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Bund-Länder-Programm "Stadtteile mit
besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt"

Integrative Stadtteilentwicklung - Internationale Erfahrungen und Netzwerke

Seit den 1990er Jahren werden in zahlreichen europäischen Ländern Programme zur integrativen Entwicklung von Stadtteilen mit komplexen Problemlagen durchgeführt. Dabei lassen sich viele Ansätze und Einzelaspekte auf den Ebenen staatlicher Institutionen, Kommunen, Gebieten oder Einzelprojekten mit der Umsetzung des deutschen Bund-Länder-Programms "Soziale Stadt" vergleichen.

Dänemark
Mit dem 1996 initiierten dänischen Programm für integrative Stadterneuerung Kvarterlöft werden Projekte in zwölf Quartieren in acht Städten gefördert, davon sieben in der Kopenhagener Metropolregion. Allgemeines Ziel des bis 2007 laufenden Programms ist es, Stadterneuerung und die Verbesserung der sozialen Lage in den betreffenden Quartieren miteinander zu verknüpfen, um dadurch an den Entwicklungsstand anderer Teile der jeweiligen Stadt aufzuschließen. Im Vordergrund stehen dabei Partizipation und ein integrativer Ansatz (vgl. Jacob Norvig Larsen, Kvarterlöft - Partizipative Stadterneuerung in Dänemark 1997 bis 2007; in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Soziale Stadt info Nr. 14 (2003), S. 3-4).

England
Das Programm "New Deal for Communities" (NDC) wurde im Herbst 1998 mit einer zehnjährigen Laufzeit gestartet und gilt als wichtiges Experimentierfeld für eine Vielzahl von Ideen und politischen Initiativen zur Unterstützung von Stadterneuerungsprozessen in England. Es wird in 39 benachteiligten Quartieren ("neighbourhoods") in ganz England mit einer Gesamtfördersumme von rund 2 Milliarden englischen Pfund umgesetzt. Im Vordergrund des Programms stehen Partnerschaften zwischen Kommunen, Dienstleistern und anderen Organisationen, die sich der Probleme auf der lokalen Ebene eingehend und koordiniert annehmen. Verantwortlich für die Programmumsetzung ist die dem Büro des Stellvertretenden Premierministers unterstehende "Neighbourhood Renewal Unit".

Im Rahmen des "New Deal for Communities" programme sind eine Reihe unterschiedlicher Organisationsstrukturen aufgebaut und spezifische Teilprogramme (beispielsweise zum Thema Quartiermanagement) entwickelt und durchgeführt worden.

Frankreich
Der französische Ansatz integrierter Stadtteilentwicklung, die "Politique de la ville", ist bereits Ende der 1970er Jahre unter dem Namen "Habitat et vie sociale - HVS" im Zuge der Umstrukturierung der Stadtpolitik in Frankreich begründet worden: die bisherige Konzentration auf die Urbanisierung städtischer Randgebiete (Bau von Hochhaussiedlungen) sowie den Abriss alter, heruntergekommener Stadtteile (Stadterneuerung) wich einem Konzept mit den Schwerpunkten Schutz des historischen Erbes, Sanierung alter Stadtbezirke und Modernisierung verwahrloster Hochhaussiedlungen, in denen sich zunehmend benachteiligte Gruppen (vor allem Migranten und/oder einkommensschwache Haushalte) konzentrieren. Eines der mehr oder weniger expliziten Ziele der "Politique de la ville" ist eine umfassende Partizipation von Bewohnerinnen und Bewohnern, wofür entsprechende Organisationsstrukturen aufgebaut worden sind. Gegenwärtig beteiligen sich an der XII. Runde der Städteverträge ("contrats de ville") 247 Metropolregionen mit insgesamt rund 1 500 Nachbarschaften (Laufzeit 2000-2006).

(vgl. Claude Jaquier, Bürgerbeteiligung und "Politique de la ville" in Frankreich; in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Soziale Stadt info Nr. 14 (2003), S. 3-4).

Italien
In Italien gibt es anstelle eines übergeordnetenen Ansatzes eher eine Konstellation verschiedener Einzelinitiativen unterschiedlicher öffentlicher Institutionen, von denen sowohl generelle Verfahrensinnovationen als auch spezifische Programmansätze ausgehen. Im Zusammenhang mit verschiedenen Akteuren und Aktionen in den Bereichen wie beispielsweise Umwelt, Bekämpfung sozialer Ausgrenzung, Ausbildung haben verschiedene Träger eine entscheidende Rolle dabei gespielt, das allgemeine Interesse an integrativen multidimensional und übersektoralen Handlungsformen der Stadt(teil) entwicklung zu stärken.

