soziale stadt - bundestransferstelle
Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
Integrierte Entwicklungskonzepte
- Noch immer liegen nicht für alle Gebiete der Sozialen Stadt Integrierte Entwicklungskonzepte vor, und nicht alle Konzepte werden fortgeschrieben. In den Ländern, in denen in Hinblick auf die Erstellung und Fortschreibung von Integrierten Entwicklungskonzepten noch Nachholbedarf besteht, sollte stärker als bisher darauf hingewirkt werden, dass ein solches Konzept tatsächlich für jedes Gebiet ausgearbeitet und fortgeschrieben wird.
- Die inhaltlichen und verfahrensbezogenen Defizite vieler Integrierter Entwicklungskonzepte lassen es notwendig erscheinen, den Kommunen durch die Länder - soweit noch nicht vorhanden - Arbeitshilfen zur Entwicklung Integrierter Entwicklungskonzepte an die Hand zu geben. Diese sollten Hilfestellungen und Beispiele zur Erarbeitung eines solchen Konzeptes umfassen sowie die Formulierung von Qualitätsstandards einschließen, beispielsweise hinsichtlich der Konzeptbestandteile, zu beteiligender Ressorts und Fachdisziplinen, zur Zusammenarbeit zwischen Verwaltungs- und Quartiersebene, zu Beteiligungsstrategien und Modalitäten der Fortschreibung.
- Integrierte Entwicklungskonzepte sollten regelmäßig fortgeschrieben und an die aktuellen Bedingungen angepasst werden.
Maßnahmenschwerpunkte
- Neben den nach wie vor notwendigen investiven Maßnahmen und Projekten zur Verbesserung der physischen Wohn- und Lebensbedingungen, sollten verstärkt Anstrengungen zur begleitenden Umsetzung nicht-investiver Maßnahmen vor allem in den beiden Schwerpunkten "Verbesserung der individuellen Lebenschancen" (Handlungsfelder Schule und Bildung, Lokale ökonomie, Beschäftigung, Qualifizierung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und -förderung) sowie "Integration und Vernetzung" (Handlungsfelder Integration von Migrantinnen und Migranten, Nachbarschaftliches Zusammenleben, Stadtteilkultur) gefördert und umgesetzt werden.
- Bei der Formulierung von Zielen für Lokale ökonomie ist es erforderlich, - wie in der Zwischenevaluierung empfohlen - auf eine "realistische Betrachtungsweise" (BBR/IfS 2004, S. 196) zu achten, um das festgestellte Zurückbleiben hinter den Erwartungen an die Umsetzung von konkreten Maßnahmen und Projekten in diesem Handlungsfeld zu verringern. Der Schwerpunkt sollte bei der Bestandssicherung von Betrieben und Unternehmen im Quartier gesetzt werden. Gleichwohl sollten auch die Bereiche Beschäftigungsförderung, Qualifizierung und Sozialökonomie in starkem Maße berücksichtigt werden. Weiterhin erscheint es wichtig, die Effekte von Hartz IV für die Situation in den Programmgebieten zu analysieren und bei der Entwicklung von Strategien zur Förderung von Lokaler ökonomie und Beschäftigung den Blick auch auf umliegende Stadtteile und die Gesamtstadt zu richten. Schließlich sollte darauf geachtet werden, dass die Fördermittel auch direkt der Lokalen ökonomie im Quartier zu gute kommen.
Finanzierung und Mittelbündelung
- In einigen Ländern und Kommunen wird die Möglichkeit, im Rahmen des Programms Soziale Stadt auch erforderliche nicht-investive Bestandteile der städtebaulichen Gesamtmaßnahme (die investiven Maßnahmen vorbereitende und begleitende Maßnahmen) wie beispielsweise Quartiermanagement, Bewohnerbeteiligung, öffentlichkeitsarbeit und Verfügungsfonds zu fördern, noch nicht ausreichend genutzt. Diese Länder und Kommunen sollten daher entsprechende Gestaltungsspielräume stärker nutzen.
- Für die Durchführung nicht-investiver Maßnahmen und Projekte sollten jenseits des Programms Soziale Stadt andere Finanzierungsmöglichkeiten im Sinne der Mittelbündelung stärker genutzt werden.
