Bewohnerbeteiligung bei der Entwicklung von Integrierten Handlungskonzepten
Der Themenbogen in der AG war weit gespannt: Es ging um Erfolge und "Frust", Idealmodelle und Hemmnisse bei der Bewohnerbeteiligung und der Entwicklung von Integrierten Handlungskonzepten. Trotz unterschiedlichem Erfahrungsstand der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, differierenden Startbedingungen und Anforderungen von Seiten der Kommunen und Länder waren sich alle einig: Bewohnerbeteiligung ist elementarer Anspruch und zentrales Ziel der "Sozialen Stadt". Qualität und Erfolg Integrierter Handlungskonzepte müssen sich hieran messen lassen.
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Wie kann die Beteiligung der (benachteiligten) Bewohnerinnen und Bewohner an solchen Konzepten gelingen? Wie können damit selbsttragende Strukturen gefördert werden? Zunächst wurde es für wichtig erachtet, dass Chancen und Reichweite der Mitwirkung konkret abgesteckt, Entscheidungs- und Handlungsspielräume definiert sind. So gibt es Quartiere, in denen Integrierte Handlungskonzepte zur zügigen Sicherung von Fördermitteln zunächst ohne Bewohnerinnen und Bewohner erarbeitet, ("fördertechnischer Zugang"), Groß- und Schlüsselprojekte bereits im Vorfeld festgelegt werden. In diesen Fällen wird "Beteiligung" vor allem Information bedeuten, wird es auf gemeinsame Schritte der Aneignung ankommen. Andere beginnen die sozialräumliche Bestandsaufnahme (Schwächen, Stärken des Gebiets) gemeinsam mit der Bewohnerschaft, greifen deren Projektideen und Engagement von vornherein auf, erarbeiten auch (Teil-) Inhalte des Integrierten Handlungskonzepts gemeinsam.
Um keine falschen Erwartungen zu schüren, sondern konstruktive Prozesse starten zu können, sollte Klarheit zu folgenden Fragen bestehen: Worüber können Bewohnerinnen und Bewohner (noch) entscheiden, wobei mitwirken, selbst aktiv sein? Welche Aufgaben und Rechte haben sie? Wie lang- oder kurzfristig sind die Prozesse angelegt? Welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung? Wie ernst werden ihre Beiträge von Politik und Verwaltung genommen?
Themen und Projekte
Für Bürgerbeteiligung gibt es keine "richtigen" und "falschen" Themen. Erfahrungen zeigen, dass Beteiligung vor allem dann erfolgreich ist, wenn die Themen der Bewohnerinnen und Bewohner im Mittelpunkt stehen, wenn für sie deutlich ist: "da hab ich was davon". In Bremen wird dieser Grundsatz auch bei größeren Veranstaltungen befolgt: Bewohnerbeschwerden stehen auf Nummer eins der Tagesordnung. Aus allen Fördergebieten wird berichtet, dass die Vorschläge aus der Bewohnerschaft eher auf "kleine" und zügig zu realisierende Projekte zielen (Bänke, Vermittlung von Räumen, Pflanzungen, Eingangsbereiche, Hausaufgabenhilfen, Feste usw.) Sie gilt es ernst zu nehmen, zur Diskussion zu stellen, umzusetzen - auch wenn manch eine Maßnahme den Ansprüchen der Quartiersmanager nicht genügen mag ("Ansprüche nicht so hoch hängen!"). In der Fortschreibungsphase können diese Erfahrungen dann ausgewertet werden, sollte die Orientierung an Projekten abnehmen und eine "projekteunspezifische Beteiligung" an Bedeutung gewinnen.
Methoden und Instrumente
Es wurde von vielfältigen Beteiligungsmethoden berichtet, insbesondere in der ersten Phase werden sie als "Angebote" formuliert. Häufig wird die Erarbeitung Integrierter Handlungskonzepte mit Multiplikatoren gestartet (Schulen, Kirchen, Verbänden, Vereinen), werden Expertengespräche geführt, entstehen Arbeitskreise zu Themen oder Teilbereichen eines Stadtteils, wobei von Anfang an darauf geachtet werden sollte, wer im Quartier langfristig eine selbsttragende Funktion übernehmen kann. Deutlich schwieriger ist es, die Bewohnerinnen und Bewohner selbst in Bestandsaufnahme (Stärken, Schwächen) und Projektentwicklung einzubeziehen, niederschwellige Beteiligungsformen zu finden, die in jeder Hinsicht (inhaltlich, sprachlich) auch ihre Situation und Wünsche betreffen, bei denen ihre Themen im Mittelpunkt stehen und dafür Lösungen erarbeitet werden.