Die Idee integrativer Programme zur Stadterneuerung ist zunächst von der Verwaltung des "Cer" (Housing Committee), später von der Direzione generale del Coordinamento Territoriale (Territorial Coordination Department of the Ministry of Public Works) umgesetzt worden. Seit 1992 sind sechs aufeinanderfolgende Programme implementiert worden:

Diese Programme dienen Stadtverwaltungen als neues Instrument der Stadterneuerung in Gebieten mit Verfallserscheinungen und sozialen Problemen. Dabei werden drei innovative Elemente betont: die Förderung neuer Partnerschaften bei der Programmentwicklung und -umsetzung, die Integration von Maßnahmen und Projekten aus den Bereichen Städtebau, Infrastruktur und öffentlicher Raum sowie die Beteiligung aller relevanten Akteure an der Programmumsetzung.

(vgl. Enzo Mingione et al., National and City Contexts, Urban Development Programmes and Neighbourhood Selections. The Italian Background Report, UGIS Working Paper, 2001, S. 9f.).

Niederlande
Im Jahr 1997 wurde das niederländische Programm "Großstadtpolitik" (GSB, Grotestedenbeleid; "Revitalising Policy for Major Cities") aufgelegt, was den Beginn einer integrierten Vorgehensweise bei Stadt(teil)entwicklung und -umstrukturierung markierte. Ziel ist es, in den Städten neue soziale, baulich-städtebauliche und ökonomische Impulse zu setzen. Zur Unterstützung bei der Programmumsetzung wurden verschiedenene Institutionen ins Leben gerufen (KCGS für den Gesamtansatz, X-S2 für den sozialen Bereich), deren Aufgabe in erster Linie Beratung und Know-How-Vermittlung ist.

Zur Förderung der städtebaulichen Seite im Revitalisierungsprozess wurde im Januar 2000 ein neuer Ansatz der Stadterneuerungspolitik beschlossen Wsv ("Wonen, stedelijke vernieuwing & Vinex"; Wohnen, Stadterneuerung und Stadterweiterung), mit dem der Dringlichkeit der Restrukturierung von Innenstadtgebieten, ehemaligen Industrie-/Hafenflächen sowie (Groß-)Siedlungen der Nachkriegszeit Rechnung getragen wird. Im Rahmen dieses Förderansatzes können Großstädte finanzielle Unterstützung aus dem ISV (Investeringsbudget Stedelijke Vernieuwing, "Investment budget for Urban Renewal") für die Stadterneuerung erhalten. Eine Langzeitförderung aus dem "Long term Development Programme" erhalten die so genannten "G4" (die vier größten niederländischen Städte Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht) sowie die "G26" (mittelgroße Städte) für die Revitalisierung ihrer Zentrenbereiche. Eine erste Förderperiode (GSB) lief bis 1998, gefolgt von "GSB II" von 1999 bis 2004 sowie - in Vorbereitung - "GSB III" von 2005 bis 2009.

Schweden
Im Jahr 1998 beschloss die schwedische Regierung einen Stadtentwicklungsplan für die drei Großstadtbereiche Schwedens - Stockholm, Göteborg und Malmö. Ziel sind die Förderung der Stadtentwicklung, der Abbau der wachsenden sozialen Unterschiede sowie die Bekämpfung der mit sozialer Polarisierung zusammenhängenden Probleme. Geplant war eine langfristige Maßnahme; eine erste Entwicklungsphase mit staatlicher Förderung dauerte zunächst von 1999 bis 2003. Das Programm war für 24 Stadtbezirke in sieben Gemeinden der Großstadtbereiche konzipiert und wird hauptsächlich auf Stadtbezirksebene umgesetzt. In Stockholm sind fünf Außenbezirke daran beteiligt, die sich mit der "Peripherie-Initiative" überschneiden, die bereits im Jahr 1995 vom Stockholmer Stadtrat beschlossen worden war (Verbesserung der Lebensbedingungen in 13 Stadtbezirken, die im Hinblick auf ihre soziale, ökonomische und physisch-materielle Entwicklung hinter dem gesamtstädtischen Maßstab zurückgeblieben sind). Die Initiative wird mindestens bis 2006 laufen.

(vgl. Karin Eriksson-Bech, Aktivierung und Beteiligung in Schweden; in: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Soziale Stadt info Nr. 14 (2003), S. 16-18).

(Internationale) Netzwerke und Wissenschaftsaustausch
Netzwerkbildung sowie Wissens- und Erfahrungsaustausch sind Bestandteile EU-finanzierter Programme zur Förderung integrativer Ansätze der Stadt(teil)entwicklung, von denen URBAN II gegenwärtig das größte ist. Entsprechend findet sich eine Vielzahl internationaler Netzwerke sowohl auf der eher praxisorientierten Ebene als auch im reinen Wissenschaftsbereich (Programmbegleitung, Evaluation). Darüber hinaus befördern Organisationen wie die European Urban Research Association (EURA) den internationalen Erfahrungsaustausch zu aktuellen Themen der Stadtforschung wie beispielsweise "area based initiatives". Einige Netzwerke und Plattformen zu Informations- und Erfahrungsaustausch bestehen nur für die Zeit einer Programmumsetzung; Ergebnisberichte sind allerdings weit länger im Internet abrufbar und haben ihre Aktualität meist nicht verloren (Beispiel UGIS).

Europäische Union

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