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soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"
  

9.2 Wirkungs- und Betrachtungsebenen für Evaluierung und Monitoring

Evaluierung lässt sich nach zeitlich unterschiedlichen Bezugs- und Betrachtungsebenen unterscheiden. Bei den drei (theoretisch) aufeinander aufbauenden Stufen Ex-ante-, Zwischen- und Ex-post-Evaluierung geht es im ersten Fall um die Vorausabschätzung von Wirkungen, im zweiten um Zwischen- oder Halbzeitbewertungen und im dritten um die abschließende Gesamtbewertung der Programminterventionen. Dabei spielt der Prozess der Programmumsetzung eine untergeordnete Rolle. Analyse und Bewertung zielen auf alle Veränderungen (summativ), die durch den Programmeinsatz bewirkt wurden. Dagegen ist die begleitende Prozessevaluierung auf Lernprozesse angelegt (formativ, gestaltend) und schließt alle drei vorher genannten Betrachtungsphasen ein. Die Evaluatoren verstehen sich hierbei "als Moderatoren im Diskurs der am Projekt beteiligten Gruppen" (1). Im Mittelpunkt stehen prozedurale Ziele, beispielsweise die Qualität der planerisch-organisatorischen, ökonomischen und kommunikativen Umsetzung des Programms (z.B. ressortübergreifende Koordination und Kooperation auf Verwaltungsebene, Mobilisierung von Mitteln aus anderen Programmen, Strategien zur Aktivierung und Beteiligung). Der besondere Vorteil der prozessbegleitenden Evaluierung liegt in der permanenten Wechselwirkung zwischen der Vermittlung von Analyseergebnissen und der Weiterentwicklung von Umsetzungsstrategien bis hin zu Änderungen der Programmmodalitäten.

Das Programm Soziale Stadt ist auf höchst komplexe Wirkungsfelder und Zielebenen ausgerichtet, die jeweils für sich zu evaluieren schon einen hohen zeitlichen und personellen Untersuchungsaufwand bedeuten würde. Beim Programmeinsatz Soziale Stadt lassen sich zwei zentrale Wirkungsfelder unterscheiden (2):

Monitoring stellt im Zusammenhang mit Evaluierung einen zentralen Baustein dar. Mit Monitoring wird der bewertende Ansatz der Evaluierung um die begleitende indikatorengestützte Beobachtung und Beschreibung ergänzt. Sozialraumanalysen haben inzwischen insbesondere zur Ermittlung des "besonderen Entwicklungsbedarfs" von Stadtteilen an Bedeutung gewonnen - im Idealfall sind sie auf Gesamtstadt- und nicht nur auf Gebietsebene bezogen und führen zum Aufbau kontinuierlicher statistischer Berichtssysteme. Diese bieten neben der Chance der fundierten Gebietsauswahl Kontrollmöglichkeiten bei der Zuschreibung von Ursachen und Wirkungen.

Aus mindestens zwei Gründen sollten die bisher häufig auf die Gebiete beschränkten Untersuchungsansätze zu gesamtstädtischen Beobachtungssystemen ausgeweitet werden (3): Bei Betrachtung nur des Gebiets besteht die Gefahr der mehrfachen Fehlinterpretation. Wenn beispielsweise Probleme nur sozialräumlich verschoben wurden, wie das auch schon bei der Sanierung der Siebzigerjahre der Fall war, stellt sich der Befund vor Ort bei gebietsbezogener Betrachtung dennoch als "Lösung" und "Erfolg" dar; oder: eine Verbesserung im Gebiet spiegelt nur eine generelle Entwicklung, die gesamtstädtisch (ohne Programmintervention) ebenso erfolgt ist. Vor allem wenn künftig stärker auf Prävention Wert gelegt werden soll, braucht dies ein gesamtstädtisches Beobachtungssystem, das die frühzeitige Aufdeckung von problematischen Entwicklungen in Stadtteilen ermöglicht und quasi als Seismograph für Handlungsbedarf wirkt.

Insgesamt ergibt sich vor diesem Hintergrund für Evaluierung und Monitoring die Notwendigkeit, eindeutig festzulegen, was, mit welcher Intensität und zu welchem Zweck betrachtet werden soll. Jeder Untersuchungsansatz muss scheitern, bei dem der Untersuchungsauftrag nicht eindeutig und präzise formuliert sowie das Erkenntnis- und Verwertungsinteresse nicht geklärt worden sind. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Evaluationsinteressen und die jeweilige Zweckorientierung von Bund, Ländern und Gemeinden voneinander unterscheiden:

(1) "Evaluatoren in der Funktion von Moderatoren und Beratern benötigen zunächst einmal alle im sozialwissenschaftlichen Studium üblicherweise vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten ..., darüber hinaus jedoch noch zusätzliche Qualifikationen, die nicht einfach ,gelernt', sondern durch praktische Erfahrungen erworben werden müssen: interdisziplinäre Orientierung, Kommunikationsfähigkeit und Überzeugungskraft, wissenschaftlich-präzise und journalistisch-verständliche Sprache, Empathie, Phantasie, Moderationstechniken, Präsentations- und Vortragstechniken und manches mehr." (Kromrey, S. 129)

(2) So auch die Leistungsbeschreibung zur Zwischenevaluierung des Programms Soziale Stadt, die von der "Experten- und Steuerungsrunde Evaluation" am 9. Dezember 2002 beschlossen wurde.

(3) Dazu auch Ferdinand Böltgen, Monitoring-System "Stadtbeobachtung": Indikatoren zur Erfolgskontrolle des Bund-Länder-Programms "Soziale Stadt", Bonn 2000 (unveröff. Typoskript).

(4) Auftragsbeschreibung zum Forschungsauftrag "Zwischenevaluierung des Bund-Länderprogramms, Förderung von Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt", Bonn 2002.

  
 

Quelle: Soziale Stadt - Strategien für die Soziale Stadt, Erfahrungen und Perspektiven – Umsetzung des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt", Deutsches Institut für Urbanistik 2003

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