soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

02.04.1998

Leitfaden zur Ausgestaltung der Gemeinschaftsinitiative
"Soziale Stadt"

Neue Fassung vom 01.03.2000
in Arbeitspapiere Band 3

Inhalt

1. Einführung

2. Kurzcharakteristik der von der Gemeinschaftsinitiative erfaßten "Stadtteile und Ortsteile mit Entwicklungspriorität". (STEP-Quartiere)

3. Ziele und Maßnahmen für die Entwicklung der Quartiere

   3.1. Bürgermitwirkung, Stadtteilleben
   3.2. Lokale Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung
   3.3. Quartierszentren
   3.4. Soziale, kulturelle, bildungs- und freitzeitbezogene Infrastruktur
   3.5. Wohnen
   3.6. Wohnumfeld und ökologie

4. Integrierte Förderung

5. Fachübergreifende Umsetzung des Programms in Städten und Gemeinden, Ländern und auf Bundesebene

   5.1. Handeln in den Städten und Gemeinden
   5.2. Handeln in den Ländern
   5.3. Handeln auf Bundesebene

6. DIFU-Expertise zur Vorbereitung von Modellvorhaben des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus

1.    Einführung

Die Ministerkonferenz der ARGEBAU hat am 29. November 1996 in Potsdam die Bund-Länder-Gemeinschaftsinitiative "Soziale Stadt" beschlossen, um der drohenden sozialen Polarisierung in den Städten Einhalt zu gebieten. Mit dieser Initiative ist ein nationales Aktionsprogramm ins Leben gerufen worden, das eine nachhaltige Entwicklung in Stadt- und Ortsteilen mit besonderen sozialen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Problemen sicherstellen soll. Die Ministerkonferenz hat Bund und Länder gebeten, den für diese Stadtteile und Gebiete erforderlichen komplexen Erneuerungsprozeß anhand von Beispielen im Rahmen des experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (EXWOST) zu fördern, zu untersuchen und zu evaluieren. Parallel zu diesen Untersuchungen soll die Gemeinschaftsinitiative inhaltlich ausgestaltet werden. Sie soll den Rahmen bilden für eine zwischen Bund und Ländern abgestimmte Strategie gegen die soziale Polarisierung in den Städten.

2.    Kurzcharakteristik der von der Gemeinschaftsinitiative erfaßten "Stadt- und Ortsteile mit Entwicklungspriorität"

Die Problemanalyse zur Polarisierung in den Städten ist bereits mit der Vorlage an die Ministerkonferenz im November 1996 erfolgt. Die Gemeinschaftsinitiative "Soziale Stadt" gilt Stadt- und Ortsteilen, die infolge sozialräumlicher Segregation davon bedroht sind, ins soziale Abseits abzurutschen. Es handelt sich dabei meist um hochverdichtete, einwohnerstarke Stadtteile in städtischen Räumen, die im Hinblick auf ihre Sozialstruktur, den baulichen Bestand, das Arbeitsplatzangebot, das Ausbildungsniveau, die Ausstattung mit sozialer und stadtteilkultureller Infrastruktur, sowie die Qualität der Wohnungen, des Wohnumfeldes und der Umwelt erhebliche Defizite aufweisen.

Hinzu kommen auch Gebiete in Gemeinden, die z. B. aufgrund ihrer peripheren Lage und - zum Teil hierdurch bedingt - durch ihre Einwohnerstruktur ganz ähnliche Defizite aufweisen. Das können Gebiete in stark benachteiligten Regionen oder ehemalige Wohnsiedlungen der abgezogenen Streitkräfte sein.

Im wesentlichen geht es dabei um zwei im folgenden kurz umrissene Gebietstypen:

a) Innerstädtische oder innenstadtnahe (oft gründerzeitliche) Quartiere in benachteiligten Regionen mit nicht modernisierter Bausubstanz und deutlich unterdurchschnittlicher Umweltqualität.

In den alten Bundesländern sind es meist Quartiere, in denen sich private Investoren seit langem nicht mehr engagieren und Stadterneuerungspozesse nicht in Gang gekommen sind. Ursachen für die Stagnation sind sehr schlechte, hoch verdichtete Bausubstanz, fehlende Grün- und Freiflächen, Immissionsbelastungen, Gewerbebrachen mit Altlasten, Beeinträchtigung durch Verkehrstrassen und -lärm, Mangel an Gemeinschaftseinrichtungen, Planungsunsicherheit und insgesamt fehlende Zukunftsperspektiven.