Dabei wurde unter anderem auf folgende Instrumente verwiesen:
- Aktivierende Befragung: hierbei werden offene Fragen gestellt mit dem Ziel, die Menschen zu aktivieren (Wie beurteilen Sie Ihr Wohngebiet, Haus? Was finden Sie gut, was weniger gut? Haben Sie Ideen, wie es hier besser werden könnte? Was könnten Sie selbst dazu tun?)
- "Aufsuchende Arbeit", Hausbesuche: Quartiersmanager gehen durch ein Haus, stellen sich jedem Haushalt vor, stellen persönlichen Kontakt her, informieren und laden die Bewohnerschaft zur Mitarbeit ein ("sehr zeitaufwendig")
- Planungszelle: hier finden sich in einer nach dem Zufallsverfahren ausgewählten Gruppe Bewohnerinnen und Bewohner für eine begrenzte Zeit zusammen und entwickeln mit Unterstützung von Fachleuten vorstrukturierte und lösbare Planungsaufgaben, die dann in Form eines Gutachtens ("Bürgergutachten") vorgelegt werden
- Zukunftswerkstatt: Hierbei bemühen sich Bewohnerinnen und Bewohner - auch bestimmte Zielgruppen wie Kinder, Jugendliche, Migranten usw. - um Zukunftsentwürfe und deren Realisierung. Es geht um Kritik, Bestandsaufnahme, Phantasien, Ideen und die Entwicklung von realisierbaren Lösungen.
Schwierigkeiten und Hemmnisse
Auch Schwierigkeiten und Hemmnisse betreffen unterschiedliche Ebenen, reichen von der "Förderlogik" über hohe Ansprüche und Zeitdruck vor Ort bis hin zur gesamtgesellschaftlich zu wenig verbreiteten "Mitwirkungs- und Kooperationskultur". So geben Förderprogramme inhaltlich wie zeitlich oft wenig Spielraum. Zwischen Projektidee und Realisierung liegen lange Zeiträume, sodass sich Enttäuschung und Frustration bei den Bewohnerinnen und Bewohnern einstellen. Zwar werden Aktionsfonds als notwendige Voraussetzung gesehen, um hier Abhilfe zu schaffen - doch nicht in allen Ländern sind sie auch tatsächlich vorgesehen. In der Anfangsphase stehen alle Akteure unter hohem zeitlichem Druck, die Gefahr der Addition (statt Integration) von Projekten ist groß. Das Ziel, selbsttragende Strukturen zu fördern, tritt wieder zugunsten der "Das machen wir für euch"-Mentalität zurück, Empowerment erscheint wieder als utopisches Ziel. Handlungskonzepte ändern sich laufend, es fehlen Freiräume, Politik und Verwaltung können Verantwortungen nicht abgeben, zielgruppenspezifische Beteiligungsformen (Migranten, Kinder und Jugendliche, Aussiedler, Alleinerziehende usw.) stoßen oft auf wenig Akzeptanz; für sie stehen meist nur unzureichende personelle oder räumliche Ressourcen bereit.
