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Sehr geehrte Damen und Herren, die Berliner Schulen sind in einer entscheidenden Phase von Bildungsreformen. Berlin lernt aus PISA - übrigens schneller und entschiedener als viele andere Bundesländer: Im kommenden Schuljahr beginnen wir flächendeckend mit der verlässlichen Halbtagsgrundschule in Berlin, mit der rechtlichen Verlagerungen der Hortbetreuung an die Schulen, mit der Einschulung ab fünfeinhalb Jahren und mit der flexiblen Schulanfangsphase.
Unser Ziel ist klar: Wir brauchen bessere Qualität an unseren Schulen, wir brauchen aber auch mehr Chancengerechtigkeit für alle Schülerinnen und Schüler. Dazu leisten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen in den Schulen, sehr viel. Dafür sind wir Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Aber die Schulen können und sollen diese Aufgaben nicht alleine schultern. Wir wollen - ja wir müssen - die Schulen öffnen für das Engagement von Eltern und von Bürgern, für Kooperationen untereinander sowie mit Vereinen oder freien Trägern. Das gilt erst recht für Ganztagsschulen. Und deswegen sprechen wir heute über die Einbettung von Ganztagsschulen in ihre Stadtteile.
Meine These ist, dass gute Ganztagsschulangebote und eine soziale Stadtentwicklung einander bedingen.
Die Verfassung von Berlin enthält einen klaren Bildungsauftrag: Jeder hat das Recht auf Bildung. Dieses Recht gilt es zu schützen und zu fördern. Es ist die entscheidende Voraussetzung für ein eigenständiges und von öffentlicher Zuwendung unabhängiges Leben in der Gesellschaft. Das ist es, was ich mit Chancengerechtigkeit meine!
Bereits mit dem Berliner Schulgesetz und jetzt dem Kitareformgesetz, das derzeit im Abgeordnetenhaus beraten wird, greifen wir diesen Verfassungsauftrag auf. Schulen, aber vor allem Kitas werden darauf ausgerichtet, dass jeder junge Mensch entsprechend seinen Neigungen, seinen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen umfassend gebildet werden soll.
Deshalb muss Bildung schon vor der Schule beginnen: Ab drei Jahren haben alle Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Nirgendwo gibt es mehr Plätze in Kindertagesstätten, mehr Kinder, die täglich gebildet und betreut werden als in Berlin. Das trägt dem Wohl des Kindes und den berechtigten familiären Situationen Rechnung, und es werden insbesondere Alter, Entwicklungsstand und Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt.
Das gilt für die Grundschule in gleicher Weise: Wir setzen auf unterschiedliche Angebotsformen einer verlässlichen Betreuung in den Grundschulen: Hierbei berücksichtigen wir sowohl die familiären Bedürfnisse, die Bedingungen in den Stadtteilen, die Schulprofile als auch weitestgehend die jeweiligen räumlichen Möglichkeiten in den Schulen selbst.
Unser Konzept sieht vor:
Dabei sind zwei Punkte ganz wichtig:
Erstens, damit verbunden ist die rechtliche Verlagerung der Hortangebote von Kindertageseinrichtungen oder eigenständigen Schülerläden an die Grundschulen. Künftig haben also die Grundschulen die Gesamt-, aber nicht die Alleinverantwortung für die Ganztagsbetreuung. Ganz wichtig ist es, dass Schulen mit freien Trägern kooperieren. Deren Expertise wird in den Schulen dringend gebraucht! Denn durch die Zusammenarbeit von Lehrkräften und Erzieherinnen bieten Ganztagsgrundschulen ein ganzheitliches Konzept von Bildung, Erziehung und Betreuung. So sorgen diese Strukturveränderungen für mehr Vielfalt, Variabilität und Differenziertheit der Lehr-Lern-Formen und Inhalte der Unterrichts- und Betreuungszeiten. Das Mehr an Zeit eröffnet Kindern mehr Lerngelegenheiten und Erfahrungsmöglichkeiten.
Zweitens, die 147 Millionen des Investitionsprogramms "Zukunft Bildung und Betreuung (IZBB)" der Bundesregierung für den Ausbau der Ganztagsschulen werden wir vollständig in die Grundschulen investieren. Damit unterstreichen wir die Bedeutung frühen Lernens, der Veränderung des Unterrichts und die konsequente Weiterentwicklung der Grundschule.