Wegen der mangelhaften Attraktivität und der ausbleibenden Entwicklungsimpulse haben ökonomisch aufstrebende, vor allem jüngere Familien diese Quartiere nach und nach verlassen. Haushalte mit sehr begrenzter ökonomischer Leistungsfähigkeit sowie geringem Integrationsvermögen sind nachgerückt. Die "Spirale nach unten" ist dadurch verstärkt worden, daß die zeitgleich verlaufende Aufwärtsentwicklung in anderen Stadtteilen zur Verdrängung der "Schlechterverdienenden" in die sozial benachteiligten Gebiete beigetragen hat.

Die geschilderte Segregation betrifft auch die Städte der neuen Bundesländer in wachsendem Maße. Da es auch dort innerstädtische Bereiche mit kumuliert auftretenden baulichen, ökologischen und funktionellen Mängeln gibt, ist tendenziell mit einer weiteren Verschärfung dieses Entwicklungsprozesses zu rechnen, wenn nicht rechtzeitig eine gegenläufige Strategie einsetzt.

Die hier beschriebene Situation in Städten der alten und neuen Bundesländer wird in unterschiedlicher Ausprägung zunehmend auch in Gebieten vorzufinden sein, die in Regionen liegen, die insbesondere durch ihre periphere Lage benachteiligt sind.

b) Große Wohnsiedlungen aus der Nachkriegszeit und Wohnsiedlungen der abgezogenen Streitkräfte mit wenig individueller Architektur, fehlender Nutzungsmischung und unzureichender sozialer Infrastruktur

Sowohl im Osten wie auch im Westen gibt es eine große Anzahl von Neubauquartieren, die wegen erheblicher funktioneller und gestalterischer Mängel eine soziale Abwertung erfahren haben oder abzugleiten drohen. Für die fehlende Attraktivität dieser Neubauquartiere gibt es ein Ursachenbündel:

Die Siedlungen liegen häufig am Stadtrand und sind nur unzureichend in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden. Die Planung hat zum Teil auf landschaftliche und ökologische Gegebenheiten zu wenig Rücksicht genommen. Viele Quartiere sind als "Schlafstädte" konzipiert. Es fehlt eine selbsttragende lokale Wirtschaft und es mangelt an Arbeitsplätzen im Nahbereich. Die Architektur ist häufig einfallslos, bei der gegebenen Höhe und Dichte der Bebauung vermisst man besonders die individuelle Ausprägung der Erdgeschoßzonen, Eingangsbereiche und Vorgärten. Die Qualität der öffentlichen Bauten und des öffentlichen Raums ist vernachlässigt worden. Austauschbare, erlebnisarme Wohnsituationen machen es den Bewohnern schwer, sich mit ihrem Quartier zu identifizieren. Die dringend notwendigen Verbesserungen durch Wohnumfeldmaßnahmen und soziale und wirtschaftliche Impulse sind noch viel zu wenig in Gang gekommen.

In Westdeutschland sind die Wohnungen in diesen Siedlungen zudem häufig nach einem einseitigen Vergabesystem belegt worden. Dies ist dort eine der Hauptursachen für die Konzentration einkommensschwacher Haushalte.

In den ostdeutschen Plattensiedlungen besteht das Risiko einer entsprechenden Segregation, wenn die Erneuerungsprozesse nicht schnell zu grundlegenden Qualitätsverbesserungen führen.

Während die dort in den 50er und 60er Jahren entstandenen Neubaugebiete aufgrund ihrer meist innerstädtischen Lage, der geringeren Dichte und der guten Wohnumfeldbedingungen (Durchgrünung, Infrastruktur) allenfalls unter dem Gesichtspunkt der überalterung der Bewohner stadtentwicklungspolitisch problematisch sind, weisen die Neubaustandorte der nachfolgenden Jahrzehnte oft vielfältige Probleme auf, die aus der ungünstigen Lage im Stadtgefüge und anderen der o.g. städtebaulichen Fehler herrühren. Hinzutreten in den ostdeutschen Siedlungen erhebliche bautypenbedingte Wohnungsmängel.

