soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

Moderatorin: Marion Schmitz,
Dreieich-Sprendlingen

Sprecherin: Kerstin Jahnke,
Erkner

Berichterstatter: Klaus Austermann,
Dortmund

Fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe haben beruflich in irgendeiner Weise mit Quartiermanagement zu tun. Dennoch kristallisierten sich in der kurzen Vorstellungsrunde sehr unterschiedliche Erfahrungshorizonte heraus. Während einige der Teilnehmenden aus Verwaltung, Projektentwicklung, Sanierungsträgerschaft, Wissenschaft usw. bereits mehrere Jahre lang in diesem Bereich tätig sind, berichtete eine Reihe von Akteuren, erst derzeit damit zu beginnen, sich mit Quartiermanagement auseinander zu setzen. Es wurde die Erwartung geäußert, Erfahrungen in anderen Gebieten sowie Anregungen und Ideen Quartiermanagement (z.B. in punkto Aufbau und Organisation) aus der Arbeitsgruppe mitzunehmen. Weitgehende Einigkeit wurde darüber erzielt, sich weniger mit kleinteiligen technischen Fragen zu befassen, als vielmehr wichtige Rahmenbedingungen sowie einige Erfahrungsberichte zu besprechen und die Diskussion schließlich auf drei zentrale Aspekte zuzuspitzen:

Den Einstieg in die Diskussion bildete der Versuch einer Klärung des Begriffs Quartiermanagement. Recht schnell wurde deutlich, dass es keine grundsätzliche, allgemein anerkannte Definition gibt. Es werden durchaus unterschiedliche Aufgabenprofile damit verbunden. Im Verständnis einiger Arbeitsgruppenteilnehmer ist Quartiermanagement als aktivierendes Engagement im Sinne von Gemeinwesenarbeit zu verstehen. Aufgaben im Bereich Verfahrensträgerschaft (Fördermittelbeantragung/-koordination usw.) lägen hingegen im Zuständigkeitsbereich anderer Institutionen. Demgegenüber gebe es jedoch auch Beispiele für umfassendere Definitionen von Quartiermanagement, die trägerschaftliche Aufgaben ausdrücklich mit einschließen (z.B. in Nordrhein-Westfalen).

Eine Hauptaufgabe des Quartiermanagements wurde darin gesehen, Strategien zur Einbindung der unterschiedlichen Akteure im Stadtteil zu entwickeln. Die Auflistung der Akteure ergab ein sehr heterogenes Spektrum von Interessengruppen, z.B. öffentliche und private Träger, Wohnungsunternehmen, Verwaltungsstellen, Bürger(-vereine), Privatwirtschaft usw. Diese Gruppen verfolgten nicht immer gemeinsame Interessen, sondern stünden oftmals auch in Konkurrenz zueinander. Für das Quartiermanagement komme es darauf an, eingefahrene Strukturen aufzubrechen und Konsens bezüglich grundlegender Fragen der zukünftigen Entwicklung des Stadtteils herzustellen.

Rahmenbedingungen

Bevor Fragen zur Vernetzung der Akteure im Quartier diskutiert wurden, ging die Arbeitsgruppe auf einige grundsätzliche Voraussetzungen für erfolgreiches Quartiermanagement ein.

Entsprechende Rahmenbedingungen erschienen den Diskutierenden durchaus klärungsbedürftig bzw. erwähnenswert, da sie oftmals nicht gegeben seien was die Erneuerungsprozesse von vornherein erheblich erschwere und langfristigen Erfolg unter Umständen verhindere.