Die flächendeckende Einführung der verlässlichen Halbtagsgrundschule (im Weiteren: VHG), das Angebot von offenen Ganztagsgrundschulen und die Erweiterung auf insgesamt 46 gebundene Ganztagsgrundschulen dienen dazu, die Förderung aller Kinder und die Qualität des Unterrichts aller Grundschulen zu verbessern.
Zwischen 1998 und 2003 nahmen 45 Grundschulen am landesweiten Schulversuch "Verlässliche Halbtagsgrundschule" teil. Bis zum Schuljahr 2005/06 werden alle Grundschulen, die nicht gebundene Ganztagsgrundschulen sind, zu verlässlichen Halbtagsgrundschulen, die für die Erziehungsberechtigten in ihrer Alltagsorganisation verlässliche Öffnungszeiten von 7.30 bis 13.30 Uhr gewährleisten. Die Unterrichts- und Betreuungsphasen werden rhythmisiert. Unterricht und sozialpädagogische Angebote sowie Freizeit werden ausgewogen über den Schultag verteilt. Daraus erwachsen mehr Möglichkeiten, den 45-Minuten-Takt zugunsten von rhythmisierten Zeitblöcken für Unterricht, Freizeit und individuelle Übungs- oder Arbeitsphasen aufzulösen. Je besser Unterrichtsphasen an die Aufnahme-, Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Kinder angepasst sind, desto nachhaltiger können individuelle Lernprozesse begleitet werden.
Wird die verlässliche Halbtagsgrundschule um Angebote der Früh-, Nachmittags-, Spätund Ferienbetreuung ergänzt, sprechen wir von der offenen Ganztagsgrundschule. Die Teilnahme an ergänzenden Betreuungsangeboten ist freiwillig, nach dem Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetz an einen Bedarf gebunden und entgeltpflichtig. Jedes anspruchsberechtigte Kind erhält bis einschließlich Jahrgangsstufe 4 einen Platz an der offenen Ganztagsgrundsschule. Die Plätze werden aufgrund des individuellen Bedarfs vergeben, der auf der Grundlage des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KitaG) und der Kita- und Tagespflegeverfahrensverordnung (KitaVerfVO) beurteilt wird. Anspruchsberechtigung besteht grundsätzlich, wenn
Die ergänzende Förderung und Betreuung umfasst in der offenen Ganztagsgrundschule die Zeit von 6.00 bis 7.30 Uhr, 13.30 bis 16.00 Uhr, 16.00 bis 18.00 Uhr sowie im Einzelfall auch nach 18.00 Uhr. Die außerunterrichtlichen Angebote in der offenen Ganztagsgrundschule werden durch eigenes pädagogisches Personal der Schule oder durch einen Träger der freien Jugendhilfe durchgeführt, der mit der Schule kooperiert. Die Zeit von 13.30 bis 16.00 Uhr soll in besonderer Weise inhaltlich mit dem Unterricht der VHG verknüpft werden. In den Ferien ist eine ergänzende Förderung und Betreuung in der Zeit von 7.30 bis 13.30 Uhr möglich.
Per 27. August 2004 besuchten 24 492 Schülerinnen und Schüler offene Ganztagsgrundschulen (darin enthalten auch die Staatlichen Europaschulen Berlins). Zum 1. August 2005 werden alle Hortplätze der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe an die Grundschulen verlagert. Etwa 35 000 Plätze werden an 416 Grundschulen übertragen. Der vorhandene Betreuungsbedarf ist so groß, dass fast alle Grundschulen die VHG zur offenen Ganztagsgrundschule ausweiten werden. Die zwischen dem Senat und den Bezirken abgestimmte Zeit-, Handlungs- und Finanzierungsplanung sieht die Übernahme der Gewährleistung durch den Schulbereich zum 1. August 2005 vor. Dann wird die ergänzende Betreuung im Anschluss an die VHG in der Regel in den Schulgebäuden stattfinden, nämlich dann und nur dann, wenn die Schule die räumlichen Voraussetzungen erfüllt. Für andere Schulen werden Zwischenlösungen organisiert, z.B. indem die Kinder in ihren bisherigen Horten verbleiben, bis die baulichen Veränderungen abgeschlossen sind.