Hinzu gekommen sind durch den Abzug von Streitkräften aus vielen Standorten eine Vielzahl von Wohnsiedlungen in den Städten, die ehemals den Kasernen zugeordnet waren. Ihre oft isolierte Lage, monotone Anordnung und Unterversorgung lösen ähnliche Probleme aus wie die vorgenannten Wohngebiete.

Wegen der Komplexität der Defizite ist für die beschriebenen Gebietstypen - im Westen wie im Osten - eine besonders weitgreifende Stadtteilentwicklung mit der Zielsetzung geboten, einen nachhaltigen Aufschwung auf sozialem, wirtschaftlichem, städtebaulichem und ökologischem Sektor im Verbund zu bewirken. Diesem umfassenden Ansatz entsprechend sollen die betroffenen Stadtteile und Gebiete als "Stadt- und Ortsteile mit Entwicklungspriorität" (Kurzbezeichnung: STEP-Quartiere) bezeichnet werden.

3.    Ziele und Maßnahmen für die Entwicklung der Quartiere

Die Gemeinschaftsinitiative "Soziale Stadt" erhebt den Anspruch, Quartiersentwicklungsprozesse in Gang zu setzen, welche die sozialen Problemgebiete zu selbständig lebensfähigen Stadtteilen mit positiver Zukunftsperspektive machen sollen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, müssen die Länder mit Unterstützung des Bundes die Förderung für die STEP-Quartiere auf vielen Gebieten wirksam verstärken, um schnell die angestrebte Trendwende für die vom Abstieg bedrohten Stadtteile und Gebiete herbeizuführen.

Bevor auf die Ausgestaltung dieser Förderung einzugehen sein wird, sollen zunächst die wesentlichen konkreten Aufgaben erläutert werden, die zur erfolgreichen Quartiersentwicklung zu erfüllen sind.

3.1.    Bürgermitwirkung, Stadtteilleben

Ziele:

Von Beginn der Städtebauförderung an ist auf die Bürgerbeteiligung als grundlegende Voraussetzung für den erfolgreichen Ablauf der Stadterneuerung großer Wert gelegt worden. Die Bürgermitwirkung war aber nicht eigentliches Ziel der Quartiersentwicklung.

Im Falle der vom sozialen Abstieg bedrohten Stadtteile geht der Anspruch weiter. In diesen Quartieren ist die Mitwirkung der Bürger am politischen Leben oft völlig zum Erliegen gekommen. Die Bürger identifizieren sich nicht mehr mit dem Stadtteil, sie engagieren sich nicht mehr für die Gemeinschaft. Nachbarschaftsbezogene soziale Netze sind zerrissen.
Bei dieser Ausgangssituation wird es zum zentralen Anliegen der Stadtteilentwicklung, das eigenständige Stadtteilleben wieder aufzubauen, den sozialen Verbund wieder herzustellen, alle vorhandenen örtlichen Potentiale zu stärken und die Bewohner dafür zu motivieren, in Initiativen und Vereinen mitzuwirken und sich dauerhaft selbst zu organisieren. So soll erreicht werden, daß die Stadtteile schrittweise wieder als selbständige Gemeinwesen funktionieren.

Typische Maßnahmen:

3.2.    Lokale Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung

Ziele:

Da die Arbeitslosigkeit zu den zentralen Ursachen von Armut und Ausgrenzung gehört, haben die Bereitstellung und Vermittlung von Arbeitsplätzen und - übergangsweise auch - das Angebot von Beschäftigung im zweiten Arbeitsmarkt Schlüsselfunktionen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in sozial benachteiligten Gebieten. Ebenso wichtig ist es, die Arbeitsuchenden besser zu qualifizieren, um die Voraussetzungen für ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß zu schaffen.

Der Aufbau bzw. die Wiederherstellung einer lokalen Wirtschaft hat ausschlaggebende Bedeutung für die dauerhafte Stabilisierung der Quartiere. Dabei kommt es sehr darauf an, private Unternehmen zur Beteiligung an der Stadtteilentwicklung zu gewinnen. Dies gilt für unterschiedliche Formen der "Public Private Partnership" bis hin zu Projekten des "Social Sponsoring".

Auch in der herkömmlichen Städtebauförderung hat die Verbesserung der Gewerbestruktur schon einen hohen Stellenwert besessen. Zur überwindung der für die sozial benachteiligten Quartiere typischen Probleme sind jedoch weitergehende z. T. innovative Maßnahmen notwendig.

