Moderatorin: Delia Schröder, Saarbrücken
Sprecherin: Veronika Gottmann, Berlin
Berichterstatterin: Ulla-Kristina Schuleri-Hartje, Berlin
Aus der kurzen Vorstellungsrunde ergaben sich erste Fragen und Thesen. Es waren dies zum einen generelle Fragestellungen zur Integration und Segregation, zur Beteiligung der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger am gesellschaftlichen Geschehen, zur Schaffung von interkulturellen Projekten, zur Ressourcenbündelung, fokussiert auf die Quartiere, zu Möglichkeiten der Qualifikation und Beschäftigung der ausländischen Bevölkerungsgruppen und zur Überwindung der Sprachprobleme. Zum anderen ging es um Leitbilder und Thesen wie das Leitbild der Integration/Aufnahme von Migrantinnen und Migranten in alle beruflichen und politischen Positionen, um die These, dass Segregation kaum zu steuern sei, da der Wohnungsmarkt trotz städtischer Wohnungsbaugesellschaften nur eingeschränkt steuerbar ist und Wohnungsämter durch ihre Belegungspolitik Segregation eher fördern als verhindern, um die These, dass landläufig Probleme mit Ausländern mit Problemen der türkischen Bevölkerungsgruppen gleichgesetzt werden, darum, dass man von sehr heterogenen ausländischen Bevölkerungsgruppen ausgehen muss und dass Ausländer solange Ausländer bleiben, wie man von ihnen als Ausländer spricht.
In der anschließenden Diskussion wurde festgestellt, dass Spracherwerb eine wichtige Voraussetzung zur Integration ist und dass das Quartier ein wichtiger Ort für den Spracherwerb ist und sein muss. Dabei soll der Spracherwerb schon in den Kindertagesstätten erfolgen. Für den Schulbereich gilt, dass die Förderung der Sprachkompetenz ausländischer Schüler sehr wichtig ist und immer noch viel zu wünschen übrig lässt, dass aber in Klassen mit hohem Ausländeranteil alle Schüler gefördert werden müssen. Das vorhandene Programm "Deutsch als Zweitsprache" in den Schulen funktioniert nicht, die Lehrer, die dies unterrichten, sind nicht ausreichend dafür aus- bzw. fortgebildet, und es gibt zu wenig Lehrer dafür. Auch die ausländischen Schüler sind oft überfordert durch den nach einem Einstufungstest festgelegten, mehrstündigen Zusatzunterricht. Gleichzeitig sind Angebote von Elternsprachkursen und ein Unterstützungsprogramm für ausländische Eltern anzubieten. (Erwähnt wurde ein Hausbesuchsprogramm, im Zuge dessen Müttern Hilfen an die Hand gegeben wurden, um ihre Kinder beim Vorschulbesuch unterstützen zu können.)
Gefordert wurde, Sprachangebote auch für nicht mehr Schulpflichtige anzubieten und auf alle Migrantengruppen, auch Asylbewerber und Aussiedler, zu beziehen. Dabei sind die Sprachkurse jeweils speziell auf die Zielgruppen (Nationalitäten, Altersgruppen) auszurichten. Die Öffnung der Schule als Lernort ist notwendig, um ausländische Mädchen mit einbeziehen zu können. Diskutiert und für gut befunden wurde auch der Vorschlag einer generellen Verpflichtung (natürlich mit entsprechendem Angebot) zum Spracherwerb für alle neu zuziehenden Ausländer/Migranten.
Wie lassen sich Begegnungen von Deutschen und Migranten im Stadtteil dauerhaft und tragfähig organisieren und wie kann man die sehr heterogenen Gruppen von Migranten überhaupt erreichen ("abholen") und motivieren? Berichtet wurde über Erfahrungen aus Berlin-Schöneberg, wo es um die Einbeziehung der Bevölkerung zur Ausgestaltung eines Parks ging. Hier wurden die Migranten erst in einem zweiten Schritt durch direkte Ansprache und in einem entscheidenden dritten Schritt durch direkte Einladung zu Kaffee und Kuchen – initiiert von ABM-Kräften und Freiwilligen im Schülerladen – erreicht. Aus dieser Beteiligung rekrutierten sich ausländische Mitbürger für den Mieterbeirat, und in Folge dieser Aktivierung wurde ein türkisches Frauencafé eingerichtet. Die Erfahrungen zeigen, dass über die Kinder eher ausländische Mütter zu erreichen sind, nicht aber Väter/Männer.
In Wiesbaden, so wurde berichtet, sprach der Quartiermanager den Vorstand eines türkischen Sportvereins auf Probleme der ausländischen Mitbürger hin an; der Verein war bereit, seine Aktivitäten über die sportlichen Belange hinaus auch auf soziale und kulturelle Angebote auszuweiten und hat dazu auch seinen Namen und seine Satzung geändert. Der Verein erhielt 10 000 DM vom Ortsbeirat, mietete Räume an und baute seine Angebote weiter aus – bis hin zu Sprachkursen.