Denn so vielfältig wie die Schulstandorte sind, so vielfältig sind auch die erforderlichen Maßnahmen: An den Schulen in den östlichen Bezirken, an denen bereits in großem Umfang offener Ganztagsbetrieb organisiert ist, werden die Standorte zum überwiegenden Teil nur qualifiziert. Im Westteil der Stadt stellt sich die Situation vollständig anders dar. Dort überwiegt bisher die traditionelle Halbtagsschule. Die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen für die Einrichtungen von Ganztagsschulen sind äußerst unterschiedlich. So existieren Standorte, an denen bereits in den Jahren 2003 und 2004 mit relativ geringem Aufwand in vorhandenen Gebäuden die Voraussetzungen für den Ganztagsbetrieb geschaffen werden konnten. An vielen Grundschulen sind jedoch umPeter fangreiche Planungsprozesse notwendig, an deren Ende Umbau-, Erweiterungs- und Neubaumaßnahmen erfolgen müssen. Eine Vielzahl von Schulen wird benachbarte Kindertagesstätten oder andere öffentliche Einrichtungen in Anspruch nehmen, die wiederum für den Ganztagsbetrieb umgebaut werden. An Standorten, an denen komplexere Planungs- und Baumaßnahmen durchzuführen sind, erarbeiten die Schulträger Zwischenlösungen. Schließlich muss in jedem Falle gewährleistet sein, dass der Ganztagsbetrieb im August starten kann. Entsprechend den Förderkriterien des IZBB (letzte Rate 2007) und gemäß der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern (Investitionen sind im Zeitraum bis 31. Dezember 2008 durchzuführen) kann diese Übergangszeit bis Ende 2008 dauern.
Eine zentrale Steuerungsgruppe in der Senatsverwaltung koordiniert alle operativen Maßnahmen. Außerdem gibt es in jedem Bezirk eine Steuerungsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Abteilungen Jugend und Schule sowie der Außenstelle meines Hauses. Dort wird die Detailplanung standortbezogen durchgeführt. Nach Abschluss des Planungsprozesses, in dem auch die jeweiligen bezirklichen Gremien zu beteiligen sind, können definitive Aussagen darüber getroffen werden, welche Schulen in welchem Umfang zukünftig offene Ganztagsgrundschulen sein werden. Wenn dann alle Baumaßnahmen abgeschlossen sind, werden alle Berliner Grundschulen gute räumliche Voraussetzungen haben. Dadurch sollen zum einen die Qualität des Ganztagsangebots und zum anderen ein verantwortlicher Umgang mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen gewährleistet werden.
Nun zu den gebundenen Ganztagsgrundschulen: Diese gewährleisten bei verlässlichen Öffnungszeiten ab 7.30 Uhr durchgängig rhythmisierte Unterrichts- und Betreuungszeiten von 8.00 bis 16.00 Uhr. Alle Schülerinnen und Schüler nehmen daran verpflichtend teil. Ein Nachmittag in der Woche wird von verpflichtenden Schulveranstaltungen frei gehalten. Die gebundene Ganztagsgrundschule kann bei Bedarf bis einschließlich Jahrgangsstufe 4 durch eine Früh-, Spät- und Ferienbetreuung ergänzt werden.
Gebundene Ganztagsgrundschulen gewährleisten ein ganzheitliches Konzept der Bildung, Erziehung und Betreuung. Der erweiterte Zeitrahmen bietet Chancen für eine nachhaltige Veränderung der Lernkultur in einer Schule, die nicht nur Lern-, sondern auch Lebensraum ist. Die durchgängig rhythmisierten Unterrichts- und Betreuungszeiten eröffnen neben der Förderung der Sach- und Methodenkompetenz mehr Raum für eine auf den Unterricht abgestimmte Förderung der sozialen und personalen Kompetenzen und - vor allem für Kinder nicht deutscher Herkunftssprache - der Sprachkompetenz. Der Besuch der gebundenen Ganztagsgrundschule ist kostenfrei. Ergänzende Angebote der Früh-, Spät- und Ferienbetreuung sind wie das Mittagessen entgeltpflichtig.
Schon seit dem Schuljahr 2003/04 ist mit dem Ausbau weiterer Ganztagsgrundschulen in gebundener Form begonnen worden. Mit Beginn des Schuljahres 2004/2005 wurde der Ganztagsbetrieb an 22 Grundschulen begonnen oder um einen weiteren Schülerjahrgang erweitert. Per 27.8.2004 besuchten 6 627 Schülerinnen und Schüler gebundene Ganztagsgrundschulen.