Erfahrungsberichte

Von vielen Arbeitsgruppenteilnehmern wurde der Wunsch nach Berichten aus Kommunen/Stadtteilen geäußert, in denen bereits Erfahrungen mit Quartiermanagement vorliegen. Deshalb stellten einige AG-Teilnehmer mit entsprechendem Erfahrungshintergrund Praxisbeispiele des Quartiermanagements bzw. zur Vernetzung und Zusammenarbeit der Akteure vor Ort in Grundzügen dar. Dabei wurde zunächst deutlich, dass in den verschiedenen Gebieten jeweils sehr unterschiedliche Ausgangsstrukturen vorhanden sind, auf die man aufbauen könne, innerhalb derer jedoch auch Konkurrenzen bestünden, die zu berücksichtigen seien. Im Mittelpunkt stand vor allem die Frage, wie das Quartiermanagement implementiert wurde bzw. werden kann. Diesbezüglich wurde grob betrachtet eine Differenzierung in verwaltungsdominierte Strukturen einerseits und in unmittelbar von den Lebenswelten der Bewohner ausgehende Herangehensweisen andererseits gesehen (wobei nicht eindeutig geklärt wurde, ob es sich dabei tatsächlich um gegensätzliche Pole handelt).

Zum Ende der Diskussion hin erfolgte schließlich eine Zuspitzung auf drei zentrale Aspekte und Fragestellungen:

Prozessverantwortung

Eine zentrale Frage im Hinblick auf die Zusammenarbeit der Akteure im Quartier war die nach der Verantwortlichkeit für den Gesamtprozess der Quartiersentwicklung. Je nach Zuständigkeit für deren Steuerung bestünden unterschiedliche Implikationen für bzw. Herangehensweisen an die Netzwerkbildung vor Ort. Die genannten Beispiele changieren zwischen dem Stadtplanungsamt als alleinigem Verantwortlichen, einer dezernatsübergreifenden Verantwortung (Lenkungsgruppe unter Beteiligung verschiedener kommunaler Dezernate) und Sanierungsträgern als Prozessverantwortlichen.

Eine weitere Alternative ist aus der Sicht einiger Teilnehmer ausdrücklich auch eine direkt beim Quartiermanagement angesiedelte Prozessverantwortung. Weiterhin denkbar sei eine Kombination der genannten Modelle mit aufgesplitteten Teil-Verantwortlichkeiten.

Als Grundtenor zeichnete sich hier ab, dass einer dezentraleren Prozessverantwortung (z.B. Quartiermanagement mit hohen Entscheidungsbefugnissen) der Vorzug vor einer ausschließlich extern dominierten Verantwortlichkeit eingeräumt wurde.

Organisationsmodell

Als organisatorischer Kristallisationspunkt für die Vernetzung und Zusammenarbeit der Vor-Ort-Akteure ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe eine zentrale Institution wie z.B. ein Quartiermanagement oder ein Sanierungsbüro notwendig. Eine entsprechende Einrichtung hätte zunächst die Aufgabe, einen gemeinsamen Grundkonsens im Quartier herbeizuführen (z.B. über Ansprache der Akteure und Förderung einer Kommunikationsinfrastruktur). Als Voraussetzung für erfolgreiche Arbeit wurde der direkte Draht zu den Entscheidern in Politik und Verwaltung gesehen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass mühsam im Quartier ausgehandelte Kompromisse im Nachhinein wieder verworfen würden was die Glaubwürdigkeit des Erneuerungsprozesses beschädige und die zukünftige Mitwirkungsbereitschaft im Quartier einschränke.

Grundvoraussetzung für einen ernsthaften Erneuerungsprozess sei die möglichst breite Einbindung und Beteiligung der Bewohnerschaft und Vor-Ort-Akteure. Einen entsprechend hohen Stellenwert sollte im Selbstverständnis des Quartiermanagements die Aktivierung und Partizipation der Bewohnerinnen und Bewohner haben. Beim Aufbau einer Kommunikations- und Kooperationsinfrastruktur müsse auch darauf geachtet werden, eine möglichst paritätische Besetzung von Gremien mit verschiedenen Trägern und Interessengruppen zu erreichen. Die effektive Vernetzung zwischen den Quartiersakteuren könne nur gelingen, wenn Partner gefunden würden, die willens und in der Lage sind, das Quartiermanagement zu unterstützen (z.B. bei der Bewohneraktivierung oder auch der Fördermittelakquise). Dabei käme es wesentlich darauf an, den Akteuren im Quartier die Vorteile der Zusammenarbeit mit dem Quartiermanagement aufzuzeigen. Dies könnten z.B. bürokratische Erleichterungen oder auch ökonomische Argumente sein.

