Moderator: Achim Lohse, Leipzig
Sprecherin: Diana Stuhr, Leipzig
Berichterstatterin: Cathy Cramer, Berlin
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe repräsentierten ein breit gefächertes Spektrum an Zugängen zum Thema. Unter ihnen waren Fachleute aus dem Quartiermanagement, von Beschäftigungsträgern, Trägern des E&C-Programms, aus Sozial-, Stadtplanungs- und Wirtschaftsämtern sowie Forschungsinstituten. Entsprechend stark variierten Blickwinkel und Interessenfelder der Gruppe von möglichen Anstößen für Projekte im Bereich Beschäftigung und Qualifizierung über Chancen und Grenzen der Arbeit im Quartier, Wege zur Einbeziehung von Unternehmen (vor allem auch Filialisten) in die Prozesse vor Ort bis hin zu Fragen nach tragfähigen ressortübergreifenden Koordinations- und Kooperationsstrukturen sowie Strategien zur Erhaltung der Lernfähigkeit in der Region.
In einem ersten Schritt erarbeiteten die Teilnehmer eine Liste der Institutionen, Verwaltungsstellen und Schlüsselpersonen, die nach bisherigen Erfahrungen wichtige Partner für positive Anstöße im Quartier sind. Die örtliche Politik sowie Sozial- und Arbeitsämter seien unter Umständen sehr schwierige, allerdings unentbehrliche Partner, berichteten einige der Anwesenden. Gewinne man diese Partner für die Mitarbeit, zahle sich dies allerdings langfristig auch besonders aus.
Die Beteiligung der Entscheidungsträger sei oft nur durch aktives Quartiermanagement sicherzustellen. Die Abstimmung mit (weiteren) Fachämtern erfolge oft projektbezogen über das Quartiermanagement (z.B. Berlin, Quartiermanagement Kottbusser Tor) – ein äußerst mühsames Vorgehen. Hier stelle sich die Frage, ob auf diese Weise nachhaltige Strukturen entstehen könnten. Diese Frage und damit eine Reflexion der Aufgabenverteilung zur Förderung der "Lokalen Ökonomie" ist für die Evaluierung des Bereichs von großer Bedeutung. Zu welchem Zeitpunkt Politik, Ämter, andere, Zielgruppen und Betroffene einbezogen werden sollten, konnte nicht eindeutig geklärt werden. In Berlin hat man die Erfahrung gemacht, dass die Problemanalyse sowie die Erarbeitung von Zielen und Maßnahmen nur sinnvoll sind, wenn von Anfang an alle Betroffenen einbezogen werden. Besonders bei ausländischen Bewohnern stoßen die geplanten Maßnahmen sonst auf erhebliche Akzeptanzprobleme. Die Abstimmung mit der Politik sollte bereits in der Konzeptionsphase beginnen, z.B. über Teilnahme in Bewohnerarbeitsgruppen, falls Stadtteilforen oder Stadtteilkonferenzen nicht regelmäßig tagen. Allerdings ist es im Bereich "Beschäftigung und Qualifizierung" noch schwieriger als sonst, Zielvorgaben der Politik mit jenen zu vereinen, die im Quartier erarbeitet wurden.
In Hamburg wurden nach einer ausführlichen Datensammlung und der Analyse der konkreten Probleme verschiedener Zielgruppen (über ausführliche persönliche Gespräche) von der Koordinierungsstelle entsprechende Lösungsansätze entwickelt. Als besonders wichtig hat sich erwiesen, eine Stelle zu haben, die sich intensiv mit dem Thema befasst, "aufsuchende" und vermittelnde Arbeit im Gebiet leistet, kreative Lösungswege entwirft sowie den Prozess strukturiert und steuert. Der direkte Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern spielte keine so bedeutende Rolle.
In Leipzig wiederum konnten 24 Sozialhilfeempfänger gerade aufgrund der persönlichen Vermittlungsarbeit des Beschäftigungsträgers in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt werden.
Als besonders hinderlich bei der Zusammenarbeit erweise sich, dass Arbeitsämter überwiegend nicht auf Gebietsebene vermitteln. Zusätzlich werde die Koordinations- und Abstimmungsarbeit zwischen den relevanten Akteuren zunehmend durch eine "Überorganisation" der Träger, d.h. der Konzeption von Diensten eher nach den Leitlinien der Förderprogramme als nach dem Bedarf vor Ort, erschwert. Negativ auf die Nachhaltigkeit der Maßnahmen könnte sich, so fürchten die Akteure, ihr mangelnder Einblick in gesamtstädtische bzw. regionale Wirtschaftskreisläufe auswirken. Eine entsprechende Information und Abstimmung erfolge bisher meist nicht.