Die Aufnahme des Ganztagsbetriebes der mit IZBB-Mitteln geförderten gebundenen Ganztagsgrundschulen erfolgt sukzessive nach Fertigstellung der Umbaumaßnahmen. Bis 2007 werden weitere 35 gebundene Ganztagsgrundschulen mit IZBB-Mitteln eingePeter richtet. Zusammen mit den elf bereits bestehenden gebundenen Ganztagsschulen verfügt Berlin dann über insgesamt 46 Ganztagsgrundschulen in gebundener Form. Die Auswahl der neuen Standorte erfolgte im April 2004 nach folgenden Kriterien:
Halten wir noch einmal fest: Im laufenden Schuljahr 2004/05 sind bereits 44,9 Prozent der Grundschulen Ganztagsgrundschulen (gebunden, offen, Staatliche Europa-Schule Berlin). Ein Jahr später werden nahezu alle Grundschulen Ganztagsangebote bereitstellen. Was in Punkto Ganztagsbetreuung in Berliner Schulen passiert, ist schlicht überwältigend. In den Schulen selbst werden die Lebens- und Lernbedingungen besser als je zuvor.
Aber natürlich sind Schulen keine Inseln der Glückseligkeit. Die sozialen Probleme des Umfeldes, des Stadtteils und der Elternhäuser werden in die Schulen hineingespült. Und wenn die Schule auf diese Herausforderungen nicht gewappnet ist, zerstört diese Welle Lebens- und Lernklima in den Schulen. Kaputte Schulen machen wiederum jede Entwicklung des sozialen Umfeldes zunichte.
Es gibt daher in anderen Ländern Abgrenzungsstrategien zwischen Schule und Stadt: Denken Sie nur an die US-amerikanischen Großstädte, die ihre Schulen hermetisch abriegeln. Vielleicht geht es dort nicht anders. Aber damit es in Berlin nicht irgendwann so wird wie in Los Angeles, Detroit oder Miami, machen wir exakt das Gegenteil: Wir wollen die Bildungseinrichtungen öffnen und im sozialen Raum in den Stadtquartieren noch stärker verankern! Das haben wir genau so ins Schulgesetz geschrieben.
Der soziale Raum in den Stadtquartieren spiegelt die Lebenswelt der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen wider. Hier leben sie, haben Freunde, Nachbarschaften und ihre soziale Infrastruktur. Kindertagesstätten, Schulen, Weiterbildungseinrichtungen und Sportstätten sind demnach nicht nur Bildungs-, Erziehungs- oder Freizeitstätten. Gerade für die jungen Menschen handelt es sich hierbei - neben dem Elternhaus - um die Lernund Lebenszentren: Hier können sie einen sozialen Umgang mit ihren Altergruppen lernen. Hier können sie sich zu eigenständigen Persönlichkeiten in der Gesellschaft entwickeln. Hier können sie schon früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. So sind unsere ehrgeizigen Ziele.
Kindertagesstätten, Schulen, Sportvereine, Weiterbildungseinrichtungen, die zuständigen Bezirks- und Landesverwaltungen erkennen zunehmend, dass nur durch die enge Einbettung dieser Infrastruktur in den unmittelbaren Stadtraum diese ehrgeizigen Ziele erreicht werden können. Es ist deswegen unerlässlich, dass sich diese Einrichtungen öffnen und stärker mit außerschulischen Partnern kooperieren, z.B. bei der Konzeption von Ganztagsangeboten auch mit Trägern der freien Jugendhilfe, mit Vereinen und Institutionen. Dafür gibt es jede Menge Ansatzpunkte: bei der pädagogischen Ausgestaltung des Kitabetriebs, bei den ergänzenden Angeboten der offenen Ganztagsgrundschule und bei der gebundenen Ganztagsgrundschule. Das Bildungs- und Betreuungsangebot soll den Kindern eine aktive Beteiligung an Formen kulturellen und gesellschaftlichen Handelns bieten, z.B. durch Theater, Musik, Kunst, Literatur, Ökologie und Politik. So sollen die Ganztagsschulen auch Angebote von Sportvereinen, Musikschulen und anderen Bildungseinrichtungen einschließen.