Typische Maßnahmen:

Beteiligte:

Wirtschaftsressorts, Sozialämter, Jugend- und Schulämter, Schulen, Arbeitsämter, ämter für Stadtentwicklung, Einrichtungen des zweiten Arbeitsmarktes, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, andere berufsständische Organisationen, Verbände und Gewerkschaften.

3.3.    Quartierszentren

Ziele:

Besondere Bedeutung für das Leben im Quartier und für die lokale Wirtschaft haben die Quartierszentren. Sie erfüllen nicht nur die Nahversorgungsfunktion, sondern fördern auch die Kommunikation, sind Treffpunkt und wirken bei gelungener baulicher Gestaltung identitätsstiftend für den ganzen Stadtteil. Ihre Qualität bestimmt im hohen Maße auch das stadtweite Ansehen des Quartiers. Der soziale und wirtschaftliche Niedergang von Quartieren wird oft am Verfall der Zentren besonders augenfällig.

Die Erneuerung der Quartierszentren rechnet daher zu den wichtigsten Voraus- setzungen zur Stabilisierung der Quartiere.

Typische Maßnahmen:

3.4.    Soziale, kulturelle, bildungs- und freizeitbezogene Infrastruktur

Ziel:

Die Ergänzung der sozialen Infrastruktur hat für den sozialen Ausgleich in problembelasteten Gebieten besondere Bedeutung. Der Bedarf an Gemeinschaftseinrichtungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ist dort besonders hoch, weil die Bewohnerinnen und Bewohner der Quartiere in Bezug auf Ausbildung, soziale Vernetzung, Arbeitsplätze, mit Beschäftigung ausgefüllte Zeit, Gesundheitsvorsorge, Kaufkraft und Mobilität gegenüber anderen im Nachteil sind.

Geeignete Räume mit der erforderlichen und personellen Betreuungt müssen daher vor allem bereit gestellt werden: für das kulturelle und gesellschaftliche Leben verschiedener ethnischer Gruppen im Quartier, zur Kommunikation unterschiedlicher Gruppen, zur Verbesserung der Beratungs- und Dienstleistungsangebote, zur Bereicherung der Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und zur Schaffung von Gelegenheiten, soziale Beziehungen aufzubauen und aus der Isolation heraus zu kommen. Investitionen in diesen Bereichen machen nur Sinn, wenn zugleich die Finanzierung der Folgekosten nachhaltig gesichert wird.

Typische Maßnahmen:
(Investition und Betrieb)

Für alle:
Bürgertreffpunkte, internationale Begegnungsstätten, Freizeithäuser, stadtteilkulturelle Projekte, Sporteinrichtungen, Gesundheitszentren, Aktionsprogramme insbesondere für Kinder und Jugendliche

Für Kinder:
Tagesheime, Spielwohnungen, Kinderbauernhöfe,

Für Jugendliche:
Flächen für Bewegung und Kommunikation, Angebote für offene Jugendarbeit, Treffpunkte, Jugendhäuser, Jugendcafés, Jugendwerkstätten, Räume für Aus- und Fortbildung, mobile Spiel- und Sportangebote,

Für Frauen und Mädchen:
Eigene Treffpunkte, Werk- und Schulungsräume,

Für ältere Menschen: Seniorentreffpunkte,

Beteiligte:
Viele Fachbehörden und ämter (Stadtentwicklung, Kultur, Jugend, Schule, Gesundheit, Soziales u.a.).

3.5.    Wohnen

Ziele:

Zu den traditionellen Aufgaben der Stadterneuerung rechnen Modernisierung, Instandsetzung und Neubau durch Innenentwicklung. Wichtiges Ziel ist seit jeher auch die Sicherung preiswerten Wohnraums und der Schutz vor Verdrängung.

In den sozial benachteiligten Stadtteilen stellt sich aber als besonders gravierendes Problem häufig die Einseitigkeit der Bewohnerstruktur dar. Durch Fehler bei der Konzeption von Wohnungsbauprogrammen für neue Siedlungen und bei der Vergabe- und Belegungspolitik hat sich vielerorts eine Konzentration einkommensschwacher und in Bezug auf Ausbildung und Arbeitsplätze benachteiligter Bewohner herausgebildet. In den Plattensiedlungen der neuen Bundesländer droht eine vergleichbare Entwicklung, wenn es nicht gelingt, die Attraktivität der Siedlungen nachhaltig zu verbessern.

