soziale stadt - bundestransferstelle

Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

Soziale Stadt im Leipziger Osten


Karsten Gerkens
Leiter des Amtes für Stadtsanierung und Wohnungsbauförderung, Leipzig


Die Umsetzung des Bund-Länder-Programms Soziale Stadt ist in Leipzig integraler Bestandteil der gesamtstädtischen Erneuerungsstrategie. Mit dieser reagiert die Stadt auf massive strukturelle Probleme, von denen sie wie andere ostdeutsche Kommunen trotz beachtlicher Erfolge bei der Sanierung ihrer wertvollen und imagebildenden Bausubstanz geprägt ist. Zentrale Herausforderung, mit der die Städte und Gemeinden in den neuen Bundesländern umgehen müssen, ist der massive Verlust von Bevölkerung auf Grund anhaltender ökonomischer Schwäche und im Zeitraffertempo verlaufender Suburbanisierung.

Leipzig hat seit der Wende 1989/90 fast 100 000 Einwohner verloren. Das führt in den weniger attraktiven Stadtteilen zu erheblichen Leerständen (teilweise über 40%) und sich dadurch beschleunigendem baulichen Verfall, zu inzwischen deutlich erkennbaren Tendenzen sozialer Segregation und zur Verschärfung der Probleme der lokalen Ökonomie. Strategische Ansätze der Stadt zum Umgang mit diesen Problemen sind das Gesamtprogramm Neue Gründerzeit mit einer Vielzahl von Programmbausteinen zur Aktivierung lokaler Potentiale für die Erneuerung der stadtbildprägenden Gründerzeitviertel, der Lebenslagenreport mit seinen Ansätzen zur Verknüpfung von Sozialpolitik mit anderen Politikfeldern, drei Pilotprojekte zu Quartiersmanagement sowie der Stadtentwicklungsplan Stadterneuerung, in dem nach umfassender, auf sowohl baulichen als auch sozialen Kriterien beruhender Analyse die räumlichen Schwerpunkte der Stadterneuerung dargestellt sind.

Die Kategorien des Stadtentwicklungsplans Stadterneuerung:

K - Konsolidierte Gebiete: "Selbstläufer" - Erneuerung aus eigener Kraft erscheint möglich - Unterstützung durch öffentliche Hand nachrangig.
E - Erhaltungsgebiete: Strukturen erscheinen zukunftsfähig, Erneuerung aus eigener Kraft aber nicht möglich.
E+ - Gebäudezeilen mit Erhaltungspriorität:Stadtstrukturell besonders bedeutsame Gebäu-dezeilen - Konzentration von Fördermitteln und Beratung erforderlich.
U - Umstrukturierungsgebiete:Strukturen erscheinen nicht mehr zukunftsfähig - keine wei-teren Investitionen in die Bestandserhaltung.
U+ - Umstrukturierungsgebiete mit Priorität:Strukturen erscheinen nicht mehr zukunftsfä-hig - städtebauliche Neuordnung auf Grund der Lage vordringlich.

Der Leipziger Osten unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Leipziger Stadtteilen, allerdings treten hier das zeigen die Analysen zum Stadtentwicklungsplan Stadterneuerung die oben umrissenen Strukturprobleme mit besonderer Deutlichkeit auf. Gleichzeitig bestehen aber im Gebiet mehrere vielversprechende Initiativen der Bevölkerung zur Verbesserung ihrer Situation. Dies hat zu der Entscheidung geführt, diesen Stadtteil zum Fördergebiet im Rahmen des Programms Soziale Stadt zu erklären.