Aber wir wollen keine Einbahnstraße: Die Öffnung soll den Austausch in beiden Richtungen forcieren, das heißt, Schule ist nicht nur Nachfrager, sondern auch Anbieter im Quartier. Das "Was?" und "Wie?" dazu muss künftig jede Schule im Schulprogramm darlegen. Bereits jetzt gibt es eine Reihe von Kooperationen, die Kindertagesstätten und Schulen im Stadtteil eingegangen sind. Diese reichen von einer Zusammenarbeit einzelner Einrichtungen mit freien Trägern bis hin zu Ansätzen von Bildungsverbünden. In diesen Verbünden sammeln sich alle Angebote in den Quartieren, von den Kitas und Schulen, den Bibliotheken bis hin zu den Einrichtungen der Jugend- und der Erwachsenenbildung. Die örtliche Schulaufsicht ist dabei von mir aufgefordert worden, diese Initiativen mit allen Kräften zu unterstützen.
Durch gezielte Bildungsmaßnahmen in den Schulen und Weiterbildungseinrichtungen wollen wir außerdem Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund stärker in das gesellschaftliche Leben in der Stadt integrieren. Unser Konzept heißt ganz einfach: Integration durch Bildung.
Einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Stadtentwicklung leistet auch die Jugendhilfe, für die ich auch zuständig bin. Der Auftrag der Jugendhilfe ist nach dem Sozialgesetzbuch VIII zwar zunächst auf den einzelnen Menschen und seine Familie ausgerichtet. Ohne den Bezug zum direkten Lebensumfeld kann die Jugendhilfe nicht funktionieren. So wirken die Einrichtungen und Dienste der Jugendhilfe unmittelbar mit an der sozialen Stadtentwicklung! Mit dem Projekt "Sozialraumorientierung in der Berliner Jugendhilfe" werden wir die strukturellen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen in allen Berliner Jugendämtern verbessern. Ziel ist es, die Adressaten der Jugendhilfe - die Bürgerinnen und Bürger - zu aktivieren und zu stärken. Das kommt wiederum dem sozialen Umfeld zu Gute. Es geht somit um eine Ressourcen- statt um eine Defizitorientierung. Es geht um die Förderung der Eigenverantwortung, die Abstimmung und Vernetzung von professionellen Ressourcen und die Förderung bürgerschaftlichen Engagements.
Das Reformvorhaben zielt damit auch auf eine Änderung der bisherigen Rolle der Jugendhilfe: Förderung und Unterstützung haben Vorrang vor Versorgung und Betreuung. Dieses neue Rollenverständnis fußt auf zweierlei:
Für mich ist selbstverständlich, dass diese Reform nur gelingen kann, wenn die Jugendhilfe mit allen Verwaltungsstellen, Institutionen und Personen im Stadtteil eng zusammenarbeitet.
Kooperation muss von den jeweiligen Amtsleitungen und vorgesetzten Stellen gewollt sein und konsequent verfolgt und durchgesetzt werden. Nur so kann es bei den vielen Akteuren in diesem Handlungsfeld gelingen, zu einer integrierten und aufeinander bezogenen Politik zu kommen. Es bedarf dazu entsprechender Informations- und EntscheiPeter dungsstrukturen in den Bezirken, wie sie sich in einer Reihe von Gebieten mit einem Quartiersmanagement bereits bewährt haben.
Das gilt natürlich für Bezirk und Land gleichermaßen. Deswegen wird die sozial ausgerichtete Stadtentwicklung in einer ressortübergreifenden Lenkungsrunde der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre koordiniert. Diese wird durch eine Arbeitsgruppe aus allen wesentlichen Senatsverwaltungen begleitet, und die Mitglieder arbeiten bis zum Ende dieses Jahres an einer gesamtstädtischen Rahmenstrategie.
Ich weiß, dass wir den Menschen in den Einrichtungen und Verwaltungsstellen zurzeit viel abverlangen. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass wir nur so einerseits den Herausforderungen an eine zukunftsfähige Bildung, Erziehung und Betreuung, andererseits einer sozialen Stadtentwicklung entsprechen können.
Ich bedanke mich für das Engagement der vielen Akteure innerhalb und außerhalb der Schulen. Vieles ist schon erreicht worden. Vieles steht uns noch bevor. Der Zeitpunkt ist günstig. Denn die Ganztagsschule braucht viele neue tragfähige Partnerschaften im Stadtteil. Deshalb rufe ich uns alle auf, weiter zu machen und diese Chance beherzt zu ergreifen.
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