Die Quartiersentwicklung in den Problemstadtteilen muß daher insgesamt auf die Steigerung der Wohnattraktivität ausgerichtet sein. Das Wohnungsangebot ist um fehlende Wohnungstypen - zum Beispiel im Eigentumssektor und für Wohngemeinschaften - zu ergänzen. Die Wohnungsbelegungspolitik muß Anreize schaffen, damit Bürger, die das soziale Gefüge im Quartier bereichern, zuziehen bzw. in den ostdeutschen Plattensiedlungen bleiben.

Typische Maßnahmen:

Beteiligte:
ämter für Stadtentwicklung, Planungsämter, Wohnungsämter, Wohnungsunternehmen.

3.6.    Wohnumfeld und ökologie

Ziele:

Die gebietsspezifische Aufwertung des Wohnumfeldes dient der Steigerung der Attraktivität und der Wohnzufriedenheit in den Quartieren. Ein gut gestaltetes Wohnumfeld ist die Voraussetzung für die Akzeptanz des Quartiers durch breite Bewohnerschichten.

In innerstädtischen Bereichen mit knapp bemessenen Freiflächen bedeutet die Aufwertung öffentlicher und halb öffentlicher Räume einen hohen Zugewinn an Wohn- und Freizeitwert für besonders viele Anwohnerinnen und Anwohner. In großen Siedlungen, denen es an freien Flächen nicht mangelt, bietet sich dagegen die Chance, monotones Abstandsgrün in Gärten, Spiel- und Aktionsflächen sowie Parkanlagen zu verwandeln. Die individuelle Gestaltung von Vorgärten und Eingangsbereichen führt häufig erstmals dazu, daß Bewohnerinnen und Bewohner sich mit ihrer Wohnsituation positiv identifizieren.

Zur Wohnumfeldverbesserung gehören auch die Reduzierung von Flächen für den Autoverkehr, wo dies möglich ist, die Ordnung des ruhenden Verkehrs, der Ausbau von Fuß- und Radwegen und die Entschärfung von Verkehrsgefahren. Zu den ökologischen Verbesserungen des Wohnumfeldes rechnen standortgerechte Bepflanzungen, Berankungen, Entsiegelungen, Sanierungen belasteter Böden, ökologisch ausgerichtete Entsorgungskonzepte und ein bewußter Umgang mit Regenwasser.

Typische Maßnahmen:

Beteiligte:
Planungsämter, Umweltämter, Gartenämter, Verkehrs- und Tiefbauämter, Stadtreinigung, Wohnungsunternehmen.

4.    Integrierte Förderung

Die Förderung in den QEP-Quartieren muß vor allem zwei Ansprüche erfüllen:

Zum einen ist der gebündelte und zielgenaue Einsatz aller verfügbaren Ressourcen und Programme erforderlich; hierfür sind optimale Organisationsformen zu entwickeln. Zum anderen ist ein Leitprogramm notwendig, das die Gesamtkoordination des Quartiersentwicklungsprozesses leistet.

(auf die notwendigen organisatorischen Verbesserungen auf kommunaler, Länder- und Bundesebene wird in dem folgenden Abschnitt 5 eingegangen).

Zur Umsetzung der Gemeinschaftsinitiative bedarf es der Bündelung aller für eine Verbesserung der STEP-Quartiere vorhandenen Ressourcen und Programme insbesondere in den Bereichen Soziales, Beschäftigung, Wirtschaft, Verkehr sowie bauliche und städtebauliche Erneuerung. Als Investitionsprogramm kommt der Städtebauförderung hierbei eine wichtige Bedeutung, die neben einem originären Aufgabenfeld auch eine bedeutende klammerfunktion für die Einbindung anderer Programme beinhaltet.

Darüber hinaus ist sie als Leitprogramm für die Gesamtkoordination hervorragend gerüstet; sie kann eine Steuerungs- und Scharnierfunktion für die gesamte Quartiers-Entwicklung übernehmen.

