soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

Modellgebiet Flensburg-Neustadt


Frank Rolfes
Stadt Flensburg, FB Umwelt und Planen/Städtebauförderung


Ich möchte Ihnen darstellen, wie wir an das Stadterneuerungsprojekt Neustadt herangegangen sind, welche Methode wir gewählt haben, wie weit wir gekommen sind und vor welchen Problemen wir stehen.

Meine Kollegin, Frau Luig-Arlt, wird im Anschluss vertiefend auf das Quartiersmanagement eingehen.

Zunächst möchte ich mit wenigen Worten auf das Quartier eingehen (Abbildungen 1-7) Steckbrief Neustadt): Exemplarisch ist die enorme Vielschichtigkeit der Probleme. Im Frühjahr 1998 hatten wir nur eine vage Vorstellung über das Ausmaß der sozialen Probleme, wir sprachen ganz allgemein von dem Entstehen eines sozialen Brennpunkts. Die funktionalen und strukturellen Defizite waren dagegen deutlich zu sehen.

Abbildung 1: Übersichtsplan Stadt Flensburg mit Sanierungsgebiet Neustadt

Abbildung 2

Abbildung 3

Abbildung 4

Abbildung 5

Abbildung 6

Das damalige Amt für Stadtsanierung entwickelte ein Leitbild (Abbildungen 7-9) und es wurde spätestens hieran deutlich, dass eine Vielzahl von Verwaltungsdienststellen mit ihren jeweiligen sektoralen Handlungsfeldern betroffen sind.

Abbildung 7

Abbildung 8

Abbildung 9

Wir gründeten eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe, in der folgende Organisationseinheiten vertreten sind:

Hierdurch wollten wir sicherstellen, dass die folgenden Politik- und Handlungsfelder durch die originär zuständigen Fachabteilungen vertreten sind und ein gemeinsames Handlungskonzept entwickelt wird (Abbildung 10). Vor allem wollten und möchten wir die jeweiligen Haushaltsmittel bündeln und den Erneuerungsprozess koordinieren.

Anmerkung zum Handlungsfeld: Wirtschaftliche Entwicklung:

Dieser Bereich ist in der Verwaltung nicht direkt vertreten. Hier erfolgte eine enge Zusammenarbeit mit der IHK, der Handwerkskammer und der Regionalen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung.

Die Arbeitsgruppe tagt einmal monatlich unter der Federführung der Stadtsanierung und steuert den Gesamtprozess. Über die vorformulierten Ziele bestand (erstaunlicherweise) von Anfang an Konsens. Gemeinsam definierten wir einen Zeitplan (Abbildung 11) zum Projektverlauf. Wir beschlossen, vorbereitende Untersuchungen förmlich durchzuführen, zumal sich die Städtebauförderung als Leitprogramm zur Umsetzung integrierter Quartiersentwicklungsprozesse geradezu aufdrängt.

Die örtliche Kommunalpolitik das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden hat die Bestrebungen der Verwaltung in hervorragender Weise unterstützt und am gleichen Strang gezogen gleiches gilt im übrigen auch für die örtliche Presse.

Die Bestandsaufnahme zu den vorbereitenden Untersuchungen wurde nach sektoralen Handlungsfeldern gegliedert separat erarbeitet. Hier gibt es eine erwähnenswerte Besonderheit: Die Flensburger Sozialverwaltung sah sich nicht in der Lage, die notwendige Sozialraumanalyse in der vorgegebenen Zeit zu erarbeiten. Aus diesem Grunde hatten wir hierfür in Abstimmung mit dem Sozialdezernenten eine Fachkraft befristet eingestellt, die ihren Arbeitsplatz in der Stadtsanierung hatte. Sie hat die in den verschiedenen Fachverwaltungen vorliegenden statistischen Daten zusammengetragen und Experteninterviews geführt.

Abbildung 10

Abbildung 11

Die Analyse der zusammengetragenen Daten erfolgte wieder gemeinsam in der Arbeitsgruppe bzw. in interdisziplinär zusammengesetzten Kleingruppen. Für den seit Mai vergangenen Jahres vorliegenden Bericht zu den vorbereitenden Untersuchungen haben wir viel Anerkennung von externen Verwaltungsstellen einschließlich der Ministerien, von Planern und Sozialwissenschaftlern erhalten.

Aufbauend auf der Basis der Untersuchungsergebnisse haben drei Planerteams konkurrierend Lösungsvorschläge erarbeitet. Diese präsentierten sie auf einem Sanierungstreff vor ca. 150 interessierten Bürgern und Politikern. Das Auditorium hatte die Möglichkeit, per Metaplantechnik Anregungen und Bedenken zu allen Punkten vorzubringen. Am folgenden Wochenende fand eine Klausurtagung statt, an der neben den Planungsbüros Einwohnervertreterinnen, Vertreterinnen des Rates, des Ministeriums einschließlich der Ministerin, der Verwaltung mit Oberbürgermeister und seinem Vertreter, Vertreterinnen div. stadtteilbezogener Institutionen, Vermieterinnen, Mieterinnen, Sanierungsbeirat, Wirtschaftsförderung div. sozialer Einrichtungen und der Kirche teilnahmen. Insgesamt waren es ca. 40 Personen. Als externer Moderator wirkte Prof. Christian Farenholtz, der eine hervorragende Arbeit leistete.

