Kassel insgesamt: | 194 500 |
Stadtteil Oberzwehren: | 12 563 |
Fördergebiet: | ca. 9 500 |
Im Stadtteil Kassel-Oberzwehren liegen die vom Charakter her unterschiedlichen Siedlungen Mattenberg und Brückenhof. Typische Merkmale der überforderten Nachbarschaften kennzeichnen das Fördergebiet. Zum Mitmachen am Runden Tisch Oberzwehren waren, sind alle aufgerufen.
Der Stadtteil Oberzwehren liegt im südwestlichen Teil Kassels und wurde 1936 nach Kassel eingemeindet. Der alte Ortskern mit seinem ehemals ländlichen Ortscharakter war für die Entwicklung des Stadtteils nicht prägend. Die Unterbringung von vielen Menschen, die hier leben und auch im Nahbereich vorwiegend im sekundären Sektor arbeiten sollten, hat im Vergleich zur alten Ortslage vor allem im Brückenhof eine befremdliche Maßstäblichkeit gefunden.
Bereits ab 1937 wurde mit der Besiedlung des Mattenbergs begonnen (Wohnungen für Arbeiter der Flugmotorenwerke Henschel, danach ein Barackenlager für Zwangsarbeiter und nach 1949 für Obdachlose geschaffen, das 1968 aufgelöst wurde). Am Mattenberg findet sich überwiegend einfach ausgestatteter Geschoßwohnungsbau. Niedrige Mieten für geringen Wohnstandard: (Kohle-) Ofenheizung, ohne separates WC, ohne Wärmeschutzverglasung, schmale Erschließungsstraßen mit nur wenigen Garagen und ohne separate Stellplätze. Die Wohnungsbaugesellschaften haben begonnen, die Wohnungen Zug um Zug zu modernisieren und heutigen Wohnstandards unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten sowie der Bewohnerinteressen anzupassen.
Die Siedlung Brückenhof entstand in den späten 60iger bis Mitte der 70iger Jahre in Betonplattenbauweise als neuer Stadtteil. Mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus sind in den vier- bis dreizehngeschossigen Gebäuden 1.839 Wohnungen, 539 Garagen und ca. 2.000 Parkplätze sowie ein Ladenzentrum entstanden.
Trotz differenzierter sozialer Infrastruktur ist zu Recht von überforderten Nachbarschaften zu sprechen: Arbeitslosigkeit, Haushalte, die auf Transferleistungen angewiesen sind, eine hohe Konzentration von Spätaussiedlern, von Einwohnern ausländischer Herkunft, von Flüchtlingen z.B. aus Eritrea, Schulklassen, mit vielen Kindern, die nicht fließend deutsch sprechen bzw. verstehen können, Verwahrlosungserscheinungen, eine große Zahl junger Menschen, häufig ohne Heimatgefühl, eine hohe Jugenddelinquenzquote, hoher Wohnungsleerstand im Zusammenhang mit dem Auszug von Familien/Haushalten höherem/sicheren Familieneinkommen sind als Indikatoren zu benennen. Die Attraktivität dieses Siedlungsbereichs hat nachhaltig gelitten.
Die Stabilisierung der Bewohnerschaft soll erreicht, insbesondere der Fortzug von deutschen Familien und Haushalten, die über ein geregeltes Erwerbseinkommen verfügen, soll gestoppt werden.
Koordiniert am Runden Tisch soll der in Gang gekommene kommunikationsintensive Prozeß der Erneuerung fortgesetzt und zum Stadtteilmanagement weiterenwickelt werden. Inititialzündungen durch Modernisierungsvorhaben der Wohnungsbaugesellschaften, Projekte der Stadterneuerung, Förderung der Jugendarbeit in den Vereinen, speziell den Sportvereinen, mehr Ansprechpartner, Beratung anstelle von Bevormundung sind Bestandteil der sich wandelnden Palette im aktiv gestaltenden Prozeß der Stadtteilentwicklung.