- Für die Akteure in den Kommunen sollten von Bund und Ländern Fortbildungsveranstaltungen sowie Erfahrungsaustausch zu Fragen der Finanzierung und Förderung von nicht-investiven Maßnahmen in den Gebieten der Sozialen Stadt angeboten werden.
- Die ressortübergreifende Kooperation und Koordination sollten sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene mit besonderem Augenmerk auf die Bereiche Soziales, Bildung, Integration, Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit verstärkt bzw. wieder belebt werden.
- Aufgrund der herausragenden Bedeutung der auf die Gebietskulisse Soziale Stadt abgestellten Förderprogramme "Lokales Kapital für soziale Zwecke" (LOS) und "Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten" (E&C) wird empfohlen, bei allen relevanten Fachprogrammen auf Bundes- und Länderebene systematisch eine Förderpriorität für die Programmgebiete der Sozialen Stadt durch die zuständigen Ressorts zu prüfen.
- Voraussetzung für den Einsatz von Mitteln des LOS-Programms ist zum einen ein Lokaler Aktionsplan für das betreffende Quartier. Zum anderen sind in den Kommunen Lokale Koordinierungsstellen sowie Begleitausschüsse zur Auswahl der Projekte einzurichten. Im Sinne von Ressourcenbündelung, Synergieeffekten und einer besseren Programmkoordinierung sollte in den Kommunen geprüft werden, inwieweit diese Instrumente und Strukturen mit denen des Programms Soziale Stadt (Integriertes Entwicklungskonzept, lokales Quartiermanagement, Stadtteilforum/-konferenz, Vergabejury für Mittel des Verfügungsfonds) in Einklang gebracht werden können. Bei neuen auf die Gebiete der Sozialen Stadt ausgerichteten Förderprogrammen sowie hierfür erforderlichen Instrumenten und Strukturen sollte ebenfalls eine solche Prüfung erfolgen.
- Um die aufwändige Mittelbündelung auf kommunaler, Quartiers- und Projektebene zu erleichtern, sollten die Länder Informationsstellen einrichten, die über ministerienübergreifende Förderkenntnisse verfügen und über Möglichkeiten des Einsatzes weiterer Fördermittel in den Gebieten der Sozialen Stadt Auskunft geben.
Organisation und Management
- Im Laufe der vergangenen vier Jahre sind die zur Programmumsetzung notwendigen Organisations- und Managementstrukturen, die bereits 2002 als umfassend und komplex bezeichnet werden konnten, noch verfeinert und teilweise weiter ausgebaut worden. Dennoch - dies zeigen sämtliche Zwischenevaluierungen - ist ihre kontinuierliche überprüfung und Weiterentwicklung notwendig. Zu fragen ist unter anderem, wie diese formalen Strukturen mit "Leben" gefüllt werden, welche Qualitäten die aufgebauten Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen besitzen, wo Schwachstellen identifiziert werden können, welche Bereiche eine eher dominante Rolle mit welchen Folgen für die Gesamtstruktur einnehmen und wie das Verhältnis von Struktur und einzelnen Akteuren beschaffen ist.
- Sollen lokale Quartiermanagement-Büros ihre Aufgaben als verlässliche "Motoren" für Aktivierung, Beteiligung und Vernetzung vor Ort erfüllen, benötigen sie eine entsprechende Ressourcenausstattung in personeller wie materieller Hinsicht. Eine solche Ressourcenausstattung ist allerdings in vielen Gebieten bisher nicht gegeben, weshalb dort darüber nachgedacht werden sollte, Vertragslaufzeiten von vornherein auf mehrere Jahre anzulegen (Kontinuität als Basis für Vertrauen), die Stellenausstattung zu verbessern (überlastung vermeiden!) sowie die Stellenbesetzung an die Erfordernisse vor Ort anzupassen (z.B. erreicht eine lokale Quartiermanagerin mit einem Migrationshintergrund Bevölkerungsgruppen der gleichen Herkunft gegebenenfalls eher und besser als ein deutscher Mitarbeiter eines Quartiersbüros).