Die Aufgabenstellung für den Leipziger Osten lautet Organisation eines Schrumpfungsprozesses. Wachstumsvorstellungen müssen aufgegeben werden. Es geht nicht um zusätzliche Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen, sondern um die möglichst intelligente Nutzung dessen, was vorhanden ist, um eine Konzentration auf die Kerne der Quartiere und darum, dem notwendigen Rückbau möglichst viele Chancen abzugewinnen und ihn sozialverträglich zu gestalten. Das ist weniger eine bauliche, aber in erheblichem Umfang eine Management-Aufgabe. Dies sollte sich in den Fördervorschriften widerspiegeln. Das Verhältnis zwischen investiven und nicht-investiven Maßnahmen müsste 20:80 und nicht wie in Sachsen angedacht 80:20 betragen. Bei einer so begriffenen Verwendung der Mittel erscheint die Ausstattung des Programms Soziale Stadt durchaus ausreichend. Es schafft die Voraussetzung für die Bündelung von Ressourcen und erst diese Bündelung bewirkt die gewünschten Effekte. Allerdings kann Bündelung nicht allein durch die lokale Ebene bewerkstelligt werden. Die Stadtteilmanagerin als eierlegende Wollmilchsau, die sich in allen Förderprogrammen gleichermaßen auskennt, wird sich nur selten finden lassen. Gefragt ist und es gibt ja dafür mittlerweile Ansätze Bündelung auch auf Landes- und die Bundesebene. Unterstützung könnten die Bemühungen um stärkere Bündelung erfahren, wenn bei der Beantragung von Mitteln die Mitzeichnung relevanter Dezernate und verwaltungsexterner Kooperationspartner vorgeschrieben wäre, wie dies bei der EU der Fall ist. Von besonderer Bedeutung ist gerade im Osten die Einbeziehung der Wirtschaftsförderung.

Zentrales Element zur Organisation des Stadtteilentwicklungsprozesses im Leipziger Osten wird das Forum Leipziger Osten sein. In ihm werden alle relevanten Akteursgruppen aus dem Stadtteil vertreten sein. Es wird dem Informationsaustausch und der Koordination von Aktivitäten dienen. Gleichzeitig werden hier Visionen, Ziele, Programme für den Stadtteil zu entwickeln sein. Bei der Ausgestaltung des Forums kann auf die Erfahrungen zurück gegriffen werden, die im Rahmen des Forums Leipzig-Grünau gesammelt wurden. Dieses ist Bestandteil des Planspiels Grünau, hat auf Grund massiver Unterstützung durch den Bund und den Freistaat Sachsen ein sehr hohes fachliches Niveau erreicht und wird im Rahmen von Urban 21 präsentiert werden.

Die Forumsveranstaltungen werden durch einen unabhängigen Moderator moderiert. Unterschiedliche Akteursgruppen aus dem Stadtteil sind durch unterschiedliche Bänke (mehrere Repräsentanten einer Akteursgruppe, z.B. mehrere Hauseigentümer) vertreten. Die Diskussion erfolgt in der Regel im Gespräch zwischen den Bänken. In bestimmten Phasen wird das Publikum die Veranstaltungen sind öffentlich in die Diskussion einbezogen. Im Rahmen des Forums werden Vereinbarungen getroffen. Die Akteursvertreter verpflichten sich zu deren Umsetzung im Rahmen ihrer Einflussbereiche bzw. begründen die Nicht-Umsetzbarkeit. Nach derzeitigem Diskussionsstand werden im Forum Leipziger Osten folgende Akteursgruppen vertreten sein: Bewohner (eventuell getrennt nach den Bänken Jugendliche, Erwachsene, Senioren), Gewerbetreibende, Hauseigentümer, Stadtverwaltung, Politik, Vertreter sozialer Einrichtungen. Inhaltliche Schwerpunkte des Forums Leipziger Osten werden zunächst die Entwicklung einer Strategie für den Stadtteil und das Controlling o.g. Einzelprojekte (Orientieren sich die Einzelprojekte an der Gesamtstrategie?) sein. Wichtige Impulse soll das Forum durch den Stadtteilmoderator erhalten, der im Gebiet einen Stadtteilladen unterhält und Bedürfnisse der Bevölkerung aufspürt. Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Forumssitzungen erfolgt durch ein externes Büro. Dieses dokumentiert die Diskussionsergebnisse mit Unterstützung weiterer Planer und Gutachter in einem auf Fortschreibung angelegten Stadtteilentwicklungskonzept, das sobald es einen entsprechenden Stand erreicht hat politisch beschlossen wird.

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Im Auftrag des BMVBS vertreten durch das BBR. Zuletzt geändert am 14.04.2004