Ihre Merkmale sind der Gebietsbezug und die Förderung der Gesamtmaßnahme. Das Verfahren soll zügig ablaufen und ist in überschaubaren Zeiträumen abzuschließen. Weiter bietet sich an, über vorbereitende Untersuchungen, Bestandsanalysen, Entwicklungsziele und integrierte Handlungskonzepte mit Kosten- und Finanzierungsübersichten zu arbeiten. Bürgermitwirkung und begleitende Bürgerbeteiligung ist Erfolgsvoraussetzung. Die Einschaltung von Trägern, Stadtteilmanagern oder Entwicklungsgesellschaften zur Projektsteuerung ist in der Regel unerläßlich. Auch die im novellierten BauGB (§ 164 b, Satz 2, Ziffer 3) genannte neue Aufgabenstellung "Städtebauliche Maßnahmen zur Behebung sozialer Mißstände" unterstreicht die Eignung dieses Instrumentariums als Scharnier für den Einsatz und die Steuerung anderer Programme.

Die derzeit vom Bund jährlich für die Städtebauförderung bereitgestellten Mittel sind für die herkömmlichen Aufgaben der Sanierung und städtebaulichen Entwicklung bereits äußerst knapp bemessen. Es besteht kaum Spielraum, aus diesem Kontingent Fördermittel für diesen in den Vordergrund getretenen Aufgabenschwerpunkt abzuzweigen. Dabei ist die Finanzierungskontinuität mittelfristig abzusichern.

5.    Fachübergreifende Umsetzung des Programms in den Städten und Gemeinden, Ländern und auf Bundesebene

5.1.    Handeln in den Städten und Gemeinden

Es ist in erster Linie Sache der Städte und Gemeinden, das integrierte Förderprogramm umzusetzen. Da die Bündelung aller verfügbaren Programme und Ressourcen Erfolgsvoraussetzung für die zielgerichtete Stadtteilentwicklung ist, haben die Städte und Gemeinden die Aufgabe, die enge Kooperation der betroffenen Fachressorts organisatorisch sicherzustellen, die schnelles übergreifendes Handeln ermöglichen soll.

Die Städte und Gemeinden haben die Gebietsauswahl vorzunehmen. Als Voraussetzung dafür ist eine übergreifende Darstellung der beabsichtigten Entwicklung im gesamten Gemeindegebiet erforderlich. Diese Darstellung muß auf alle wesentlichen Lebensbereiche eingehen. Für die STEP-Quartiere ist nachzuweisen, daß sie hinsichtlich ihrer komplexen Defizite deutlich von den Durchschnittswerten abweichen.

Die integrierten Handlungskonzepte sollen eine offene Rahmenplanung beinhalten, die in erster Linie von den örtlichen Akteuren - den Bewohnern, den Gewerbetreibenden, den Grundeigentümern, den örtlichen Institutionen - während des Stadtteilentwicklungsprozesses mit möglichst viel Eigeninitiative auszufüllen ist. Die Kosten- und Finanzierungsübersichten müssen den notwendigen gebündelten Mitteleinsatz aus unterschiedlichen privaten und öffentichen Haushalten widerspiegeln.

Die Städte und Gemeinden haben die Aufgabe, - in der Regel durch externe Vergabe - ein leistungsfähiges Stadtteilmanagement sicherzustellen. Das ausgeweitete Zielspektrum, das relativ offene integrierte Handlungskonzept und die hohe Ansprüche an die Mitwirkung der örtlichen Akteure und der lokalen Wirtschaft erfordern besonders qualifizierte Träger, Gebietsmanager oder Entwicklungsgesellschaften zur Lenkung des Stadtentwicklungsprozesses vor Ort. Das Anforderungsprofil für die Trägerauswahl ist entsprechend fortzuentwickeln.

Neue Organisationsformen für die Trägerschaft erscheinen sinnvoll und sollen erprobt werden. Sie sollen auch im Rahmen des EXWOST-Verfahrens geprüft und bewertet werden.

Den Gemeinden obliegt es, eine umfassende Bürgermitwirkung sicherzustellen. Dabei ist während der Laufzeit der Sonderförderung auch daraufhin zuarbeiten, daß die in Gang gekommenen Beteiligungsprozesse im Quartier dauerhaft weiterwirken.