Aktivierung und Beteiligung
- Die Ergebnisse der Befragung weisen den Erfolg von Aktivierung und Beteiligung als wesentlichen Zielen des Programms Soziale Stadt nach. Mit Blick auf einzelne Zielgruppen (Migrantinnen und Migranten, Aussiedlerinnen und Aussiedler, Arbeitslose u.a.) werden jedoch Nachbesserungsbedarfe sichtbar. Neben einer weiteren Stärkung zielgruppenorientierter Aktivierungs- und Beteiligungsansätze sollten vermehrt neue Methoden mit Betonung niedrigschwelliger Angebote zum Einsatz kommen.
- Die überwiegend positive Einschätzung der Erreichbarkeit der Quartiersbevölkerung sollte zugleich die Grenzen von Aktivierung und Beteiligung offen legen und realistischere Erwartungen in den Vordergrund rücken. Projektbezogene Beteiligung an kleinteiligen Maßnahmen, zeitlich befristet und mit wechselnden Beteiligten, sollte die erfolgreich installierten quartiersbezogenen Initiativen und Netzwerke ergänzen.
- Da die Anzahl der Programmgebiete, die über ein eigenständiges Budget verfügen, noch immer vergleichsweise gering ist, sollten Verfügungsfonds verstärkt auch in den Ländern, die diesem Instrument eher zurückhaltend gegenüberstehen, als ein grundlegender Bestandteil der Maßnahmen zu Aktivierung und Beteiligung begriffen und entsprechend etabliert werden.
Verstetigung
- Die Förderung darf nicht als Bruch von heute auf morgen enden. Das Auslaufen der Förderung ist vielmehr von deren Beginn an "mitzudenken" und sorgfältig vorzubereiten. Ausstiegskriterien, -strategien und -verfahren sollten frühzeitig im Rahmen der Erarbeitung des Integrierten Entwicklungskonzepts diskutiert und festgelegt werden. Es spricht viel dafür, dass der Ausstieg als übergang in mehreren Schritten mit überprüfungsphasen hinsichtlich der Tragfähigkeit und eines abgestuften Instrumenten- und Fördermitteleinsatzes organisiert werden sollte. Dies betrifft insbesondere nicht-investive Maßnahmen, da sie in der Regel längere Zeiträume benötigen, um Wirkung zu erzielen.
- Notwendig erscheinen eine über die Förderung hinausreichende (zeitlich begrenzte) Aufrechterhaltung des (lokalen) Quartiermanagements sowie die rechtzeitige Suche nach stabilen Trägerschaften und strategischen Allianzen, um unverzichtbare Projekte, Einrichtungen und Angebote abzusichern. Zur weiteren Unterstützung und Motivation des (ehrenamtlichen) Engagements von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie lokalen Akteuren empfiehlt es sich, den Verfügungsfonds weiterzuführen. Insgesamt sollte das Auslaufen der Förderung frühzeitig offen und öffentlich zur Diskussion gestellt werden.
Monitoring und Erfolgskontrolle
- Um die Quartiersentwicklung, aber auch die Wirkung der Maßnahmen zwischen einzelnen Kommunen vergleichen zu können, sollte von Länderseite der Aufbau eines einheitlichen Monitoringsystems gefördert werden. Bei dessen Anwendung müssen zwar Ausgangslage, Verfahrens- und Programmziele, Maßnahmen und Projekte in den jeweiligen Quartieren berücksichtigt werden; mit dem Angebot einheitlicher Indikatoren könnten jedoch die Umsetzungsschwellen gesenkt und "Datenfriedhöfe" vermieden werden.
- Erfolgskontrollen, die bisher nur sporadisch durchgeführt werden, sollte in den Kommunen stärkere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Zu prüfen wäre, ob die Fördermittelvergabe an den Nachweis einer Evaluierung, die auch im neuen Artikel 104b Grundgesetz gefordert wird, geknüpft werden kann. So könnten beispielsweise Zielvereinbarungen zwischen Land und Kommune abgeschlossen werden, die auf dem Integrierten Entwicklungskonzept basieren und als Maßstab für spätere Evaluierungen dienen.
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