Die Beteiligten waren sich einig, dass die Verknüpfung von baulichen Maßnahmen – z.B. Sicherung leerstehender Gebäude, Gestaltung des Wohnumfelds, Sanierung, Ausbau, Umbau, Rückbau und Abriss – mit der Förderung von Beschäftigung und Qualifizierung der Quartiersbewohner ein sinnvoller Ansatz ist. Hier konnten in Deutschland unter anderem bei der IBA Berlin durch die Altbausanierung in Kreuzberg wichtige Erfahrungen gesammelt werden. Bei lokaler Beschäftigungsförderung und Qualifizierung weitgehend unbeachtet blieb bisher die Verknüpfung mit dem Ausbau von Gewerberäumen oder der Förderung der Gastronomie. Wichtig erscheint es, gerade private Hausbesitzer für die bevorzugte Beauftragung von lokal ansässigen Handwerksfirmen oder Beschäftigungsgesellschaften zu gewinnen. Der strategische Ansatz einer generellen Bevorzugung von Firmen aus dem Gebiet für das Gebiet untergräbt allerdings das Wettbewerbsrecht. Wo die Stadt lokale Ausschreibungen nicht durch entsprechenden Erlass fördert, kann nur die öffentliche Information der Betriebe im Quartier über anstehende Aufträge zu einer vermehrten Vergabe "ins Quartier" führen. Noch schwieriger ist es, lokale Firmen oder Arbeitslose von Aufträgen für große Bauvorhaben profitieren zu lassen, die zum Teil der europaweiten Ausschreibung unterliegen. Hier könnten eine Verpflichtung der Firmen zur Einstellung lokalen Personals sowie ein Splitting in kleinere Unteraufträge Abhilfe schaffen; beide Ansätze sind nur über finanzielle Entschädigungen des Mehraufwands für die Firmen zu erreichen. In Berlin gab es bei Einstellung lokaler, vom Arbeitsamt vermittelter Arbeitskräfte bereits mehrere Baubehinderungsklagen der Baufirmen. Als Grund wurden unter anderem längere Einarbeitungszeiten und geringere Leistungskraft genannt.
Ein weiteres Potenzial bietet das Konzept der Bevorzugung arbeitsintensiver Maßnahmen. Besonders bei der Sanierung von Altbauten in Kreuzberg wurde dies über die Förderung von Handarbeit gegenüber dem Einsatz industrieller Fertigprodukte und Maschinen genutzt. Bis heute wird dieser Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit bei der Armutsbekämpfung eingesetzt.
Unbearbeitet blieben Fragen nach konkreten Strategien für Neubaugebiete und der Stärkung von Stadtteilzentren, nach der Qualitätskontrolle von Maßnahmen, nach Stärkung der Lernfähigkeit in größeren Räumen, nach einer sinnvollen Aufgabenverteilung im Bereich "Lokale Ökonomie und Wirtschaftsförderung" und konkreten Ansätzen, wie Maßnahmen speziell auf die Bewohner der Quartiere zugeschnitten werden können.
Nach den Erfahrungen der Arbeitsgruppe bieten sich für die aktuellen Probleme besonders folgende Ansätze zur Förderung von Beschäftigung und Qualifizierung in benachteiligten Stadtquartieren an:
Bezüglich der Rahmenbedingungen plädiert die Gruppe für längere, passgenaue Förderung konsolidierter Maßnahmen statt vieler Förderansätze nach dem "Gießkannenprinzip". Allein die Koordination der verhältnismäßig kurzfristigen Förderungen der ABM, SAM und des Freiwilligen Sozialen Trainingsjahres erfordert immense Kosten und Abstimmungsarbeit für einen relativ begrenzten und umstrittenen Nutzen. Zwar gäbe es hier noch die Lösung des Problems in Form eines eigenständigen "Beschäftigungsmanagers", die Gruppe hält jedoch angesichts der "Managerflut" die Änderung von Rahmenbedingungen hier für den weitaus sinnvolleren Ansatz.
Name |
Vorname |
Institution |
Ardalan |
Kamran |
Stadt Magdeburg |
Berger |
Martin |
Stadt Leipzig |
Bernt |
Matthias |
Freie Universität Berlin (JFK) |
Cramer |
Cathy |
Difu |
Fasseöt |
Jan |
ILS Dortmund |
Förster |
Heike |
Deutsches Jugendinstitut |
Fritsche |
Miriam |
Freie Universität Berlin (JFK) |
Funke |
Thomas |
Stadterneuerung Hof GmbH |
Gläser |
Ute |
Stadt Bautzen |
Lohse |
Achim |
Stadt Leipzig |
Mühlen |
Erika |
Stadt Saarbrücken |
Sander |
Ingrid |
SPI A&R |
Schmidt |
Helmut |
Noris-Arbeit gGmbH |
Stuhr |
Diana |
Stadt Leipzig |
Winter |
Rüdiger |
Arbeit und Leben DGB/VHS Hamburg e.V. |