Instrumente/Methoden für die Vernetzung aller Akteure

Um eine effektive Kooperationsstruktur aufzubauen, gebe es, so die einhellige Meinung, keinen allgemein gültigen Königsweg. Vielmehr komme es darauf an, offen gegenüber Prozessen und Ideen aus dem Quartier zu sein und einen vielfältigen Methodenkoffer unter Berücksichtigung der örtlichen Ausgangssituation effektiv zu nutzen. Dies könne in der Praxis die Etablierung einer Bandbreite verschiedener Gremien im Stadtteil bedeuten. Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen hätten z.B. ergeben, dass sich im Laufe des Prozesses eine abgestufte Gremienstruktur mit vielfältigen Formen der Zusammenarbeit (z.B. Stadtteilkonferenzen, thematische Arbeitskreise, Runde Tische, Projektrunden, Bewohnervereine usw.) in einzelnen Stadtteilen entwickelt hat. Bei dieser Vernetzung habe das Quartiermanagement jeweils eine entscheidende Rolle hinsichtlich Organisation und Pflege der Kooperationsstrukturen gespielt.

Es wurde betont, dass eine erfolgreiche Anwendung der Instrumente und Methoden erheblich von den zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielräumen abhängt. In den Arbeitsgremien sollten wie für das Quartiermanagement generell Kompetenzen und Befugnisse vorhanden sein, Beschlüsse und Arbeitsergebnisse zeitnah in die Tat umzusetzen.

Als weiterer Themenaspekt wurde der Umgang mit Konflikten im Quartier angesprochen. Hierzu wurde die Meinung vertreten, Problemkonstellationen nicht aus dem Weg zu gehen, sondern Konflikte bewusst sichtbar zu machen, sie zuzuspitzen und produktiv zu machen. Dies könne einerseits zur kritischen Auseinandersetzung um die Entwicklung des Quartiers beitragen und steuere andererseits dazu bei, Hindernisse für das Quartiermanagement aus dem Weg zu räumen.

Fazit

Die große Anzahl der an der Arbeitsgruppe Teilnehmenden mit ihren unterschiedlichen Erfahrungshorizonten und inhaltlichen Erwartungen machte die Diskussion nicht immer einfach. Vereinzelt gestellte detailliertere Fragen zur Organisation eines Quartiermanagements (Finanzierung/Personal usw.) konnten in diesem Rahmen nicht eingehend diskutiert werden. Stattdessen reflektierte die Diskussion die grundsätzlichen Herangehensweisen an Quartiermanagement und speziell an die Organisation der Vernetzung der Vor-Ort-Akteure. Anschaulich wurde insbesondere, dass die Prozessverantwortung für die Quartiersentwicklung und die organisatorische Aufhängung des Quartiermanagements von enormer Bedeutung für das Engagement und die Vernetzung der Vor-Ort-Akteure sind.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe 1

Name

Vorname

Institution

Altenburger

Edda

Stadt Gera

Austermann

Klaus

ILS Dortmund

Bauer

Beate

IFU GmbH Sachsen

Brünner

Ursula

Stadt Frankfurt am Main

Eichler

Maike

DI Deutsche BauBeCon AG

Fabich

Matthias

Stadt Hannover

Frede

Jan

Stadt Lüneburg

Herrmann

Ute

S.T.E.R.N. GmbH

Jahnke

Kerstin

IRS

Kaufmann

Andreas

Stadt Leipzig

Kirchhefer

Lutz

Wüstenrot Städtebau

Koth

Birgit

Stadt Wismar

Litges

Gerhard

ISSAB

Lößner

Karin

Arbeit und Leben

Möller

Sina

Stadt Lu.-Wittenberg

Neumann

Ingo

Institut für ökologische Raumentwicklung

Noetzel

Roman

 

Schindler

Klaus

GRWS Rosenheim

Schmidt

Christoph

Stadt Fulda

Schmitz

Marion

 

Siemen

Ruth

Stadt Leipzig

Simon

Heribert

LAG Soz. Brennpunkte Nds. e.V.

von Woedtke

Frank

Stadt Ebersbach

Warncke-Seithe

Eberhard

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