Siegfried Staud
Senatsverwaltung für Bau und Umwelt, Bremen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sperrfrist: Redebeginn!
Meine Damen und Herren, wir sind gebeten worden über das Bremer Soziale Stadt-Gebiet Gröpelingen zu berichten.
Frau Lücking von der Bremischen Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau vertritt hier den Sanierungsträger, während wir es Frau Lürssen aus dem Sozialressort verdanken, dass die Zusammenarbeit der Akteure in dem komplexen und schwierigen Quartier so erfolgreich verläuft. Ich vertrete das Bauressort.
Als 1983 die Bremer Traditionswerft AG Weser Land unter meldete und in Konkurs ging, klang es wie Pfeifen im Dunkeln, wenn Planer sich gegenseitig versicherten, dass in den zurückliegenden Jahren nur noch wenige Bewohner des Stadtteils Gröpelingen auf der Werft gearbeitet hätten. Die Schiffsbauer der AG seien in den letzten Jahren meist aus dem Umland oder anderen Bremer Stadtvierteln gekommen. Dahinter steckte die (berechtigte) Furcht, dass der Stadtteil durch den Konkurs in Mitleidenschaft gezogen würde. Rückblickend kann man sagen: Damals standen wir am Abgrund, kurze Zeit später waren wir einen Schritt weiter.
Wir wissen, wie ausgesprochen stabil häufig trotz deutlicher, nachhaltiger und positiver Veränderungen das schlechte Image eines städtischen Bereiches ist. Wie hochempfindlich und wie leicht funktionieren dagegen die Wechselwirkungen zwischen den ökonomischen und sozialen Verhältnissen und der Gesamtstruktur eines Wohngebietes(1).
Gröpelingen ist ausgesprochen atypisch für das Bremer Programm Soziale Stadt. Die wichtigsten Unterschiede zu den anderen Projektgebieten:
Der Gedanke Ressourcen in der Stadterneuerung/Stadtreparatur primär im Verbund und kooperativ einzusetzen ist offensichtlich nicht lediglich eine Folge der knappen öffentlichen Haushaltsmittel. Wesentlicher ist die wachsende Bedeutung einer übergeordneten, kausalen Problemlösungssicht, die andere und sich gegenseitig ergänzende Maßnahmen in den Mittelpunkt rückt. Kurz:
Bestimmte Aufgaben sind heute innerhalb festgelegter, starrer Ressortzuständigkeiten nicht mehr sinnvoll zu lösen.
Es ist nicht nur in Bremen in den zurückliegenden Jahren deutlich geworden, dass innerstädtische, räumlich abgrenzbare Bereiche krisenhaften Entwicklungen unterliegen. Sie sind abgekoppelt von der allgemeinen Situation der Stadt. Ihre Entwicklungen können weder durch ordnende Eingriffe der traditionellen Stadtplanung/Stadterneuerung, noch durch die überwiegend auf Einzelfallhilfe bzw. soziale Gruppenarbeit ausgerichteten Interventionen der Sozialadministration abgefangen, abgefedert oder auch nur gemildert werden.
Schon im Laufe der vorhergegangenen Jahre hatten in Bremen bei der Durchführung des Nachbesserungsprogramms die einzelnen statistischen Größen abnehmend an Ursächlichkeit zu Gunsten einer Gesamtbetrachtung verloren. In der Folge wurden z.B. die im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchungen (§§ 140/141 BauGB) erstellten Maßnahmenkataloge unter Mitwirkung der Bewohner prozesshaft den Entwicklungen angepasst und dabei auch andere, weiterreichende Ziele in die Planung und Umsetzung einbezogen.
An dem Bremer Programm Wohnen in Nachbarschaften (WiN)/Soziale Stadt sind sechs Ressorts beteiligt:
Gegenüber der Sanierung nach dem Baugesetzbuch (§§ 136 ff, Behebung von städtebaulichen Missständen) weist das Programm Wohnen in Nachbarschaften/Soziale Stadt mit sechs definierten Handlungsfeldern eine beachtliche Erweiterung auf:
Wesentlich ist darüber hinaus z.B. das unmittelbare Ansetzen an jeweils örtlichen Strukturen mit dem Vorrang der Bewohnerbeteiligung.
Kritisch muss allerdings angemerkt werden, dass durch die Erweiterung von zwei auf sechs Ressorts unter der Hand ein hinderlicher Bürokratismus entstanden ist. Wir arbeiten daran, dieses Handicap unter strikter Berücksichtigung der Landeshaushaltsordnung zu beseitigen. Kein einfacher Weg.
(1) Vergleiche dazu: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie: H. Häußermann u.a.: Sozialorientierte Stadtentwicklung, Berlin 1989, Seite 16.