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Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

Quartiermanagement

Die effiziente Umsetzung des Programms Soziale Stadt ist auf kooperative politische und administrative Strukturen angewiesen, auf deren Basis die im Quartier als erforderlich angesehenen Maßnahmen, Aktivitäten, Mobilisierungs- und Revitalisierungsprozesse realisiert werden können. In diesem Zusammenhang wird Quartiermanagement zum Schlüsselinstrument für die Bewältigung der komplexen Aufgaben- und Zielstellungen integrierter Stadtteilentwicklung. Es soll „auf der Quartiersebene Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklungsprozesse schaffen“ und umfasst „mehr als eine Sanierungsträgerschaft und mehr als die sozialarbeiterische Gemeinwesenarbeit“ (1). Nach dem Anforderungsprofil (2), das vom Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung (ISSAB) gemeinsam mit dem Difu erarbeitet worden ist (3), kann Quartiermanagement generell als strategischer Ansatz zum systematischen Aufbau von selbsttragenden sowie nachhaltig wirksamen personellen und materiellen Strukturen zur Entwicklung des Quartiers bezeichnet werden. Good-Practice-Kriterien für Quartiermanagement sind:

Einbindung aller für die Programmumsetzung relevanten kommunalen Steuerungs- und Handlungsebenen

Leistungsfähiges Quartiermanagement ist ein komplexer Prozess, der sowohl auf der Verwaltungs- und der Umsetzungsebene des Quartiers als auch im intermediären Bereich angesiedelt ist und damit alle drei Steuerungs- und Handlungsebenen gleichermaßen berücksichtigt.

Gute Beispiele für die Organisation auf der Verwaltungsebene umfassen nicht nur die Einrichtung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe mit entscheidungsbefugten Mitgliedern, sondern auch die Nominierung einer/s „Gebietsbeauftragten“, der oder die im Sinne einer/s Koordinatorin oder Koordinators unter anderem für die horizontale Vernetzung der involvierten Ämter (gebietsbezogene ressortübergreifende Zusammenarbeit), die Steuerung des Einsatzes kommunaler Ressourcen, die Gesamtprojektsteuerung und Umsetzung des Integrierten Handlungskonzeptes, aber auch die Finanzplanung zuständig ist.

Good Practice auf der Quartiersebene ist in diesem Zusammenhang die Einrichtung von Vor-Ort-Büros mit qualifizierter personeller Besetzung sowie einer anforderungsgerechten Sachausstattung, die als unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche integrierte Stadtteilentwicklung gilt. Zu den Aufgaben eines solchen Büros gehören unter anderem die horizontale Vernetzung und Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren sowie themenunspezifische aufsuchende Arbeit/Aktivierung der Quartiersbevölkerung.

Für die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure im intermediären Bereich, der zwischen Politik, Verwaltung, Markt, Drittem Sektor, Bewohnerinnen und Bewohnern sowie sonstigen lokalen Akteuren vermittelt, bedeutet „gut“, wenn eine Gebietsmoderatorin oder ein Gebietsmoderator eingesetzt wird, die oder der beispielsweise im Rahmen von Beteiligungsforen unter anderem folgende Aufgaben wahrnimmt oder zumindest koordiniert: vertikale Vernetzung zwischen „Verwaltungs-“ und „Lebenswelt“ (4) , Sicherstellung des Informationsflusses zwischen allen beteiligten Ebenen, Herstellung von Verfahrenstransparenz, Moderation, Mediation, Dialogmanagement, Öffentlichkeitsarbeit.

Geklärte Zuständigkeiten

Good Practice bedeutet auch die eindeutige Klärung der Verantwortlichkeiten auf der jeweiligen Steuerungs- und/oder Handlungsebene. Hierbei sind sowohl die Verwaltung als auch die Quartiersebene und der intermediäre Bereich in der Pflicht, da Quartiermanagement immer gleichzeitig „top-down“- und „bottom-up“-Ansätze umfasst.

Funktionierendes Zusammenwirken der Steuerungs- und Handlungsebenen

Die Qualität des Zusammenwirkens von Verwaltungs- und Quartiersebene sowie dem intermediären Bereich ist entscheidend dafür, ob mühsam im Quartier ausgehandelte Kompromisse Bestand haben oder wieder verworfen werden. Letzteres kann die Glaubwürdigkeit des Erneuerungsprozesses beschädigen und die zukünftige Mitwirkungsbereitschaft der verschiedenen Akteure einschränken. Bei guten Beispielen funktioniert das Zusammenwirken der Steuerungs- und Handlungsebenen dadurch, dass es verbindlich organisiert – beispielsweise im Rahmen von Leistungsvereinbarungen – sowie über formelle und informelle Kooperations- und Kommunikationsstrukturen geregelt ist („Schnittstellenmanagement“) (5).