5.2.     Handeln auf Landesebene

In den Ländern sind organisatorische Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Programme aller betroffener Ressorts aufeinander abgestimmt mit Vorrang in Quartieren mit Entwicklungspriorität (STEP) eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die koordinierte Bereitstellung der Finanzierungsmittel. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit der Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe, die für eine Koordinierung aller staatlichen Aktivitäten einschließlich der Förderung und des abgestimmten Einsatzes staatlicher Mittel für "Stadtteile mit besonderem Erneueurngsbedarf" zu sorgen hat, gute Erfahrungen gemacht.

Das kommunale Quartiersmanagement benötigt zur Ingangsetzung von Beteiligungs- und Erneuerungsprozessen sowie für kurzfristig notwendig werdende Interventionen jedenfalls einen kleineren Verfügungsfonds, der anteilig von den Fachressorts gespeist wird. Die einzelnen Ressorts sollten hierzu einen festzulegenden untergeordneten Prozentsatz der ihnen zur Verfügung stehenden Fördermittel bereitstellen. Das Thema der Budgetierung von Mitteln sollte auch in den vorgesehenen EXWOST-Modellvorhaben untersucht werden.

5.3.     Handeln auf Bundesebene

Das BMBau ist auf Bundesebene federführend für die Städtebauförderung und wird daher auch für die neue Programmkomponente die Koordinationsstelle auf der Ebene des Bundes sein.

Als Voraussetzung für den Erfolg der Gemeinschaftsinitiative "Soziale Stadt" wird auch auf Bundesebene die fachübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern sein. Als besonders wichtig wird die Unterstützung des Wirtschaftsministeriums, des Sozialministeriums und der Bundesanstalt für Arbeit angesehen. Sie ist die Voraussetzung dafür, daß die Rahmenbedingungen für die stadtteilbezogene Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarktpolitik schnell und wirksam angepaßt werden. Der konkrete Bedarf für solche Anpassungen, wird sich aus der Stadtteilarbeit heraus - insbesondere auch aus den Erkenntnissen, die das EXWOST-Verfahren mit sich bringen wird, - ergeben. Diese Pilotvorhaben sollen auch dazu genutzt werden, Lösungsstrategien für den Konfliktfall zu entwickeln.

6.    DIFU-Expertise zur Vorbereitung von Modellvorhaben des experimentellen

Wohnungs- und Städtebaus

Um möglichst günstige Erfolgsvoraussetzungen für den neuen Aufgabenschwerpunkt der Städtebauförderung zu schaffen, plant das BMBau eine gründliche Auseinandersetzung mit der Diagnose und Therapie für die sozial benachteiligten Stadtteile im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (EXWOST). Das BMBau hat die Forschungsfragen gemeinsam mit dem DIFU aufbereitet.

BMBau und DIFU stimmen in der Einschätzung überein,

Zur Vorbereitung des EXWOST-Verfahrens und um eine breite Akzeptanz des integrativen Ansatzes zu gewährleisten hat das DIFU für das BMBau eine Expertise erarbeitet, die den positiven qualitativen und quantitativen Effekte dieses Ansatzes unter Nutzung schon bestehender Erfahrungen nachgegangen ist.

Dabei sind drei Vorhaben vergleichend zu untersucht worden:

Die Untersuchung ist auf die folgenden Quartiere bezogen worden.

Die Ende 1997 abgeschlossene Expertise soll im Rahmen eines Symposiums der Fachöffentlichkeit vorgestellt und im Expertenkreis diskutiert werden. Die Ergebnisse sollen im Rahmen von EXWOST-Modellvorhaben - beginnend 1998 - modellhaft erprobt werden. über den gesamten Untersuchungszeitraum wollen DIFU und BMBau enge Arbeitskontakte halten, um Fragen zu den Untersuchungsmethoden und zur Interpretation von Zwischenergebnissen sofort zu klären.

Die Forschungsergebnisse des EXWOST-Verfahrens sollen eine verläßliche Grundlage herstellen, um definitive Entscheidungen zur spezifischen Fortentwicklung der Städtebauförderung treffen zu können. Darüber hinaus werden aus der Evaluierung der Pilotprojekte wertvolle Vorschläge zur Verbesserung der Organisations- und Programmstrukturen auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene erwartet.

Soziale Stadt © 2000-2007 Deutsches Institut für Urbanistik
Im Auftrag des BMVBS vertreten durch das BBR. Zuletzt geändert am 14.04.2004