Die Einrichtung eines Stadtteilbüros in der Brückenhofsiedlung soll die Beteiligung und vor allem Mitwirkung von Betroffenen sichern. Die öffentlichen, privaten wie gemeinnützigen Akteure und Institutionen sollen enger vernetzt, soziale, städtebauliche, ökologische und ökonomische Kompetenzen zusammengeführt werden. Es gilt jedoch, diesen Prozeß mit langem Atem fortzusetzen, um eine dauerhaft wirksame Wende zu erreichen.
Der Erneuerungsprozeß soll dazu beitragen, Gewaltbereitschaft gegen Sachen wie Menschen zu verringern, Ängste gegen Mitbewohner aus fremden Ländern und Kulturen abzubauen, kulturelle Eigenständigkeit anzuerkennen, das Interesse der Bewohner zu wecken, ihren Stadtteil mitzugestalten, Bindungen aufzubauen, sich im Stadtteil wohl zu fühlen und auch, daß eigenständig mehr Chancen am Arbeitsmarkt gesucht und entdeckt werden.
Auf der Grundlage des Bausteinkonzepts und einem prozeßorientierten Stadtteilmanagement, das darauf abzielen soll, die Akteure vor Ort zu unterstützen, nicht zu ersetzen, die Eigenverantwortung der Bewohner zu fördern, vertrauensbildende Maßnahmen durchzuführen - es geschieht etwas, es lohnt sich mitzumachen, die Mühen sind nicht vergeblich - soll eine nachhaltige Attraktivierung der Siedlungen erreicht werden.
Am Runden Tisch Oberzwehren wurden vielfältige Initiativen entwickelt. Mit der Aufnahme in das Programm konnte der Handlungsrahmen erweitert werden. Ein entscheidender Schritt.
Für die Siedlung Mattenberg kann jetzt das ungelöste Problem des ruhenden Verkehrs, der unbefriedigenden Nutzbarkeit und Zugänglichkeit von Freiräumen, der Verkehrssicherheit systematisch angegangen werden. Die bislang eher zurückhaltende Teilnahme von Bewohnern der Mattenbergsiedlung am Runden Tisch hat zu einem Arbeitskreis Mattenberg der Bewohner geführt. Planungen und Maßnahmen können in stärkerem Maße in partnerschaftlicher Zusammenarbeit entwickelt werden. Vielleicht gelingt es, eigene Projekte (z.B. Bau eines Grillplatzes, Gestaltung von Vorgärten) der Bewohner zu initiieren und sie bei der Durchführung zu unterstützen. Die Planungsbeauftragung steht kurz bevor.
Die Brückenhofsiedlung verlangt eine ganz andere Betrachtung. Die Diskussion um Stadtumbau und ganzheitliche Erneuerung wurde intensiv, wenn auch in kleinem Rahmen, geführt. Eine moderierte Expertenrunde hat folgende Übereinkünfte erzielt: die Brückenhofsiedlung soll ganzheitlich erneuert werden. Die Orientierung in der Siedlung soll erleichtert, Offenheit und Sicherheit signalisieret, eine positive Identifikation ermöglicht werden. Hauseingänge, Verbindungswege, Hauszuwegungen sollen freundlicher gestaltet, Concierge-Lösungen, ein Stadtteilbüro, Fahrradabstellräume u.a.m. eingerichtet werden. Fassadengestaltung auf der Grundlage eines Farbkonzepts soll das Erscheinungsbild zusätzlich verändern.
Das Spiel- und Aufenthaltsangebot für Kinder, ja für alt und jung, soll grundlegend verbessert werden. Vorhandene Spielplätze wurden zum Teil schon erneuert. Weitere Projekte stehen an, auch die Erweiterung des Spielhauses auf dem Spielplatz Dönchebach.
Das Programm Soziale Stadt Kassel-Oberzwehren ist noch in der Anfangsphase, erste Grundlagen für eine erfolgreiche Ausgestaltung des partizipativen Erneuerungsprozesses sind erarbeitet, Kommunikations- und Kooperationsnetze sind aufgebaut und werden weiterentwickelt.
Herr Carl Flore |
Herr Rainer Lang |