Das auf der Klausurtagung definierte Grobstrukturkonzept wurde 10 Tage später den Betroffenen und den Vertreterinnen der Politik in einem erneuten Sanierungstreff von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Neustadt also sektoral gegliedert vorgestellt.

Das Echo war insgesamt positiv, bis auf weitergehende Erwartungen bei Verkehrsfragen. Hier treffen die Interessen der Betriebe und die der Bewohner besonders hart aufeinander. Das Konzept für den Förderantrag zur Aufnahme des Gebietes in das Bund-Länder-Sanierungsprogramm war gefunden. Die Ratsversammmlung fasste am 11. November 1999 den Beschluss zur förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebietes Flensburg-Neustadt.

Nach dem zweiten Sanierungstreff im September haben wir vier Arbeitskreise ins Leben gerufen, in denen interessierter Bürgerinnen zusammen mit Fachleuten zu den Themen:

Detailplanungen erarbeiten.

Ende letzten Jahres konnten wir unsere Quartiersbeauftragte, Frau Luig-Arlt, einstellen. Am 16. Februar 2000 wurde das Stadtteilbüro eröffnet, so dass eine ständige Präsenz verschiedener Ansprechpartner im Stadtteil gewährleistet ist. Bei der Eröffnung erklärte der Oberbürgermeister, dass die Einleitung des Gesundungsprozesses im Flensburger Norden neben dem Hochschulausbau und dem Bau der Innenstadt-Entlastungsstraße eines der drei wichtigsten Verwaltungsziele sei.

Uns ist es zur Zeit besonders wichtig, mit der Durchführung von konsensträchtigen Initial- und Schlüsselprojekten der Bevölkerung zu zeigen, dass nicht nur geredet wird, sondern dass tatsächlich etwas passiert. Hier setzen aber die Probleme ein:

Für die Umsetzung ist jetzt Liquidität erforderlich. Die übliche Vorgehensweise, Projekte in die mittelfristige Finanzplanung anzumelden, um dann in fünf Jahren Einzelmaßnahmen umzusetzen, wird dem Anspruch des Programms Soziale Stadt nicht gerecht.

Als besonders Glück erscheint es uns, dass wir im Flensburger Norden Mittel aus dem EU-Strukturfonds einsetzen können. Die vorläufigen Vergaberichtlinien erhielten wir am 10. Februar. Die Antragsfrist lief jedoch schon 10 Tage später, am 20. Februar aus, schnelle Bearbeitung war erforderlich, doch in der Kürze der Zeit nicht adäquat zu leisten.

Leider haben wir den Eindruck, dass die schleswig-holsteinischen Ministerien mit Ausnahme des Ministeriums für Frauen, Jugend, Wohnungs- und Städtebau die Existenz des Programms Soziale Stadt nicht kennen oder aber den Leitgedanken, die staatlichen Finanzhilfen verschiedener Fachbereiche ressortübergreifend zu koordinieren und in ihrem Einsatz aufeinander abzustimmen, ignorieren. Das ausgesprochen engagierte Frauen-, Jugend-, Wohnungs- und Städtebauministerium hat eine Ministerin der Grünen und an der Basis keimt der Verdacht, dass sich die Kommunikation im Kabinett zwischen den Koalitionspartnern noch verbessern ließe.

Weitere Probleme haben wir in der Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Jugend und Soziales. Überall ist guter Wille vorhanden. Dennoch gibt es viele Missverständnisse. Auch bei der Stadtverwaltung muss die Kommunikation noch intensiviert werden, die beiden Vertreterinnen des Fachbereichs Jugend und Soziales in der Arbeitsgruppe kennen oft nicht den genauen Sachstand zu Einzelprojekten in ihrem Fachbereich und viele der dort tätigen Sachbearbeiterinnen und -bearbeiter sind umgekehrt oft nicht ausreichend über die Arbeitsgruppeninhalte informiert.

Schließlich haben wir erhebliche Schwierigkeiten, das eigentliche Problemklientel in dem Stadtteil überhaupt zu erreichen. Dieses ist eine der wichtigsten Aufgaben der bevorstehenden Sanierung. Wichtig ist es, die Bewohner in verschiedenen ihnen vertrauten Bereichen anzusprechen, um sie überhaupt zu erreichen.

Wie kann eine legitimierte Bürgervertretung eingerichtet werden? Gemeinschaftliches Engagement ist nur gering ausgeprägt, wie auch die Wahlbeteiligungen zeigen: Bei der im Herbst letzten Jahres durchgeführten Oberbürgermeisterwahl lag die Wahlbeteiligung in zwei Wahlbezirken im Sanierungsgebiet bei 17,1 bzw. 15,2 % (Gesamtstadt 35 %). Bei der Landtagswahl war die Wahlbeteiligung mit etwa 40 % deutlich besser (städtischer Durchschnitt 63 %), extreme politische Gruppen spielten keine nennenswerte Rolle. Dennoch zeigt sich, dass es eine hohe Abstinenz an gemeinschaftlichem Engagement auf kommunaler Ebene bei den Bewohnern des Stadtteils gibt. Hier müssen die Aktivitäten unseres Quartiersmanagements einsetzen.

Soziale Stadt © 2000-2007 Deutsches Institut für Urbanistik
Im Auftrag des BMVBS vertreten durch das BBR. Zuletzt geändert am 14.04.2004