Visionen und Perspektiven
Dennoch werden insbesondere auf Basis längerer Erfahrungen mit Bewohnerbeteiligung bei Integrierten Handlungskonzepten - wie in Nordrhein-Westfalen - weiterreichende Ziele diskutiert und anvisiert. Beteiligung und Mitwirkung nicht nur in "Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf", sondern als Normalität und Standard, aktive und eigenverantwortliche Bewohnerinnen und Bewohner im gesamten städtischen Leben, partnerschaftliche Beziehungen zwischen Politik, Verwaltung und Bewohnerschaft sowie finanzielle Budgets für die unterschiedlichen Quartiere: so lauten Visionen und Perspektiven.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgruppe 1
Name |
Vorname |
Institution |
Ort |
Bagge |
Katja |
|
Köln |
Barloschky |
Joachim |
Amt für soziale Dienste, Abteilung Ost, Projektgruppe Tenever |
Bremen |
Bayam |
Ümit |
Stadtteilausschuß Kreuzberg e.V. |
Berlin |
Beer, Dr. |
Ingeborg |
Stadtforschung und Sozialplanung |
Berlin |
Beisel |
Petra |
Diakonisches Werk / Caritasverband, Stadtteilwerkstatt, Darmstadt-Kranichstein |
Darmstadt |
Bode |
Dagmar |
Universität Osnabrück |
Osnabrück |
Braun |
Sandra |
Caritasverband Offenbach, Außenstelle Seligenstadt |
Seligenstadt |
Christ |
Rainer |
SPD Stadtratsfaktion Mainz |
Mainz |
Echelmeyer |
Karen |
Stadtteilbüro Gladbeck - Butendorf |
Gladbeck |
Ewers-Kreuter |
Meike |
Stadtplanungsamt |
Saarbrücken |
Frese |
Albrecht |
Diakonie |
Mannheim |
Garbe |
Birgit |
Stadtverwaltung Gelsenkirchen, Fachbereich Gesundheit |
Gelsenkirchen |
Grimm |
Gaby |
Universität Essen ISSAB, Institut für stadtteilbezogenene soziale Arbeit und Beratung |
Essen |
Grunwald |
Natalie |
Uni Dortmund (Seminar Harzsch) |
Dortmund |
Günther |
Uwe |
Stadtteilbüro Gladbeck - Butendorf |
Gladbeck |
Harzsch |
Anja |
Uni Dortmund (Seminar Harzsch) |
Dortmund |
Hohn, Dr. |
Uta |
Universität Dortmund, Institut für Geographie |
Dortmund |
Holtmann |
Johanna |
QuartiersAgentur Marzahn NordWest |
Berlin |
Hoyer |
Sylvia |
|
Erfurt |
Kaufmann |
Andreas |
|
Leipzig |
Klimek |
Reinhard |
Stadt Herne, Planungsamt |
Herne |
Knorr |
Angelika |
Stadt Hagen, BÜrgerBÜro Altenhagen |
Hagen |
Köttig |
Dankfried |
STEG Stadtentwicklung Südwest, gemeinnützige GmbH |
Dresden |
Kurth |
Detlef |
Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung, Städtebau und Bauleitplanung |
Dortmund |
Lohwasser |
Björn |
Uni Dortmund (Seminar Harzsch) |
Dortmund |
Luckey, Prof. Dr. |
Karin |
Fachhochschule, Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven, Standort Emden |
Emden |
Maier, Prof. Dr. |
Konrad |
Evangelische Fachhochschule |
Freiburg |
Marquardt |
Klaus |
Stadt Herne, Amt für Informationsverarbeitung und Stadtforschung |
Herne |
Meister |
Frank |
Stadt Pforzheim, Jugenhilfeplanung |
Pforzheim |
Möhrke |
Stefan |
GBG Mannheimer, Wohnungsbaugesellschaft mbH |
Mannheim |
Neumahr |
Adolf |
|
Freiburg |
Pauly |
Sonja |
Stadtteilbüro Heuberg |
Eschwege |
Poweleit, Dr. |
J. |
AG SPAS e.V., Arbeitsgemeinschaft für Sozialpl. |
Berlin |
Reinfuss |
Norbert |
Stadt Augsburg, Stadtplanungsamt |
Augsburg |
Rochel |
Matthias |
Bürgerladen Hörsterfeld |
Essen |
Rohde |
Volker |
LAG Soziale Brennpunkte Niedersachsen e.V |
Hannover |
Schneider |
Sandra |
|
Hannover |
Schramm |
Gunter |
Büro PLANWERK, Stadtentwicklung, Stadtmarketing, V |
Nürnberg |
Wagner |
Alexander |
Délégation Intermininstérielle á la Ville |
St. Denis la Plaine |
Zeidler |
Bernd |
Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg |
Frankfurt (Oder) |
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