Personelle und zeitliche Kontinuität von Quartiermanagement

Gute Beispiele für Quartiermanagement umfassen die Klärung eines realistischen Zeitrahmens für die öffentliche Förderung von Quartiermanagement, damit im Programmgebiet kein „Koordinationsvakuum“ (6) entsteht, wenn etwa der anvisierte Zeitrum nicht ausgereicht hat. Quartiermanagement kann also nicht als Instrument zur kurzfristigen Lösung von Teilaufgaben der Stadtentwicklung betrachtet werden, sondern ist eine grundlegend neue, prozesshafte Herangehens- und Handlungsweise zur dauerhaften Entwicklung und Stabilisierung von benachteiligten Quartieren. Good Practice bezieht sich damit auch auf ausreichende Laufzeiten von Arbeitsverträgen insbesondere für Fachkräfte, die im Rahmen von Quartiermanagement vor Ort und im intermediären Bereich zuständig sind und deren personelle Kontinuität Voraussetzung für den notwendigen Aufbau von Vertrauen ist.

Verlagerung von Handlungs- und Entscheidungskompetenzen in den Stadtteil

Der Erfolg von Quartiermanagement – insbesondere im intermediären Bereich und vor Ort – hängt darüber hinaus von ausreichend großen Gestaltungsspielräumen ab. Good Practice bedeutet, dass entsprechende Arbeitsgremien Kompetenzen und Möglichkeiten erhalten, eigene Beschlüsse zu fassen und Ideen zeitnah in die Tat umzusetzen. Sie benötigen also entsprechende Entscheidungsbefugnisse und materielle Ressourcen (z.B. im Rahmen eines Verfügungsfonds). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Akteure aus Politik und Verwaltung Kompetenzen in den Stadtteil abgeben, wobei eine solche Machtverlagerung wiederum mit der Legitimation der Stadtteilgremien zur Beschlussfassung – beispielsweise zur Verwendung von Mitteln aus einem Verfügungsfonds – einhergehen muss.

Politische Rückendeckung

Der Erfolg von Quartiermanagement ist unter anderem davon abhängig, dass es durch politische Beschlüsse abgesichert ist. Darüber hinaus ist auch die inhaltliche Einbindung der Politik auf allen Managementebenen im laufenden Prozess eine wichtige Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit von Quartiermanagement. Gute Beispiele in diesem Zusammenhang zeichnen sich nicht nur durch eine entsprechende Beschlussfassung im Stadtrat aus, sondern auch dadurch, dass (Lokal-)Politikerinnen und Politiker das Quartiermanagement unterstützen und mit ihm partnerschaftlich kooperieren (Mitarbeit in Gremien, Anerkennung der vor Ort geleisteten Arbeit im Rahmen politischer Öffentlichkeitsarbeit).

(1) Monika Alisch, Stadtteilmanagement: Zwischen politischer Strategie und Beruhigungsmittel, in: dieselbe (Hrsg.), Stadtteilmanagement. Voraussetzungen und Chancen für die soziale Stadt, Opladen 1998, S. 12 ff.

(2) Zu Definitionsansatz und Organisationsmodell vgl. Thomas Franke und Gaby Grimm, Quartiermanagement: Systematisierung und Begriffsbestimmung, in: Bertelsmann Stiftung, Hans-Böckler-Stiftung und Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (Hrsg.), Quartiermanagement – Ein strategischer Stadt(teil)entwicklungsansatz. Organisationsmodell und Praxisbeispiele, Transferprodukt der Netzwerkarbeit, o.O., November 2002, S. 5-12.

(3) Dieser Ansatz ist im Netzknoten Quartiermanagement des "Netzwerk: Kommunen der Zukunft" weiterentwickelt worden; vgl. Bertelsmann Stiftung, Hans-Böckler-Stiftung und Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (Hrsg.), o.O., November 2002.

(4) Vgl. John Friedmann, Die verwundete Stadt. Gedanken zur Sozialplanung der Stadt, in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Kongress "Die Soziale Stadt – Zusammenhalt, Sicherheit, Zukunft". Dokumentation der Veranstaltung am 7. und 8. Mai in Berlin, Berlin, November 2002, S. 115-120 (Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt, Bd. 8).

(5) Vgl. Franke/Grimm, Quartiermanagement, S. 8.

(6) Klaus Austermann, Marcelo Ruiz und Matthias Sauter, Integrierte Stadtteilentwicklung auf dem Weg zur Verstetigung. Gelsenkirchen-Bismarck/Schalke-Nord, Abschlussbericht der Programmbegleitung-vor-Ort, Dortmund 2002, S. 94 (ILS Schriften, Bd. 186).

  
 

Quelle: Deutsches Institut für Urbanistik: Good Practice in Altbau- und gemischten Quartieren. Eine Analyse im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt", Arbeitspapiere zum Programm Soziale Stadt Bd. 10, Berlin, 2003

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