander aller zur Lösung der Probleme notwendigen Handlungsfelder wird dem integrativen Anspruch von Stadtteilentwicklung noch nicht gerecht. Dies ist bei der Erläuterung insbesondere der Handlungsfelder "Beschäftigung, Qualifizierung und Ausbildung", "Gesundheitsförderung" und "Umwelt" bereits deutlich geworden. Erst wenn die Handlungsfelder auch miteinander verknüpft und vernetzt werden und nicht isoliert und beziehungslos nebeneinander stehen, kann von integrierter Stadtteilentwicklung gesprochen werden.

Die Vernetzung der Handlungsfelder erfolgt auf der Maßnahmen- und Projektebene und auf Basis des Integrierten Handlungskonzepts. Dabei geht es darum, Maßnahmen und Projekte so anzulegen, dass ein synergetisches Zusammenwirken unterschiedlicher Handlungsfelder entsteht, das mehr als die Summe der einzelnen Teile ergibt. Besonders häufig werden solche integrierten Projekte oder so genannten Mehrzielprojekte bislang im Handlungsfeld "Beschäftigung, Qualifizierung und Ausbildung" konzipiert. Dieses Handlungsfeld bietet hierfür zahlreiche Ansatzpunkte. Insbesondere die stärker investiven Handlungsfelder integrierter Stadtteilentwicklung, wie z.B. "Wohnumfeld und öffentlicher Raum", "Verkehr" und "Umwelt", liefern ein breites Spektrum, Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen zu verbinden: Begrünung und Neugestaltung öffentlicher und privater Freiflächen, Anlage von Spielplätzen, Gestaltung von Brachflächen, Bau von Radwegen, Entsiegelungen und vieles mehr. Aber auch nicht-investive Maßnahmen, unter anderem in den Handlungsfeldern "Soziale Aktivitäten und soziale Infrastruktur", "Stadtteilkultur" sowie "Sport und Freizeit" können mit Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten verknüpft werden, so z.B. im Bereich der Kinder- und Jugendbetreuung und der Kultur- und Sportangebote. Dabei zeitigt die Vernetzung von Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik mit anderen Handlungsfeldern integrierter Stadtteilentwicklung nicht nur spürbare Verbesserungen im Quartier; die unmittelbare Tätigkeit für den Stadtteil führt bei den an Maßnahmen und Projekten Teilnehmenden auch zu einer stärkeren Identifizierung mit ihrer Arbeit und ihrem Stadtteil.

Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen, dem Land mit der bisher längsten Tradition integrierter Stadtteilentwicklung, machen deutlich, dass integrierte Projektansätze zunächst mit hohem operativem Aufwand und viel Überzeugungsarbeit bei betroffenen Akteuren und Einrichtungen erprobt werden müssen, dass dort inzwischen aber bei den beteiligten Akteuren vielfältige Erfahrungen und eine gewisse Routine im Umgang mit integrierten Projekten vorhanden sind (3).

Voraussetzung für integrierte Projekte und damit für die Vernetzung von Handlungsfeldern sind die Einbeziehung, Koordination und Kooperation unterschiedlicher Akteure der verschiedenen Ämter der Verwaltung, von öffentlichen Einrichtungen, der freien Träger, der Vereine und Bewohnerinitiativen. Dies ist nicht immer leicht. Unterschiedliche Zielvorstellungen, Sprachen oder Befugnisse der Akteure führen zu Missverständnissen Dies erschwert die Entwicklung integrierter Projekte. Erheblicher Abstimmungsbedarf entsteht ferner durch die Notwendigkeit, verschiedene Fördermöglichkeiten auf EU-, Bundes- und Landesebene zu koordinieren bzw. zu bündeln (4).

(1) Vgl. im Folgenden insbesondere: ARGEBAU (Hrsg.), Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative "Soziale Stadt", 2. Fassung, Stand 1.3.2000; Ministerium für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. Ressortübergreifendes Handlungsprogramm der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. Düsseldorf 1998.

(2) Thomas Franke, Aktivierung und Beteiligung im Rahmen des Bund-Länder-Programms "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt". Entwurf eines Positionspapiers, Difu, September 2001 (unveröffentlicht),

(3) Marcelo Ruiz, Matthias Sauter und Klaus Austermann, Programmbegleitung vor Ort: Gelsenkirchen-Bismarck/Schalke-Nord, unveröffentlichter Zwischenbericht, Dortmund, Juli 2000, S. 21.

(4) Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Analyse der Umsetzung des integrierten Handlungsprogramms für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, 1. Aufl. Dortmund 2000, S. 29 f. (ILS; 166).


  
 

Quelle: Impulskongress Integratives Handeln für die soziale Stadtteilentwicklung, Dokumentation der Veranstaltung am 5. und 6. November 2001 in Essen (Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) in Kooperation mit Viterra, Essen), Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin, 2002

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