In Hamburg wurde von einer Gruppe türkischer Mitbürger der Bau einer Moschee als Wunsch herangetragen; es kam aber aus Kostengründen (Projekt war zu groß) und wegen Vorbehalten der deutschen Bevölkerung gegen eine Moschee im Gebiet nicht dazu. Außerdem zeigte sich, dass die Gruppe in sich zerstritten war. Erfahrungen aus anderen Städten (Wiesbaden, Mannheim) belegen allerdings, dass es trotz Vorbehalten und hoher Kosten gelingt, Moscheen zu bauen.
Aus zwei Städten wurden Stadtteilzeitungen als Möglichkeit genannt, auch Migrantengruppen mit in die Quartiersentwicklung einzubeziehen (Ludwigshafen – deutsch-türkische Stadtteilzeitung, Berlin – die jeweilige Kurzfassung der Stadtteilzeitung wird jedes Mal in eine andere Sprache übersetzt).
Eine gute Möglichkeit, vor allem auch Jugendliche/Kinder mit in das Quartier einzubinden, ist der Einsatz neuer Medien wie Video-/Internetprojekte usw. Gute Erfahrungen dazu werden aus Großbritannien berichtet; in Berlin wird im Rahmen der Ausbildung und Qualifizierung ausländischer Jugendlicher ein Internetcafé etabliert. In Berlin-Rollberge gelang die Einbeziehung der ausländischen Bevölkerungsgruppen über ein Videoprojekt, durchgeführt von Kindern und Jugendlichen, die auch zur Vorführung einluden. Daraus ist ein multikulturelles Märchencafé mit Kinderbetreuung entstanden. Von Kiel wird über positive Erfahrungen mit dem Einsatz von Internet, Fotografieren und dem Medium Fernsehen zur Bürgerbeteiligung berichtet.
Für die Einbeziehung der ausländischen Bevölkerungsgruppen muss einerseits angeknüpft werden an deren Interessen und an den von ihnen gegründeten Vereinen, Initiativen usw., andererseits müssen im Quartier die vorhandenen freien Träger, Kitas, Schulen, Jugendeinrichtungen zur Quartiersweiterentwicklung mit einbezogen werden.
Besonderen Stellenwert haben – mit Blick auf die Migranten – die Förderung von Existenzgründungen und die Ausbildung von ausländischen Jugendlichen im örtlichen Gewerbe. Positive Erfahrungen dazu gab es aus Hamburg, wo der Quartiermanager zusammen mit türkischen und anderen Organisationen Existenzgründungen initiiert hat und Ausbildungsplätze für ausländische Jugendliche im örtlichen Gewerbe durch direkte Ansprache der Gewerbetreibenden entstanden.
Wichtig sind generell die persönliche Ansprache der ausländischen Mitbürger und niederschwellige Angebote (wie z.B. Gebietsbegehungen). Nicht zu vernachlässigen ist aber auch, dass es eine "Bühne" geben muss, auf der Konflikte zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen und Interessen ausdiskutiert werden.
Abschließend wurde festgestellt, dass Quartiermanagement Hilfe zur Selbsthilfe sein soll und muss, dass es darauf ankommt, nachhaltige Strukturen im Quartier zu schaffen, z.B. durch die Ansiedlung von öffentlicher Infrastruktur, die zu einer Aufwertung des Quartiers führt (Bücherei, Kulturangebote, Volkshochschule usw.), oder durch die Weiterentwicklung vorhandenen Gewerbes (Servicegesellschaften wie in Holland, die sich nach einer Anschubfinanzierung selbst tragen).
Zum Abschluss stellte Frau Schröder das Konzept zweier von isoplan, Saarbrücken, angebotenen Seminare zu den Themen "Muslimische Migranten im Stadtteil" und "Stadtteilarbeit und Integration von Migranten" vor. Institutionen mit Interesse an der Durchführung solcher Seminare können Rücksprache mit Herrn Schmidt-Fink (E-Mail: schmidt@isoplan.de) nehmen. Die Durchführung der Seminare ist für die interessierte Institution kostenlos, diese hat jedoch einen Seminarraum mit entsprechender Ausstattung für zwei Tage zur Verfügung zu stellen.
Name |
Vorname |
Institution |
Bülert |
Ekiz |
SMS Wiesbaden |
Falk |
Dagmar |
Stadtteilbüro Mettenhof-Kiel |
Glaser |
Michaela |
Weeber + Partner |
Gottmann |
Veronika |
L.I.S.T. GmbH |
Hauk |
Gabriele |
Stadt Karlsruhe |
Krugmann |
Malte C. |
Freie und Hansestadt Hamburg |
Lang |
Christoph |
Interkulturelles Kontaktbüro |
Nieße |
Brigitte |
Planerwerkstatt 1 |
Poweleit |
Achim |
Arbeitsgemeinschaft für Sozialplanung und |
Preibisch |
Wolfgang |
BMVBW Berlin |
Schröder |
Delia |
ISOPLAN-Institut |
Schuleri-Hartje |
Ulla-Kristina |
Difu |
Vorwerk |
Brigitte |
DI Deutsche BauBeCon AG |
Weber |
Andrea |
BBR Bonn |